VfR Neumünster beendet schwierige Saison mit Oberliga-Aufstieg

von Helwig Pfalzgraf

Riesenjubel beim VfR Neumünster. © 2023 Olaf Wegerich


Glückwunsch an den VfR Neumünster! Über einen großen Umweg hat der traditionsreiche Verein als Tabellenzweiter der Landesliga Mitte am Ende einer Spielzeit like Hollywood-Buster den Einstieg in die höchste Landesklasse geschafft.

Durch den Aufstieg des FC Kilia war aus der vorsorglich angesetzten Oberliga-Aufstiegsrunde der drei Landesliga-Zweiten plötzlich eine reale Aufstiegsrunde geworden.

Alle drei Teams im Rennen

Alle drei beteiligten Teams waren vor diesem letzten Spiel noch im Rennen. So war auch diese Partie mit 511 zahlenden Zuschauern sehr gut besucht. Das Spiel begann deshalb auch mit einigen Minuten Verzögerung, weil der Zuschauerandrang noch anhielt. Der TuS Rotenhof war ebenfalls in Mannschaftsstärke vor Ort, er hoffte auf einen klaren, aber nicht zu hohen Erfolg der Turnerschaft.

“5:0”

Die Kaltenkirchener TS brauchte selbst einen deutlichen Sieg und glaubte auch noch daran. Dies versinnbildliche benötigte “5:0”, das bis kurz vor Spielbeginn auf der Anzeigetafel im Marschweg-Stadion zu lesen war. Dem VfR Neumünster dagegen reichte ein Remis bzw. eine knappe Niederlage mit einem Tor aus, sofern ein eigener Treffer erzielt wird.

Kaltenkirchen überlegen

Nach kurzer Abtastphase übernahm dann auf dem Platz schnell die Sixt-Elf das Kommando. Der VfR geriet unter Druck, weil die TS deutlich zweikampfstärker und lauffreudiger war. Fast alle zweiten Bälle holte sich die Heimelf. Da der Gast, bei dem die arg lädierten Innenverteidiger Geart Latifi (Zerrung) und Christoph Kahlcke (Handverletzung) dank der Kunst der Physiotherapeutin ebenso wie Ihab Hathat (Urlaub verschoben) aufliefen, aber defensiv dann doch noch gut stand, gab es in Halbzeit eins wenig Chancen. Daniel Niklas Buhrke scheiterte (32.) an Christopher Newe im VfR-Tor. Auf der anderen Seite musste Paul Florian Guckel im TS-Tor in der ersten Hälfte nicht einmal eingreifen.

Angst vor dem Gegentor

Dem Team von VfR-Coach Rocco Leeser war die Angst vor einem Gegentor deutlich anzumerken. Bei einem 1:0 wäre Rotenhof der lachende Dritte gewesen. So wirkte Rasensport gehemmt und teils auch unkonzentriert. Die spielerischen Qualitäten kamen ob der Schnelligkeit und der Kampfkraft der Kaltenkirchener nicht zum tragen. Von Oberligareife war beim VfR Neumünster wenig zu sehen. Die KTS dagegen hatte nichts zu verlieren, spielte befreit auf und versuchte, das Unmögliche möglich zu machen.

Schiedsrichter Max Rosenthal im Mittelpunkt

In der zweiten Hälfte wechselt Rocco Leeser. Der gelb vorbelastete Sabri Nasri, auf Außen lange nicht so wirkungsvoll wie in der Sturmspitze beim 4:2 als dreifacher Torschütze gegen Rotenhof, wird durch Youssef Bouzoumita ersetzt. Ansonsten ändert sich das Spiel nicht viel. Dann pfeift Schiedsrichter Max Rosenthal nach einem völlig korrekten, harmlosen Rempler nach Intervention seines Linienrichters urplötzlich Elfmeter für die Heimelf. Alles wundert sich.

Elfmeter-Fehlentscheidungen für Heimelf in jedem Aufstiegsspiel

Die hinter dem Linienrichter postierten Kaki-Fans nehmen es als “ausgleichende Gerechtigkeit”, denn die Elf von Rene Sixt fühlte sich seinerseits beim 0:3 in Rotenhof verschaukelt, als ein klarer Handelfmeter unmittelbar vor dem ersten Gegentor versagt worden war. Aber auch Rotenhof war beim 2:4 in Neumünster ein klarer Elfmeter als “Schwalbe” ausgelegt worden. Beide damals beteiligten Verteidiger (Leon Gehrke sowie der Rotenhofer Quin Wienhold) hatten jeweils nach Spielschluss eingeräumt, mit Elfmeter gerechnet zu haben. So schloss sich mit diesem Geschenk an Kaltenkirchen also der Kreis der “Gerechtigkeit”…

Malte Pietsch nimmt das Geschenk erst im Nachschuss an, zunächst hatte Newe den Ball an den Pfosten gelenkt. Damit war jetzt plötzlich der TuS Rotenhof Oberligist.

2:0: Pietsch flankt, Buhrke blank

Kurz danach musste Rasensport verletzungsbedingt die beiden Außenverteidiger wechseln. Auch als auch der kampfstarke Marcel Stölting durch Agron Gashi ersetzt wurde, wurde das VfR-Spiel zunächst nicht besser. Im Gegenteil. Malte Pietsch setzt sich links durch, flankt, Buhrke ist am 2. Pfosten blank – 2:0 (67.), völlig verdient, dem Spielverlauf angemessen.

VfR mit dem Mute der Verzweiflung

Für den VfR Neumünster hat sich dadurch erst mal nicht viel geändert. Nach wie vor braucht man nur einen Treffer zum Aufstieg, eine 1:2-Niederlage reicht. Doch die Platzherren witteren die Sensation, nur noch drei Tore gegen einen heute scheinbar “toten” Gegner scheinen nicht mehr aussichtslos.

Gelb-Rot für Jonas Schomaker

Dann die nächste strittige Entscheidung. Der beste Neumünsteraner Ihab Hathat wird auf Rechtsaußen hart gefoult, bringt den Freistoß selbst. Rasensport-Kapitän Jonas Schomaker, nur den Ball im Blick, geht hin. Schräg hinter ihm Keeper Gauckel ebenso, Schomaker kann ihn gar nicht sehen. Gauckel faustet im Moment des Zusammenpralls. Das Spiel läuft weiter. Gauckel bleibt liegen, Kaki spielt den Ball ins aus. Jetzt erst geht Rosenthal zum Torwart, sieht sich die Sache an, dann zu Schomaker und zeigt ihm gelb-rot.

Marc Jürgensen (li., Kaltenkirchener TS) stoppt Sabri Nasri (VfR Neumünster). © 2023 Olaf Wegerich
Marc Jürgensen (li., Kaltenkirchener TS) stoppt Sabri Nasri (VfR Neumünster). © 2023 Olaf Wegerich

Alles aus für den VfR?

Rasensport ist geschockt. 0:2 hinten, nur noch zu zehnt, die Oberliga ist in weite Ferne gerückt. Die vielen VfR-Fans verzweifeln, hadern sowohl mit ihrem heute klar unterlegenen Team als auch der Schiedsrichterleistung.

Kaltenkirchener TS mit Feuerwerk

Die TS setzt jetzt alles auf eine Karte, greift ungestüm an. In kurzer Folge kommt man durch den eingewechselten Jeremy Schalk, den starken Rechtsaußen Finn Luca Rerop und Buhrke zu Riesenchancen (72., 77., 82.). Doch Newe zeigt hervorragende Reaktionen.

Offener Schlagabtausch zum Ende hin

Und wie aus dem Nichts kombiniert sich nun auch Rasensport zu seinen ersten Torchancen. Es geht hin und her. Hathat scheitert aus spitzem Winkel an dem wieder topfiten Gauckel, der per Reflex zur Ecke klärt (76.). Und nach doppelten Doppelpass mit Hathat ist Henrik Wehde mit viel Zug links frei durch (81.), Gauckel hält überragend.

Cumur schießt VfR in die Oberliga

Dann ist es wieder Ausnahmespieler Hathat, der sich nach Konter rechts durchsetzt, auf den zweiten Pfosten flankt, wo Erdogan Cumur seine Torjägerqualitäten beweist und hart bedrängt zum Anschlusstreffer einnetzt (85.). Riesenjubel beim VfR Neumünster und seinem Anhang: Damit wäre der VfR zurück in der Oberliga.

Nun ist das Momentum auf Seiten der Leeser-Truppe. Die Turnerschaft drückt zwar weiter, aber der Mannschaft ist jetzt anzumerken, dass ihr jetzt der letzte Glaube an die Sensation fehlt. Trotzdem bleibt es bis zur letzten Sekunde spannend, ein weiterer TS-Treffer, und Rotenhof wäre aufgestiegen.

Neumünsteraner Defensive souverän

Doch in der Schlussphase wirkt die VfR-Defensive sehr souverän, lässt kaum noch etwas zu. Nach dem Schlusspfiff jubelt dann der Oberliga-Aufsteiger nach einer denkwürdigen Saison, die sicher in der langen wechselvollen Geschichte des VfR nicht zu den uninteressantesten zählt.

Dass dann auch tatsächlich aufgrund der Regularien noch das völlig bedeutungslose Elfmeterschießen durchgeführt werden musste (wie auch am Vortag beim FC Kilia), sollte der SHFV mal überdenken. Regeln um ihrer selbst willen, was für ein Blödsinn.

Interessante Relegation

Fazit: In einer super spannenden Aufstiegsrunde mit drei gut besuchten interessanten Spielen wurde beste Werbung für den Amateurfußball gemacht. Alle drei beteiligten Teams bewegten sich auf Augenhöhe. Mit dem VfR steigt die vielleicht spielstärkste Mannschaft auf, die Turnerschaft stellte die kompakteste Elf und Rotenhof war sicherlich die unterm Strich offensivstärkste Mannschaft der Runde.

Kaltenkirchener TS – VfR Neumünster 2:1 (0:0)

Kaltenkirchener TS: Guckel – L. Pietsch, Boldt, Jürgensen, S. Cicek – N. Cicek (81. Nickel) – Rerop, Jeschke, M. Pietsch – Juedi (66. Schalk), Buhrke.
Trainer: Rene Sixt.

VfR Neumünster: Newe – Möller (57. Gehrke), Kahlcke, Latifi, Arian Jashari (53. Wehde) – Stölting (65. Gashi), Schomaker – Hathat (92. Rohwedder), Alioua, Nasri (46. Bouzoumita).
Trainer: Rocco Leeser.

Schiedsrichter: Max Rosenthal (VfL Bad Schwartau).
Assistenten: Sebastian Kück, Maximilian Deeg.

Zuschauer: 511.

Gelb-Rot: Schomaker (70., VfR, Foulspiel).

Bes. Vorkommnisse: Newe (vFr) hält Elfmeter von Malte Pietsch (52.).

Tore: 1:0 M. Pietsch (52.), 2:0 Buhrke (67.), 2:1 Cumur (85.).

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