Felix Stiller sorgt für Glücksgefühle bei der HSG Schülp

von Olaf Wegerich

Felix Stiller (HSG Schülp) brachte mit dem letzten Wurf die Halle zum Beben. © 2023 Horst Reinke


War das spannend! Im Kellerduell der Handball-Oberliga konnte sich die HSG Schülp/Westerrönfeld/Rendsburg am Sonntagabend gegen den TSV Kronshagen mit 33:32 (12:17) durchsetzen. Der erlösende Treffer gelang Felix Stiller mit einem direkt verwandelten Freiwurf in der Schlusssekunde. Damit hatte die Mannschaft von Interimstrainer Arne Backhaus nicht nur einen unmittelbaren Kontrahenten im Abstiegskampf in der mit 320 Zuschauern restlos ausverkauften Westerrönfelder Heidesandhalle bezwungen, sondern auch mit unbändigem Willen einen schier unglaublichen 12:17-Rückstand zur Halbzeit aufgeholt. Vor den verbleibenden vier Saisonspielen hat sich die HSG damit nach 22 Spielen und 15:29 Punkten einen Drei-Punkte-Puffer zum TSV Kronshagen erarbeitet, der bereits 23 Spiele ausgetragen hat und 12:34 Zähler aufweist. Auf die HSG warten noch zwei Heimspiele am 11. Mai gegen den Vorletzten TSV Uetersen sowie zum Saisonabschluss am 25. Mai gegen den MTV Lübeck. Auswärts ist die HSG am Freitagabend, dem 3. Mai um 20:30 Uhr, bei der SG Flensburg-Handewitt II sowie am 18. Mai beim AMTV Hamburg gefordert. Auf Kronshagen wartet nur noch ein Heimspiel gegen die HG Hamburg-Barmbek sowie zwei Auswärtsspiele bei der HSG Mönkeberg/Schönkirchen sowie bei der HSG Marne/Brunsbüttel.

Für beide Mannschaften war es ein Alles-oder-Nichts-Spiel, entsprechend akribisch hatte man sich auch vorbereitet, um nichts dem Zufall zu überlassen. Bei der HSG hatte man damit gerechnet, auf eine 5-1-Abwehr zu treffen. Am Ende wurde es eine 6-0-Deckung, mit der Kronshagen ins Spiel ging. „Da hatten wir eigentlich eine Schwachstelle bei Kronshagen gesehen“, sagte HSG-Trainer Arne Backhaus, der dann doch überrascht wurde.

So kam es, dass der Start komplett verschlafen wurde, da auch einigen Spielern der HSG die Nervosität deutlich anzumerken war. Bereits nach 18 Minuten betrug der Rückstand sechs Treffer, da auch die ansonsten starken Torhüter der HSG nicht die Quote hatten, die sie normalerweise zu liefern im Stande sind. „Wir haben viele Treffer vom Kreis oder nach Durchbrüchen kassiert. Zudem haben wir zu viele Zweikämpfe verloren und auch die Angriffe nicht ordentlich ausgespielt“, hatte Backhaus mehrere Defizite ausgemacht.

Fabian Thal (HSG Schülp) fand sechs Mal die Lücke in der Kronshagener Abwehr. © 2023 Horst Reinke
Fabian Thal (HSG Schülp) fand sechs Mal die Lücke in der Kronshagener Abwehr. © 2023 Horst Reinke

Diese Unzulänglichkeiten konnte die HSG auch bis zum Pausenpfiff nicht abstellen. Mit einem deutlichen 12:17-Rückstand ging es in die Halbzeit. „Da wurden bei mir Erinnerungen an das Spiel gegen die SG Flensburg-Handewitt wieder präsent, wo wir zur Halbzeit auch so hoch zurücklagen. Wir waren da alle ein Stück weit ratlos. Alles war angerichtet. Alle waren heiß, und dann musst du mit ansehen, wie dir das Spiel entgleitet. Ich habe mir zunächst überlegt, die Mannschaft anzuschreien, habe mich dann aber doch dafür entschieden, den Jungs zu sagen, dass sie jetzt endlich Männerhandball spielen müssen und frei nach Oliver Kahn endlich Eier in der Hose haben sollen“, fand Backhaus nach einer ernüchternden ersten Hälfte deutliche Worte.

Nach der Pause kam die HSG tatsächlich verbessert aus der Kabine, doch die Gäste konnten zunächst ihren Vorsprung behaupten. Doch die Umstellungen in der Abwehr mit Sven Ole Lindhorst und Christopher Sawitzki, der am Wochenende Vater geworden war, zeigten langsam die erhoffte Wirkung. Die Mannschaft hatte eine andere Grundpräsenz, spielte cleverer und ließ keine Durchbrüche mehr zu.

„Dadurch sind uns auch leichte Tore gelungen. Alleine Robert Jonas hatte vier Durchbrüche. Zudem hielt Kirschner wichtige Bälle. Dann explodierte die Halle und erzeugte eine geniale Energie“, freute sich Backhaus über die Wende.

Doch es benötigte Zeit und Geduld, bis der HSG zum 27:27 durch Robert Jonas (47:59) endlich der Ausgleich gelang. Zwei weitere Treffer von Christopher Sawitzki und Robert Jonas (49:53) zum 29:27 brachten die HSG scheinbar auf die Siegerstraße, doch Kronshagen bäumte sich noch einmal auf und ging seinerseits durch den elffachen Torschützen Julius Nowak (53:14) mit 29:30 in Führung.

Den siebten Treffer von Niklas Ranft (58:15) zum 32:31 für die HSG konnte Kronshagen eine Minute vor Spielende durch Finn Kröhnert (59:00) noch einmal zum 32:32-Gleichstand egalisieren.

Nicht sieben auf einen Streich, aber Niklas Ranft 8HSG Schülp) trifft mit 7 Toren am häufigsten gegen Kronshagen. © 2023 Horst Reinke
Nicht sieben auf einen Streich, aber Niklas Ranft (HSG Schülp) trifft mit 7 Toren am häufigsten gegen Kronshagen. © 2023 Horst Reinke

Noch war eine Minute auf der Uhr. „Ich war mir ziemlich sicher, dass die Zeit nicht reicht und Kronshagen noch einmal in Ballbesitz kommt“, hatte Backhaus zunächst kein gutes Gefühl. „Dann hat es irgendwie doch gereicht. Das war ein Stück weit clever, aber auch Glück dabei. Neun Sekunden vor Ende geht Robert Jonas auf die Abwehr zu und wird geblockt. Da rufen die Zuschauer dann schon: Warum werft ihr denn nicht“, war Backhaus in seiner Gefühlswelt hin und her gerissen.

So blieb nur noch die Möglichkeit, mit einem Freiwurf ein Tor zu erzielen, denn die reguläre Spielzeit war bereits abgelaufen. Felix Stiller schnappte sich den Ball und übernahm Verantwortung. Sein strammer Wurf landete vorbei an der Kronshagener Mauer unhaltbar für Quednau zum 33:32 im Tor der Gäste.

Danach explodierte die Halle, und die Mannschaft feierte frenetisch ihren Sieg und Felix Stiller. „Das war ein Geniestreich. Das gleiche Kunststück ist ihm schon im Hinspiel gelungen, als er zum Halbzeitstand traf“, hatte Backhaus ein dickes Lob für den Wiederholungstäter Stiller parat.

„Wir haben die zweite Halbzeit mit 21:15 gewonnen. Uns sind viele einfache Tore gelungen. Wir profitieren jetzt von einem breiteren Kader und haben nicht mehr den allerhöchsten Druck. Wir brauchen jetzt noch zwei Siege aus den verbleibenden Spielen“, sieht Backhaus die Lage nach dem Zittersieg wieder optimistischer.

„Unser Torwarttrainer Frederik Klapdor und ich haben grundsätzlich die Bereitschaft erklärt, in der nächsten Saison weiterzumachen. Die Wochen zeigen mir aber auch, warum ich nur Co-Trainer bin. Der Beruf, in dem ich voll eingespannt bin, sowie der enorme Aufwand als Trainer lassen sich bei mir auf Dauer nicht miteinander vereinbaren. Aber für die sechs Wochen bekomme ich das hin“, sagte Backhaus abschließend.

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