Rezan Acer: Bester Kicker mit dem besonderen Etwas

von Ismail Yesilyurt

Rezan Acer (li., Inter Türkspor Kiel) überspringt alle Hindernisse mit Leichtigkeit. Rechts Husums Kapitän Henning Lorenzen. © 2022 Ismail Yesilyurt


Jeden Donnerstag wird Youkick einen Spieler, aktuell aus der Flens-Oberliga, Landesliga Mitte und Verbandsliga Ost, vorstellen und einige Fragen stellen. An diesem Donnerstag haben wir Rezan Acer, der in der Oberliga mit seinem einzigartigen Spiel Fußball von einem anderen Stern präsentiert, im Visier und einige Fragen gestellt.

Das Geheimnis ist gelüftet! Das von Rezan Acer bei ruhenden Bällen. In der höchsten Landesklasse ist die Nummer 30 von Inter Türkspor Kiel bei Standards ganz klar die Nummer eins. Schuld haben die ehemaligen Holstein-Kicker Utku Sen (derzeit 1461 Trabzon/Türkei) und Tayfun Can (TSB Flensburg). „Ich bin ehrlich, dass kam nur dadurch, dass ich nach dem Training zusammen mit Tayfun und Utku ständig aufs Tor geschossen habe. Wir sind dann eine halbe Stunde später mit dem nächsten Zug nach Hause gefahren“, stieg Acer in seiner Geburtsstadt Eckernförde aus, die beiden anderen Spieler in Flensburg.

Mindestens eine Handvoll der 14 Saisontreffer (damit intern bester Torjäger) resultieren aus Freistößen aus 20, 30 oder auch 40 Metern. Topspin-Schüsse über die Mauer oder aufs Tor, die sich wie eine 100-KG-Kugel ins gegnerische Gehäuse senken und das Tornetz ausbeulen. Eine einzigartige Technik, die stets für höchste Alarmstufe beim Gegenüber sorgt. Aber den dribbelstarken und kaum vom Ball zu trennenden Mittelfeldantreiber Rezan Acer auf einen Standardexperten zu reduzieren, ist eine Beleidigung. „Rezo“ ist viel mehr für Inter Türkspor Kiel: vorangehender Leader, genialer Spielgestalter, mehrfacher Vorbereiter und noch mehr.

„Rezan ist für mich einer oder der beste Oberliga-Spieler. Ich habe noch keinen kompakteren gesehen. Ich glaube, dass weiß jeder. Wir sind froh, dass wir ihn haben. Und hoffen, das länger“, lautet die Laudatio von Cheftrainer Liridon Imeri, „sehr sehr viele Zuschauer kommen auch, um ehrlicherweise zu sagen, um ihn spielen zu sehen. Das ist ja wirklich fantastisch. Wir als Trainer kriegen auch ab und zu Gänsehaut, wenn da er einige Aktionen im Spiel hat, wo du denkst: Wow, das ist Wahnsinn. Die Standards, die er schlägt, das ist ja mit hoher Qualität. Ich habe jetzt keinen in der Oberliga gesehen, der solche Standards schlagen kann, die Rezan schlägt. Das ist schon Profiniveau und einmalig. Er ist wirklich einfach ein wahnsinniger Fußballer. Ein genialer Fußballer. An sich ist er sowieso ein sehr angenehmer und lustiger Typ. Mit dem ist man gerne zusammen. Er hat immer auch einen Spruch dabei. Der tut der Mannschaft gut. Der tut auch uns Trainern sehr sehr gut, weil er auch Sachen umsetzt, die man wirklich von ihm fordert. Er ist auch ein super Mensch.“

Rezan Acer begann mit fünf Jahren beim IF Eckernförde mit dem Fußballspielen. Dem Eckernförder SV folgte ab der D-Jugend, von Oli Wuttke geholt, Holstein Kiel bis zur U 17-Bundesliga. „Dann kam ich als junger Jahrgang in die U 19“, sagte der 29-Jährige. Aber ein Bauchdeckenriss stellte sich als Problemfall für die Kieler dar. „Ich bin dann zum Eckernförder SV mit Freunden spielen gegangen.“ Die Ambitionen führten zur U 19 des FC Angeln, der in die Regionalliga wollte. „Nach einem halben Jahr, nachdem die Verletzung auskuriert war, lockte erneut die U 19 Holstein Kiel. Fünf Jahre ab der Spielzeit 2012/13 folgten unter Christian Riecks und Ole Werner bei der zweiten Mannschaft von Holstein. Nach einem Intermezzo bei den Oberligisten VfR Neumünster und TSV Schilksee ist Acer nun in der vierten Saison in der höchsten Amateur-Klasse bei Inter Türkspor Kiel.

„Ich habe nie den Sprung weit weg gemacht. Ich bin nicht weit rausgekommen aus Kiel. Hätte ich den Sprung vielleicht mal probiert, hätte bestimmt was entstehen können. Das habe ich nie getan. Ich hätte einfach mal einen Moment nehmen müssen für mich selber. Und sagen müssen, okay jetzt nehme ich mal zwei Jahre Fußball. Und dann mal probieren müssen, höherklassig zu spielen. Um mich zu entwickeln“, erzählte der Rechtsfuß, der während seiner Holstein-Zeit oft bei den Holstein-Profis mittrainierte. „Ich war zu bequem.“

Mit seinen kaum zu stoppenden Dribblings öffnet Rezan Acer (Inter Türkspor Kiel) für seine Mitspieler viele Türen. © 2022 Ismail Yesilyurt
Mit seinen kaum zu stoppenden Dribblings öffnet Rezan Acer (Inter Türkspor Kiel) für seine Mitspieler viele Türen. © 2022 Ismail Yesilyurt

Rezan, du hattest vor der Winterpause mit einer Verletzung zu kämpfen. Im letzten Spiel gegen den SV Eichede gab es deswegen nur einen 45-minütigen Einsatz? Gib uns ein Update.
Ich war vorher schon 4 – 5 Wochen raus und habe es gegen Eichede probiert. Ich hatte damit noch ein bisschen zu kämpfen. Es ist immer noch nicht richtig verheilt. Es ist immer noch sehr sehr hart die Wade. Ich merke, wenn ich laufe gehe, dass da noch Druck drauf ist. Ich muss jetzt gucken, dass das jetzt Stück für Stück weg geht. Ich hoffe einfach, dass das bis gegen Frisia funktioniert.

Nicht nur dein Trainer Liridon Imeri sagt, dass du der beste Spieler der Oberliga bist. Wer ist denn neben „König“ Rezan Acer der Kronprinz in der höchsten Landesklasse?
Ich mag halt sehr gerne die Spielart von Julius Alt und Tom Baller. Tom Baller ist für mich ein Spieler, der hat eine unglaubliche Rückwärtsbewegung. Nach vorne ist er da und nach hinten ist er da. Das ist, was mich an ihm inspiriert. Bei Julius sieht man nicht viel von ihm, aber er macht sehr viel im Spiel. Er hat viele schnelle Kontakte und einen super ersten Kontakt.

Sportreporter Rezan stellt Spieler Acer eine beliebige Frage zum Spiel. Welche?
Wie geht es dir?

Was muss man am Verein und der Mannschaft von Inter Türkspor Kiel lieben?
Egal, wann man hingeht, ob es Training oder Spiel ist, es ist immer was los da. Das Vereinsheim ist immer voll. Die Leute, die da zugucken, lieben und leben den Fußball. Man fühlt sich einfach wohl. Da ist dort wie eine kleine Familie bei Inter Türkspor.

Inter ist eine Mannschaft, die sich auch wirklich versteht. Wenn ich zum Training komme, ich freue mich auf die Jungs. Der erste, der direkt an der Tür sitzt neben mir, ist Serkan (Yildirimer, Anm. d. Red.). Ich sage zu ihm: Hey Serko, ich freue mich einfach, dich zu sehen. Viele fragen mich auch, warum ich nicht wechsele. Für mich steht das nicht im Raum. Ich fühle mich wohl.

Wer hat dich als Mitspieler am meisten beeindruckt?
Onur Akdogan. Er ist vom HSV zu Holstein gekommen. Und hat mit mir in der U 23 gespielt. Er hat eigentlich alles mitgebracht, was ein Stürmer braucht. Er war groß und kopfballstark. Obwohl er so groß war, war er auch technisch super stark. Eigentlich alles gehabt und mich beeindruckt. Zu dem Zeitpunkt war der falsche Trainer bei den Profis, er hatte ja einen Profivertrag. Er hat dann einen Kreuzbandriss . Wenn er gespielt hat, hat man gesehen, der hat in dieser Liga nichts zu suchen.

Welcher Gegenspieler war dein Alptraum?
Es wäre uninteressant, wenn ich sagen würde Nico Schulz (damals Borussia Dortmund). Da wir in der Oberliga bleiben, dann ist das Marvin Mohr (PSV Neumünster). Er hat bei Holstein echt schon genervt (lacht). Der hat Fußball verstanden.

In deiner Spielerkarriere gab es ja nun wirklich jede Menge namhafte Trainer. Wer hat dich denn sehr beeindruckt bzw. geprägt?
Der mich komplett nach vorne gebracht hat, war Ole Werner in der U 23 von Holstein. Der hat gefühlt den halben Tag auf dem Platz verbracht. Auch Christian Riecks und Oli Wuttke bei Holstein haben mir viel gegeben. Frank Drews hat mir sehr sehr viel gegeben, weil er mir Vertrauen geschenkt hat.

Gibt es in deiner Fußballkarriere das eine oder andere erfreuliche/unerfreuliche Highlight, an das du dich immer zurück erinnerst?
Der Bundesligaaufstieg mit der U 19 bei Holstein. Was nicht gut war, war der Wechsel zum VfR Neumünster, weil der Verein insolvent ging.

Freistöße so genial schießen wie Rezan Acer! Deine Tipps an die Nachwuchs-Kicker?
Fleißig üben! Nach dem Training, zwei Mal die Woche, das reicht schon. Das merkt man nicht nach einem Monat. Aber mit der Zeit …

Was machst du an einem fußballfreien Wochenende?
Dann treffe ich mich mit Freunden. Kaffee trinken, abends ins Restaurant was Leckeres essen gehen. Und den Abend ausklingen lassen einfach.

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