Im Sitzen trifft Mert Baki (Inter Türkspor Kiel II) zum 2:0. Keeper Justin Rohde (TSV Stein) kommt nicht mehr ran. © 2023 Ismail Yesilyurt
Inter Türkspor Kiel II behält nach dem 3:1 gegen den TSV Stein mit nun 21 Punkten seine klitzekleine Chance auf den Klassenerhalt in der Verbandsliga Ost aufrecht. Zwei Siege in den letzten beiden Spielen und die Konkurrenz mit Stein (22) vor der Nase und davor die SG Dobersdorf/Probsteierhagen (25) sowie VfB Kiel (25) als erster Nichtabstiegsplatz spielen mit, dann ist das Wunder ein riesengroßes.
Kristof Schneider verwandelt Elfer sicher zum 1:0 für Stein
Zur Halbzeit schien es so, als ob die Heimelf die Koffer für die Kreisliga packen kann. Der TSV Stein, der auch an diesem Sonntag seinen Spieltagskader mit spielfähigen Akteuren in Ruhestand ergänzte, führte nach einer ordentlichen, sehr disziplinierten erste Hälfte mit 1:0. Die Führung resultierte aus einem Elfmeter, den Kristof Schneider sicher verwandelte. Markuz Bikhan hatte den durchgebrochenen und schnellen Bilal Kasim ins Straucheln gebracht. „Ich habe ihn gar nicht berührt“, sagte Bikhan später beim Gang in die Kabine. Der Innenverteidiger meinte sicher die Phase nach dem Zweikampf, als der Steiner Stürmer vom Straucheln zu Fall kam. Nach der gelben Karte – wenn der Innenverteidiger Pech hat, gibt es glatt rot – für diese Aktion nahm Inter-Cheftrainer Hanifi Kayar den Innenverteidiger knapp eine Viertelstunde später vorsorglich (gelb-rot gefährdet) aus der Partie.
Inter II Türkspor fehlt die Durchlagskraft
Der Tabellenvorletzte mühte sich nach dem Rückstand, kam indes kaum zwingend genug vor das Gehäuse von Justin Rohde. Der TSV Stein, noch mit zwei Chancen durch Lukas Nickel (18.) und Jannik Schmid-Lürsdorf (40.), schnitt mit seiner Fünferkette und den Akteuren davor viele Wege ab. „Ein großes Kompliment an die Jungs. Erste Halbzeit super umgesetzt. Wir müssen dann verletzungsbedingt fünf Mal umstellen. Dass dann Unruhe reinkommt, ist völlig normal“, betrachtete Coach Jan Sell die komplette Spielzeit.
„Eier gezeigt und alle an einem Strang gezogen“
Bei den ausbaufähigen Inter-Szenen in Abschnitt eins fehlte die Gradlinigkeit im letzten Drittel bzw. der Steiner Box. „Das einzige, was unser Spiel gefährdet hat, waren wir wieder selber. Wir haben uns in der ersten Halbzeit viel angepöbelt“, gab Co-Trainer Hassan Fayad zu Protokoll und ging ins Detail. „Wir haben wie Männer in der Halbzeit gesprochen, alles beiseite geschoben, Eier gezeigt und alle an einem Strang gezogen“, erläuterte Fayad.
Früher Elfmeter bringt Elf von Hanifi Kayar auf Betriebstemperatur
Die „Kopfwäsche“ wirkte: Die Aktionen waren nicht mehr mit zu viel Klein-Klein und sportlichem Eigensinn befleckt. Starke 45 Minuten wurden schließlich belohnt. Durch drei Tore von Mert Baki, der ein Näschen dafür hatte, wo es gefährlich wurde im gegnerischen Strafraum. Dem TSV Stein fehlte dagegen das Spielglück, um das 1:0 länger zu transportieren. Dem Elfmeter (ein unglückliches Foul von Wanja Schischkoff an Mahsun Dogan in einer ungefährlichen Zone) zum frühen 1:1 nach der Pause ging ein Eckball voraus, der keiner war. Die Szene an der Torauslinie war weder vom zuständigen Assistenten noch Schiedsrichter als Eckball identifizierbar. Aber vom dort sitzenden Fotografen mit freiem Blick auf den Zweikampf zwischen Ali Kalma und Niklas Bebendorf.
Luca Znaniewiczs reguläres 2:1 zählt nicht
Dazu gesellte sich ein reguläres 2:1 (56.) für die Gäste durch Luca Znaniewicz, das wegen Abseits keine Anerkennung fand. „Wir machen das 2:1. Das ist in meinen Augen kein Abseits“, darf Jan Sell, seine Trainerbank liegt auf Höhe der Abseitszone, seinen Augen trauen.
Festgehalten werden darf aber auch, dass die Kieler sich ihren Erfolg erspielten nach dem Seitenwechsel. Hohe individuelle Klasse erzeugte einen großen Druck. Vor allem die vielen weiten Diagonalbälle vom Oberliga-Experten Rezan „Rezo“ Acer auf den flinken und starken Joshua Wandel auf der rechten Seite waren eine Augenweide. Auf der linken Seite sorgte der stürmende Verteidiger Melih Ciftci für viel Power. Spielerisch gab es eine sehr gute Note für die Türkspor-Kicker.
Qualität von Türkspor zu gut
„Auf jeden Fall über das ganze Spiel gesehen ist das ein verdienter Sieg. Wir haben in den entscheidenden Situationen hier und da einen Fehler gemacht“, bemerkte Steins Coach Jan Sell, der aber auch darauf hinwies, dass die Qualität von Inter Türkspor Kiel, besonders die von Rezan Acer, schwer zu verteidigen ist.
Justin Rohde beisst auf die Zähne
Am kommenden Samstag wartet auf die Steiner zuhause das Abstiegsduell gegen den VfB Kiel. Vielleicht nicht dabei sein wird Keeper Justin Rohde, der das gesamte Spiel leiden musste. Der Fußball-Rentner stand mit fremden Schuhen im Tor. Schon beim Warmmachen machten sich die aufgrund des Schuhwerks wunden Füße bemerkbar. Auch ein zwischenzeitlicher Wechsel der Schuhe während des laufenden Spiels brachte keine Besserung. Rohde, den jeder Schritt schmerzte, biss auf die Zähne und hielt bis zum Abpfiff durch.
„Großes Lob an Justin. Justin ist eigentlich seit September gar nicht mehr dabei. Wir haben zwei Torhüter, die sind verletzt bzw. krank. Gestern hatte ich noch gar keinen Torwart, Er hat sich zur Verfügung gestellt. Ja, das sind meine Sorgen vom Samstag“, schmunzelte Sell am frühen Sonntagabend.
Inter Türkspor Kiel II: Ganzel – Samed Erol, Ümit Erol, Bikhan (22. Aydemir), Ciftci (86. Horn) – Wandel (83. Mahmut), Acer, Karaoglan (66. Pena), Dogan – Baki (73. Alvarez), Kalma.
Trainer: Hanifi Kayar.
TSV Stein: Rohde – Flemming, Schmidt-Lürsdorff (46. Laske (81. Loeptien)), Bebendorf, Znaniewicz, Feilbach (81. Godau) – Marr (74. Borchert), Nickel, Gnauck – Kasim, Schneider (36. Schischkoff).
Trainer: Jan Sell.
Schiedsrichter: Jonas Petersen (TSV Süderlügum).
Assistenten: Niklas Jensen, Rasmus Kleinert-Clausen.
Das junge Schiedsrichter-Gespann, vor allem die Flügel, hat noch Entwicklungspotential nach oben.
Zuschauer: 75
Tore: 0:1 Schneider (8., Foulelfmeter, Video), 1:1 Baki (47., Foulelfmeter, Video), 2:1 Baki (58., Video), 3:1 Baki (73., Video).