VfR Neumünster klettert schnell die Abstiegstreppe hoch – 3:2 gegen ESV

von Helwig Pfalzgraf

Keeper Lauritz Sievers (Eckernförder SV) hat alles im Blick und Griff und klärt vor Sean Vinberg (VfR Neumünster). © 2024 Olaf Wegerich


Bei kalten, nassen und ungemütlichen Wetterbedingungen empfing Rasensport Neumünster vor 192 Zuschauern den Gast aus Eckernförde. Die Heimelf, im November noch abgeschlagener Tabellenletzter in der Oberliga, hatte sich mit 12 Punkten aus den letzten 5 Spielen wieder ans Tabellenmittelfeld herangekämpft und wollte im Abstiegskampf nachlegen. Die Haberlag-Elf aus Eckernförde ist dagegen aller Sorgen ledig und konnte befreit aufspielen.

VfR mit Neuzugang Dylan Williams, aber hinten ohne drei

Der VfR begann im zuletzt so erfolgreichen 3-4-3 System. Das Vierermittelfeld agierte angesichts der Personalsituation erstmals in Rautenform, Sean Vinberg ersetzte solo den gelbgesperrten Björn Lambach auf der defensiven „Sechs“, Neuzugang Dylan Williams (zuletzt Eintracht Norderstedt) spielte davor den sonst kaum besetzten Offensivpart auf der „Zehn“. Marcel Stölting war aus seiner Gelbsperre zurück und ersetzte auf der rechten defensiven Außenbahn Nick Neca, der seinerseits anstelle des unter der Woche erkrankten Christoph Kahlcke die rechte Position in der Dreierkette einnahm. Zu guter Letzt war auch der in der Vorwoche gegen Hohenwestedt verletzte Zinedine Hukporti (musste genäht werden) nicht dabei, für ihn rückte Murat Rasgele wieder auf die linke defensive Außenbahn.

Luc Justen (fast) wie Florian Wirtz

Das Spiel begann mit einem Blitztor für den ESV. Nach dem Anstoß ging es wie gewohnt beim ESV gleich voll offensiv los. Auf der linken Angriffsseite wurde Luc Justen freigespielt und nicht angegriffen. Die neuformierte VfR-Defensive war sich nicht einig, Justen marschierte durch den freien Raum, alle VfR-Spieler orientierten sich weg von ihm. Justen schoss allerdings nicht selbst, sondern spielte einen Traumpass durch die breite VfR-Schnittstelle auf den in den freien Raum sprintenden Ole Altendorf, der frei vor Keeper Christopher Newe diesen tunnelte. 0:1 nach 20 Sekunden!

VfR beeindruckt, ESV dominiert

Der VfR zeigte sich nach diesem Fehlstart beeindruckt. Der zweikampfstarke und gut organisierte ESV hatte jetzt beste Karten und war dem zweiten Tor näher als die Veilchen dem Ausgleich. Fast hätte Altendorf aus halblinker Position wieder frei vor Newe (21.) erhöht, aber Newe klärte per Fußabwehr zur Ecke. Wenig später ist Malte Clausen frei, der Ex-Kropper zögert aber zu lange. Erst nach gut einer halben Stunde kommt der ebenfalls engagiert kämpfende, aber bis dahin meist vom ESV dominierte VfR besser in die Partie. Die Außen Keenon Erfurth und Emirkaan Güzel deuten immer mal wieder ihre Gefährlichkeit an. Vinberg hat mit einem 20-Meter-Schuss (39., knapp vorbei) etwas Pech, so bleibt es beim verdienten 0:1 zur Pause.

VfR in der zweiten Hälfte mit anderem Gesicht

VfR-Trainer Rocco Leeser setzt zur Pause ein Zeichen, er bringt den angeschlagenen Kahlcke. Das scheint auch einen psychologischen Effekt zu beinhalten, alle übrigen treten nun in Körpersprache selbstbewusster auf und legen noch eine Schippe drauf.

Das Spiel wird intensiver

Damit wird das Spiel noch intensiver. Doch der ESV steht lange hinten sicher. Der VfR kommt aber mit mehr Ballsicherheit und mehr gewonnenen Zweikämpfen nun auch plötzlich zu Torchancen.

Cheftrainer Rocco Leeser und Co Enrico Klüver (re.) vom VfR Neumünster haben die gleiche Idee. © 2024 Olaf Wegerich
Cheftrainer Rocco Leeser und Co Enrico Klüver (re.) vom VfR Neumünster haben die gleiche Idee. © 2024 Olaf Wegerich

VfR vor dem Tor äußerst effektiv

Emirkaan Güzel setzt sich links durch, dreht ein, seine lange Flanke mit rechts auf den zweiten Pfosten verteidigt dann der ESV das erste Mal nicht gut, der Ball rutscht durch, prompt erzielt Sean Vinberg mit perfekter Ballannahme den 1:1-Ausgleich (60.).

Nach einem flachen 30-Meter-Diagonalball von rechts in die Spitze auf Volodymir Pryiomov kommt der zwar nicht mehr dran, doch Sturmkollege Erfurth hat aufgepasst und kommt mit äußerster Geschwindigkeit noch vor ESV-Keeper Lauritz Sievers an den Ball, der Sekundenbruchteile zu spät kommt und Erfurth abräumt. Klare Sache, Elfmeter. Pryiomov verwandelt sicher zum 2:1 (67.).

Der ESV ist geschockt, verliert nach dem Anstoß schnell den Ball. Wieder spielt der VfR von rechts flach diagonal in die Spitze in Richtung Erfurth. Der Ball ist aber etwas lang für Erfurth, aber der ESV kann nicht klären. Der Ball rutscht auf halblinks durch, wo Pryiomov am 16er sofort abzieht und ins kurze Eck zum 3:1 trifft (68.): Der VfR hat in knapp zehn Minuten das Match komplett gedreht.

Doch schnell ist klar: entschieden ist noch lange nichts. Der ESV ist nach Altendorfs schnellem 3:2-Anschlusstor (72.) wieder voll da. Der VfR beginnt zu schwimmen. Nach einer Rarität, nämlich einem Kenny Korup-Fehlpass, hat der agile Altendorf sogar den schnellen Ausgleich auf dem Fuß. Frei vor Newe kann er den bravourös haltenden VfR-Keeper aber nicht überwinden (75.).

ESV rennt an

In der Restspielzeit drückt der ESV vehement auf den Ausgleich. Der offensivere Malte Eggers kommt für Linksverteidiger Thilo Lorenz. Nach Erfurths umstrittener gelb-roten Karte (84.) nun mit einem Mann Überzahl drückt die Haberlag-Elf umso mehr. Doch das VfR-Bollwerk steht gut. Die cleveren Williams und Vinberg holen mit Freistößen immer wieder kostbare Verschnaufpausen heraus. Geart Latifi, meist gegen Altendorf, wächst aus einer jetzt in der 2. Halbzeit sicher wirkenden Abwehr über sich hinaus. Er hat allerdings Glück, als er in der 88. Minute sehr hart gegen den eingewechselten Lukas Witte einsteigt und mit Gelb gut bedient wird. Mit etwas Glück und viel Einsatz bringt der VfR den wertvollen Erfolg auch über die insgesamt siebenminütige Nachspielzeit.

Fazit: Der VfR macht im Abstiegskampf weiter Boden gut. Der ESV hätte einen Punkt verdient gehabt, doch der VfR beim unglücklich verlorenen ebenso umkämpften Hinspiel (2:1 für den ESV) auch. Insofern mal wieder ausgleichende Gerechtigkeit im Fußball.

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