Nico Bruns: Von 17 Jahren Holstein Kiel geprägt

von Helwig Pfalzgraf

Nico Bruns (SpVg Eidertal Molfsee) kann hier nur durch ein Foul von Finn Kallenbach (TSV Kronshagen) gestoppt werden. © 2022 Ismail Yesillyurt


Nico „Bruno“ Bruns ist in dieser kleinen Youkick-Serie, die jeden Donnerstag erscheint, ein absolutes „Muss“, beeindruckt er doch in der Holstein Kiel-Historie mit einer einzigartigen Leistung.

17 Jahre Holstein Kiel

Der 26-Jährige ist der Spieler mit der längsten Zugehörigkeit zum Leistungszentrum der Störche. Am schicksalhaften 11. September 2001, an dem die Uhren der Weltpolitik förmlich auf Null gestellt wurden, begann der damals fünfjährige Nico Bruns auf dem Vöge-Platz hinter dem Holstein-Stadion seine sportliche Laufbahn bei den Störchen. Fortan durchlief Bruno sämtliche Nachwuchs-Teams, spielte C-Jugend-Regionalliga und anschließend 4 Jahre als Stammspieler U 17- und U 19- Bundesliga.

Karsten Neitzel, Ole Werner und Regionalligaaufstieg

2015 rückte er in das Herrenteam der U 23 auf. Dort absolvierte Nico weitere drei Spielzeiten in der Schleswig-Holstein-Liga unter Trainer Ole Werner, dem heutigen Trainer von Werder Bremen. Unter der Woche pendelte der Blondschopf zwischen Liga-Training unter Karsten Neitzel und Trainee-Programm in der Förde Sparkasse. Sein letztes Spiel war wohl sein denkwürdigstes (siehe unten) und krönte seine Zeit im Holstein-Dress: Der 4:2 – Sieg bei Ottensen 07 am 30.5.2018 in der Religation bedeutete den Aufstieg in die Regionalliga.

Berufsbedingt wechselte Bruns zur Saison 2018/19 nach dem Aufstieg zum damaligen Regionalligaabsteiger Eutin 08. Danach war er von 2019 – 2022 beim Oberligisten PSV Neumünster aktiv. Insgesamt bestritt Bruns für Holstein Kiel, Eutin 08 und den PSV Neumünster 124 Oberligaspiele und erzielte dabei 8 Tore. Seit dem Sommer 2022 läuft Nico für die SpVg Eidertal Molfsee in der Landesliga Mitte auf.

Nico, die Frage nach deinem größten sportlichen Erfolg und die Frage nach deinen schlimmsten Erfahrungen beim Fußball drängt sich auf, sind sie bei dir doch sogar in einem Spiel vereint. Erzähl doch mal.
Insgesamt habe ich im Fußball und insbesondere während der langen Zeit bei Holstein tolle Erfolge feiern dürfen. Da denke ich an Auswärtssiege in Bremen, Wolfsburg oder bei Hertha BSC zurück, wo zum Teil heutige Bundesligaprofis meine direkten Gegenspieler gewesen sind.

Wenn du mich aber nach meinen schlimmsten Erfahrungen gepaart mit sportlichen Erfolg fragst, dann war es – ohne lange überlegen zu müssen – ein Mittwochabend in Hamburg Ottensen: Eigentlich war alles bereit zum Jubeln und uns trennten mit der U 23 von Holstein nur noch wenige Minuten vom Regionalliga-Aufstieg, als plötzlich vermummte Hooligans über die Zäune kletterten und aufs Spielfeld liefen. Wir Spieler eilten in die Kabine oder in angrenzende Wohnhäuser. Anschließend wurden wir mit Polizei-Eskorte nach Kiel gefahren. Am nächsten Tag folgte die viertägige Aufstiegsfeier auf Mallorca. Im Ergebnis also ein schönes Erlebnis.

Den Blick voraus und Ball am Fuß - Nico Bruns (SpVg Eidertal Molfsee) denkt schon einen Schritt weiter. © 2022 Ismail Yesilyurt
Den Blick voraus und Ball am Fuß – Nico Bruns (SpVg Eidertal Molfsee) denkt schon einen Schritt weiter. © 2022 Ismail Yesilyurt

Das war damals ja nach 17 Jahren dein letztes Spiel für Holstein. Wie schwer war es für dich, nach so langer Zeit zu wechseln?
Wenn man 17 Jahre ausschließlich in einem Verein erlebt, dann fällt einem so eine Entscheidung nicht besonders leicht. Aber auf der anderen Seite war die Vorfreude nach „etwas Neuem“ auch recht groß. Dadurch, dass ich beruflich das Trainee-Programm als Firmenkundenberater bei der Förde Sparkasse zur gleichen Zeit abgeschlossen hatte, passte der Wechsel in der Gesamtbetrachtung recht gut.

Du hast es ja geschafft, bei Holstein immer auch für die nächste nochmal höhere Altersstufe gecastet worden zu sein. U 17- und U 19- Bundesligastammspieler spricht für sich für hohe Qualität. Hast du deshalb auch mal Angebote bekommen in ein anderes Jugend-Leistungszentrum(NLZ) zu wechseln, wie das bei den späteren Holstein-Jahrgängen ja öfter vorkam? Oder war das bei euch „96er“ noch nicht so ausgeprägt?
Besonders nach den Landesauswahlen-Sichtungsturnieren für die DFB U-Nationalmannschaften war dies recht ausgeprägt. Ich denke heutzutage fängt der Sichtungsprozess nicht erst – wie zu meiner Zeit – ab der U 15 an, sondern bereits bedeutend früher. Angebote aus anderen NLZ habe ich auch erhalten, jedoch hatte ich nie das Gefühl, diese Angebote auch annehmen zu müssen, da ich mit der U 17 und der U 19 mit Holstein ja bereits in der Junior-Bundesliga spielte.

Im Nachhinein betrachtet fehlte mir eventuell zum einen auch der nötige Ehrgeiz und zum anderen auch der Mut, im Jugendalter von zuhause wegzugehen.

Gibt es etwas, was du als langjähriger NLZ-Angehöriger an heutige Nachwuchstalente mit NLZ-Potential als Erfahrungsschatz weitergeben möchtest?
Die Chancen ergreifen, die sich bieten. Ohne zu sehr darüber nachzudenken „was wäre wenn…“. Das hemmt einen und verleitet eher dazu, gewisse Schritte nicht zu gehen, die dann womöglich jemand anderes gehen wird. Ich denke jeder ist seines Glückes Schmied.

Beruf geht vor

Du hast ja einen zeitintensiven Job. War das auch der Grund, jetzt aus der Oberliga in die Landesliga zu wechseln? Und ist die Trainingsintensität in der Landesliga zeitlich tatsächlich geringer als in der Oberliga?
In der Tat habe ich nach gut 21 Jahren für mich entschieden, ein wenig kürzer zu treten. Die Entscheidung lag ganz allein begründet im neuen Job. In meiner neuen Tätigkeit als Relationchip-/Portofolio-Manager im family office in Düsternbrook finden die Mandantengespräche häufig in den Abendstunden statt, sodass die eine oder Trainingseinheit berufsbedingt verpasst wird. Dies zeichnete sich bereits in der letzten Saison ab und da hilft es natürlich, dass in Molfsee zweimal statt wie zuvor z. T. viermal trainiert wird.

In Molfsee habt ihre eine starke Mannschaft aus vereinseigenen Talenten und einigen oberliga- und regionalligaerfahrenen Routiniers zusammen. Euer letztes Spiel vor der Winterpause in Klausdorf hatte absolut Oberliganiveau. Geht da noch was nach oben?
Ich gebe dir recht, dass wir eine sehr ordentlich Mannschaft zusammen haben und wenn man die Hinrunde Revue passieren lässt, wäre in dem einen oder anderen Spiel mit Sicherheit noch mehr drin gewesen. Nichtsdestotrotz ist man im Verein – besonders im Hinblick auf den Klassenerhalt im letzen Spiel der letzten Saison – mit der Entwicklung sehr zufrieden.

Ein Spitzenteams, welches um den Aufstieg mitspielen will, sind wir noch nicht. Aber die Entwicklung stimmt mich recht positiv und wer weiß, vielleicht findet ja der eine oder andere auch in Zukunft den Weg nach Molfsee – ich kann es sehr empfehlen…

Gegen Julian Brandt, Jonathan Tah, Leroy Sane und Timo Werner

Du hast ja gerade in der Jugend gegen zahlreiche wirkliche Könner gespielt. Ist dir da jemand in Erinnerung, von dem du schon damals dachtest: Das wird einer?
Der Jahrgang 1996 hatte schon ganz gute Kicker wie Julian Brandt, Jonathan Tah, Leroy Sane doch besonders im Ländervergleich gegen Baden-Württemberg stach ein Timo Werner mit seiner Schnelligkeit besonders heraus.

In deiner Spielerkarriere gab es ja nun wirklich jede Menge namhafte Trainer, u.a auch Ole Werner. Wer hat dich denn am meisten beeindruckt bzw. geprägt?
Ich denke, da ist Ole Werner auch zu nennen. Er besitzt einfach die besondere Eigenschaft, dass er jedem Spieler im Team das Gefühl gegeben hat, wichtig zu sein und somit im Team die perfekte Mischung aus Zielstrebigkeit und Spaß geschaffen hat, welche während einer gesamten Saison aufrecht erhalten wurde. Mich würde nicht wundern, wenn Bremen nicht seine letzte Trainerstation ist.

Nico, vielen Dank für das umfangreiche und außergewöhnlich aufschlussreiche Interview!

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