Nach seinem Traumtor genießt Joshua Vinh Grimm (2. v. l., TSV Flintbek) das Jubelbad. © 2022 Ismail Yesilyurt
TSV Flintbek – VfB Kiel 6:4 (1:1)
Blockbusterverdächtiger Spielfilm im Nachholspiel in der Verbandsliga Ost! Am späten Mittwochabend gewann der TSV Flintbek mit 6:4 gegen den Aufsteiger VfB Kiel. Mit einem wahnsinnigen Verlauf in der zweiten Halbzeit bei den Toren und Aktionen auf dem mit einem Mindestmaß an Lichtstärke ausgestatteten Kunstrasenplatz.
Dabei deutete in der ersten Halbzeit überhaupt nichts auf einen kurzweiligen Abend für die Zuschauer hin. Das 1:1 nach exakt 45 Minuten entsprach den Leistungen auf dem Platz. Das Spiel wogte zwischen den Strafräumen hin und her. Nach einer in den Boxen ereignislosen Anfangsviertelstunde leitete eine Möglichkeit durch Daniel Pagel (16.) für den VfB Kiel eine Handvoll an Torchancen plus zwei Treffer für beide Seiten ein. Tim Hartlep (17.) sowie Premton Jasari mit zwei gefährlichen Fernschüssen (28., 29.) für die Flintbeker und Marc Zeller mit einem Heberversuch für den VfB (25.).
Kurz vor dem Seitenwechsel sorgte Goalgetter Hartlep für die Führung des TSV Flintbek. Doch der Neuling antwortete schnell mit einem direkt verwandelten Freistoß von der rechten Flintbeker Halbseite. Yannik Imm führte diesen scharf und hüfthoch aus. VfB-Abwehrspieler Serope Cobanyan lief vor dem Torraum durch die Schussbahn und irritierte somit TSV-Keeper Malte Preuß. Der Ball landete unberührt links am Torwart vorbei zum 1:1.
An Unterhaltungswert kaum zu toppen war nach Wiederanstoß die Zeitspanne bis zum letztmaligen Ausgleich. Ein Hin und Her bei der Führung sorgte für eine rasante Achterbahnfahrt der Gefühle, die auf und neben dem Platz (auch bei Fans) für hitzige Diskussionen sorgten. Mit seiner Art zu pfeifen, bekam Schiedsrichter Justin Fedde die Partie nicht so richtig in Griff. Anstatt der langen Leine, was in dieser Saison auch meistens mit ruhigem Auftreten für eine gute Spielleitung gesorgt hatte, wäre es angebrachter gewesen, die Zügel zu straffen. Hier und da ein, bei foulwürdigen Zweikämpfen, ein Freistoß mehr und die Temperatur wäre nicht in den roten Bereich gestiegen. Zugegeben, von beiden Fans-Seiten wurde auch viel Hektik reingetragen.
So hätte bei der ersten Roten Karte ein Pfiff diese wohl vermeidet. „Willst du mich verarschen“, sagte Daniel Pagel nach einem Nichtpfiff beim Zweikampf. Wohl zum Gegenspieler. Auch wenn der sich in direkter Nähe befindliche Unparteiische das auf sich bezog, sollte man da als Schiedsrichter manchmal weghören. Wenn, dann hätte eine gelbe Karte auf alle Fälle für mehr Ruhe gesorgt. Auch bei der zweiten Roten Karte reklamierte der Gast ein Foulspiel. Die anschließende Aktion führte schließlich zur Notbremse von Keeper Daniel Quoos.
Zum sportlichen Teil zurück: Das schnelle 2:1 für die Kieler war der Anfang einer sehenswerten Begegnung. Nach einem langen Ball behauptete Kevin Hopp, der nach dem ersten Platzverweis der taktischen Umstellung auf ein 4-4-1 geopfert wurde, gegen zwei Flintbeker den Ball und traf aus etwas zehn Metern. Und hätte der agile Imm (54.) im Eins-gegen-eins mit Keeper Preuß zum 3:1 getroffen, wäre die zweitstärkste Offensive nach Schönkirchen sicherlich nicht mehr wieder ins Rennen zurück gekommen.
So traf nur eine Minute später nach einem weiten Einwurf und Kopfballverlängerung Jasari, der viel für den Flintbeker Spielaufbau tat, aus dem Strafraumzentrum zum 2:2. Den Freistoß, nach der Verbalinjurie von Daniel Pagel, versenkte Arber Azemi aus 30 Meter zur erneuten Führung für die Platzherren mit dem 3:2. Das war es noch nicht für die Flintbeker in Überzahl. Seltsamerweise präsentierte die nun dezimierte Elf von Matthias Liebal eine starke Phase. Marc Zeller verwandelte einen an ihm verwirkten Foulelfmeter zum 3:3. Kurz darauf verwertete der Waldwiesen-Bomber sogar einen Fehlpass von Moritz Schröder vor dem eigenen Strafraum eiskalt zum 4:3. Wahnsinn, zwei Führungswechsel von beiden Teams nach etwas mehr als einer Stunde.
Der TSV Flintbek, mit mehr Ballzirkulation als der mit schnellem und schnörkellosem Spiel in die Spitze auftretende VfB Kiel, wurde von Coach David Lehwald nun in ein 4-3-3-System beordert. Andreas Büssau, groß gewachsener Zentrumsspieler der Dreier-Abwehrkette, rückte nun in die Spitze auf. Den Druck nutzte Hartlep aus, der von links in den Strafraum marschierend gleich drei VfBer zu Slalomstangen degradierte und hoch rechts traf. Damit schließt Flintbeks bester Torschütze nun mit 13 Toren zum Führenden der Torjägerliste Philipp Grandt (TSV Plön) auf. Nach dem vierten Unentschieden nahm das Duell nun an Fahrt und Spannung ab.
Doch wie bei den meisten interessanten Spielfilmen sollte noch der finale Höhepunkt folgen. Für den sorgte der eingewechselte Joshua Vinh Grimm. Der Youngster traf mit einem fulminantem Schuss aus 40 Metern links oben. Feldspieler Kjell Ludwig, für Quoos im Kasten der Kieler, kann nichts machen gegen das Tor des Monats. In der letzten Minute der Nachspielzeit macht Leistungsträger Azemi mit seinem zweiten Freistoßtor aus 25 Metern den Deckel rauf. Auf eine Partie, in der der Neuling eine starke und kompakte Vorstellung, auch in Unterzahl, gegen das favorisierte Teams aus Flintbek zeigte und somit ein Punktgewinn sicherlich auch nicht unverdient gewesen wäre. Dank einer guten Offensive bleiben drei Punkt beim TSV Flintbek. Auch verdient.
Stimmen zum Spiel
TSV Flintbek: Preuß – Schröder, Büssau, Rehder – Rober (70. Dagga), Azemi – Rex (46. Grimm), Jasari, Wischnewski (90./+2 Matthiesen) – Hartlep, Erasmi (78. Bennet Szellas).
Trainer: David Lehwald.
VfB Kiel: Quoos – Wittstock, Martin, Cobanyan, Tiedemann (78. Ludwig) – Daniel Pagel, Rermsoognern, Herzog-Truxa, Imm – Kevin Hopp (64. Timo Pagel), Zeller (83. Ramalho).
Trainer: Matthias Liebal.
Schiedsrichter: Justin Fedde (SV Hochdonn).
Assistenten: Fabian Küther, Len Sönksen.
Zuschauer: 120.
Rote Karte: Daniel Pagel (58., VfB Kiel, Beleidigung), Quoos (90./+3, VfB Kiel, Notbremse).
Tore: 1:0 Hartlep (38.), 1:1 Imm (42.), 1:2 Kevin Hopp (47.), 2:2 Jasari (55.), 3:2 Azemi (59.), 3:3 Zeller (62., FE), 3:4 Zeller (66.), 4:4 Hartlep (73.), 5:4 Grimm (90.), 6:4 Azemi (90./+5).