7-Tore-Spektakel in Eutin endet 4:3 für den PSV – Tiedemann trifft dreimal

von Olaf Wegerich

Jesper Tiedemann, hier gegen Niklas Neitzke (li.) und Torben Hendrischke (Hohenwestedt), ist der Matchwinner für den PSV Neumünster in Eutin. © 2024 Olaf Wegerich


Dank einer gewaltigen Leistungssteigerung in der zweiten Hälfte siegt der PSV Neumünster nach einer schwachen ersten Hälfte und einem Zwei-Tore-Rückstand bei Aufsteiger Eutin 08 mit 4:3 (0:2) und hält den Anschluss an die Tabellenspitze. Cedric Schrake (21.) und Hussein Sharba (36.) hatten die unbekümmert aufspielenden Gastgeber in Führung gebracht. Mit vier Toren binnen fünfzehn Minuten – davon drei durch Torjäger Jesper Tiedemann (49., 60., 64.) sowie einem durch Marvin Ehlert (51.) verwandelten Foulelfmeter – dreht der PSV das Spiel. Leon Dippert (84.) gelingt für die nie aufsteckenden Gastgeber nur noch der 3:4-Anschlusstreffer. Der PSV rückt durch den Sieg zumindest bis zum Sonntag auf den 3. Platz. Eutin 08 hält nach der dritten Heimniederlage als Aufsteiger weiterhin den guten 9. Platz.

Die Partie begann für den PSV, der ohnehin auf Nils Drauschke, Christopher Barck (beide Urlaub), Mats Melahn (Kleinfeldfußball) sowie die Verletzten Mika Jöhnck und Paul Sachse verzichten musste, mit einer Hiobsbotschaft. Paul Eberhardt klagte nach dem Warmmachen über Leistenbeschwerden und musste passen. Dafür waren Benny Klimmek und Calvin Ehlert nach Verletzung wieder fit.

Bereits unter der Woche stand fest, dass Torhüter Torben Franzenburg mit einem Meniskusriss bis zur Winterpause ausfallen wird. Besonders bitter: Der PSV hat außer Samuel Aphrem keinen weiteren Torhüter zur Verfügung, da es derzeit keine zweite Mannschaft gibt. Bis zur Winterpause muss der PSV daher mit nur einem Torhüter auskommen oder hoffen, dass sich noch ein vertragsloser Spieler findet.

Samuel Aphrem ist aktuell der einzig verfügbare etatmäßige Mann für den PSV Neumünster zwischen den Pfosten. © 2024 Olaf Wegerich
Samuel Aphrem ist aktuell der einzig verfügbare etatmäßige Mann für den PSV Neumünster zwischen den Pfosten. © 2024 Olaf Wegerich

Die Gastgeber zeigten keine Scheu vor dem großen Namen und kamen gegen oft pomadig und umständlich agierende Gäste deutlich besser ins Spiel. Der PSV hatte zudem immer wieder erkennbar Probleme mit der Standfestigkeit auf dem rutschigen Rasen und der kompromisslosen Zweikampfführung der Eutiner, die keinen Meter Boden herschenkten.

Die Gastgeber waren zunächst deutlich zielstrebiger und hatten durch Phil Petersen (5.), Kapitän Leon Dippert (8.) und Hussein Sharba (11.) einige gute Umschaltsituationen, die allesamt leichtfertig vergeben wurden. Bereits hier zeigte sich: Die Gästeabwehr ist verwundbar.

Obwohl der PSV in der ersten Hälfte erwartungsgemäß viel Ballbesitz hatte, fehlte es oft an der nötigen Präzision beim Spiel in die Spitze. Die Anfangsphase ging klar an die deutlich handlungsschnelleren Gastgeber. Daran änderte sich auch nichts nach dem ersten Torschuss des PSV durch Til Küffner (16.), der zu zentral auf Klassen kam, der den Ball zur Seite abwehren konnte.

Nach einem langen Ball kann sich Cedric Schrake (21.) im Strafraum gegen den auf dem nassen Rasen wegrutschenden Julien Huber behaupten und aus halblinker Position mit einem Flachschuss ins lange Eck das viel umjubelte 1:0 für die Gastgeber erzielen. Nur zwei Minuten später kann der Eutiner Drewes eine flache Hereingabe des emsigen Til Küffner in höchster Not zur Ecke klären.

In dem munteren Spiel hatten die Gastgeber durch Hussein Sharba (28.) die nächste Großchance, doch Torhüter Samuel Aphrem, die neue Nummer Eins beim PSV, verhinderte mit einer starken Fußabwehr einen weiteren Gegentreffer.

Nach einem fatalen Ballverlust im Spielaufbau auf Höhe der Mittellinie schalten die Gastgeber blitzschnell um und schlagen einen langen Ball auf den stets gefährlichen Hussein Sharba (36.), der nicht lange fackelt und gegen den chancenlosen Aphrem zum 2:0 für die Gastgeber trifft.

Der PSV hat noch vor der Pause zwei Abschlüsse durch Til Küffner. Die erste ist ein harmloser Freistoß, den Klassen locker halten kann, beim zweiten Versuch zielt Küffner aus halbrechter Position deutlich über das Tor.

Trotz des insgesamt enttäuschenden Auftritts in der ersten Hälfte blieb PSV-Trainer Marco Frauenstein ruhig, saß die meiste Zeit auf der Bank und überließ seinen Co-Trainern Dennis Buthmann und Niels Voss weitestgehend das Coachen. „In der ersten Halbzeit hatten wir oft den Ball und viel Raum. Wir haben viele Situationen nicht gut ausgespielt und viele falsche Entscheidungen getroffen. Die beiden Gegentore waren Geschenke“, fasste Frauenstein die schwachen ersten 45 Minuten seiner Mannschaft zusammen.

In der Halbzeitpause muss das Trainerteam dann aber doch die richtigen Worte gefunden haben, um das Team wachzurütteln. Wie verwandelt kommen die Gäste aus der Kabine und haben sofort eine Antwort parat.

Nach nur vier gespielten Minuten in der zweiten Hälfte setzt sich Tom Zarpe, der in der zweiten Hälfte als rechter Verteidiger zum Einsatz kam, auf der rechten Außenbahn durch, schlägt eine präzise Flanke auf den einlaufenden Jesper Tiedemann (49.), der keine Mühe hat, am zweiten Pfosten mit dem Fuß den 1:2-Anschlusstreffer zu erzielen. Damit ist die Aufholjagd eingeläutet.

Keine 120 Sekunden später wird Timo Barendt im Eutiner Strafraum zu Fall gebracht. Die umsichtige Schiedsrichterin Anna-Lena Heidenreich entscheidet sofort auf Strafstoß für die Gäste. Marvin Ehlert (51.) bleibt eiskalt und verwandelt sicher zum 2:2-Ausgleich. Die Gäste aus der Schwalestadt haben nun deutlich Oberwasser und wollen mehr. Dabei haben sie aber auch das Glück des Tüchtigen.

Paul Eberhardt (PSV Neumünster), im Zweikampf Tim Sienknecht (Hohenwestedt), musste nach dem Warmmachen passen. © 2024 Olaf Wegerich
Paul Eberhardt (PSV Neumünster), im Zweikampf Tim Sienknecht (Hohenwestedt), musste nach dem Warmmachen passen. © 2024 Olaf Wegerich

Nach einem Einwurf landet das Spielgerät bei Tim Möller, der den Ball sofort auf Timo Barendt verlängert und Jesper Tiedemann (60.) in Szene setzt. Der Angreifer des PSV scheitert zunächst an Klassen, doch im Nachschuss ist der Top-Torjäger der Gäste erfolgreich und trifft zur 2:3-Führung.

Der in der ersten Hälfte noch gut abgeschirmte Tiedemann (64.) ist nun richtig in Fahrt und sorgt mit seinem dritten Treffer zum zwischenzeitlichen 2:4 für die Gäste für die Vorentscheidung. Unfassbar: Mit vier Toren in nur fünfzehn Minuten dreht der PSV das Spiel zu seinen Gunsten und zeigt dabei große Effektivität. Für Tiedemann ist es bereits der zehnte Saisontreffer. Er steht damit zusammen mit Keenon Erfurth vom Spitzenreiter SV Eichede an der Spitze der Torschützenliste.

Kurz danach hat der PSV durch Marvin Ehlert, der völlig frei auf das Eutiner Tor zuläuft, die Riesenchance, mit dem fünften Treffer alles klarzumachen, doch Torhüter Denis Klassen zeigt eine sensationelle Parade und kann den Ball zur Ecke abwehren.

Doch die Gastgeber lassen sich nicht hängen und können durch einen Konter, den der Eutiner Torjäger Leon Dippert (84.) mit seinem sechsten Saisontreffer zum 3:4 vollendet, noch einmal neue Hoffnung schöpfen. Mit Glück und Geschick bringt der PSV den so wichtigen 4:3-Auswärtserfolg gegen in der ersten Hälfte bärenstarke und in der zweiten Hälfte stark abbauende Gastgeber nach Hause. Fünf Minuten vor Spielende kam Calvin Ehlert nach langer Verletzungspause zu seinem ersten Kurzeinsatz für den PSV und ersetzte seinen Bruder Marvin.

„Das ist nur schwer zu ertragen und extrem bitter für uns. Binnen drei Minuten gleicht der PSV nach der Pause aus. Binnen fünfzehn Minuten kassieren wir vier Gegentore. Das tut weh und zeigt, dass wir uns stabilisieren müssen. Der PSV war heute sehr effektiv“, sagte der Eutiner Trainer Dennis Jaacks.

„Wir hatten heute zwei, drei individuelle Böcke zu viel, die zu Gegentreffern geführt haben. Wir haben in der Pause die Fehler angesprochen und in der zweiten Halbzeit eine Reaktion gezeigt. Vier Tore in fünfzehn Minuten sind natürlich sehr gut. Nach dem 4:2 verpassen wir die Vorentscheidung und laufen in einen Konter und machen es unnötig spannend“, sagte ein entspannter PSV-Trainer Marco Frauenstein.

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