Lägerdorfs Doppelpacker Dennis Staade macht Landesliga noch spannender

von Helwig Pfalzgraf

Dennis Staade (li. Lägerdorf), gegen Marcel Stölting (VfR Neumünster), wird mit seinen zwei Toren zum VfR-Schreck. © 2023 Olaf Wegerich


Der VfR Neumünster verpasste in der Landesliga Mitte vor 263 überwiegend enttäuschten Zuschauern die Gelegenheit, sich von seinen Verfolgern TSV Klausdorf und dem MTSV Hohenwestedt etwas abzusetzen.

Lägerdorf ohne Vier

Der TSV Lägerdorf brachte es fertig, nach den Husarenstreichen gegen die erwähnten Verfolger in den Vorwochen, auch dem VfR mit einem 2:0 ein Bein zustellen. Das erstaunliche daran: Lägerdorf war heute extrem ersatzgeschwächt. Die Torgaranten Bastian Peters und Torben Behrens fehlten ebenso wie Mittelfeldmotor Edward Jauk und Außenverteidiger Merten Kunter, dessen Einwurf-Flanken ja dem TSV Klausdorf mit in die Knie zwangen. So igelte man sich erst mal hinten ein, überließ dem Kontrahenten das Spiel und setzte auf einen Doppelriegel vor und am eigenen Strafraum.

Tarik Alioua wie einst Erwin Kremers

Der VfR begann furios. Man konnte den Gast zunächst mit einem (gewollten?) taktischen Kniff in Bedrängnis bringen. Statt im erwarteten 4-2-3-1 spielte die Lesser-Truppe ein 3-2-3-2, da Linksverteidiger Sabri Nasri die linke Außenbahn vor allem jenseits der eigenen Mittellinie beackerte und der linke Außenbahnspieler Tarik Alioua einen klaren Linksaußen alter Prägung verkörperte. Die gelegentlichen Vierketten-Aufbauarbeiten des Linksverteidigers übernahm meist der eigentliche Sechser Agron Gashi, der kurzfristig den beim Warmmachten verletzten Burhan Gülbay in der Startelf ersetzte.

VfR-Blitzstart ohne Zählbares

Das überraschte Lägerdorf zu Anfang. Der freikombinierte Nasri traf (3.), der Schiri-Assistent hatte aber die Fahne oben. Alioua kam zweimal zum Abschluss, war oft nur durch Foul zu bremsen. Ein schnell ausgeführter Freistoß aus dem rechten Halbfeld, der Erdogan Cumur freispielt, wird von Schiri Feldt zurückgepfiffen. Glück für Lägerdorf, denn Cumur war völlig blank. Auch Akciceks 18-Meter-Hammer (18., Matteo Chionidis hält glänzend) war gefährlich. Die Heimelf spielt ansehnlich und drückt gefährlich über beide Außenbahnen. Christoph Kahlcke zielt ziemlich unbedrängt aus 16 Metern rechts vorbei (21.). Ihab Hathats Anspiele und Dribblings sorgen für ständige Gefahr.

Lägerdorf viel cleverer

Lägerdorf-Trainer Lars Lühmann reagiert, lässt die Außenbahnspieler Piet Magnus Otte und Jonas Bischoff die Seiten tauschen. Außerdem nutzt der Gast nun verständlicherweise jede sich bietende Möglichkeit, den Spielfluss zu unterbrechen. Und merkt schnell, dass der Referee nichts dagegen unternimmt. Als Jonas Bischoff bereits in der Anfangsphase den Ball, für einen VfR – Freistoß bereitliegend, blockiert und sich in aller Seelenruhe die Schuhe gemütlich schnürt, reagiert Feldt nicht. Als Bischoff, von den VfR-Fans mit entsprechenden unfeinen Sprüchen bedacht, aufstehend in Richtung Stehtraverse klatscht, bekommt er von Feldt immerhin eine Ermahnung. Kein Wunder, dass dann die ganze Spielzeit über jede Entscheidung gegen Lägerdorf eine längere andauernde vier bis fünf Mann starke Podiumsdiskussion mit dem Schiedsrichter hervorruft.

Als Lägerdorf nach 27 Minuten sich das erste mal nach vorne wagt, wird das auch fast bestraft. Ein langer Ball von Geart Latifi wird von der ansonsten bärenstarken Lägerdorfer Innenverteidigung Marvin Peter / Christian Ostertag nicht gut geklärt. Erdogan Cumur läuft halbrechts frei auf Chionidis zu, der aber wieder klasse hält, der Nachschuss aus spitzem Winkel geht vorbei.

Zähes Ringen griechisch-römisch

Überhaupt zählen die zähen Zweikämpfe zwischen Cumur und Ostertag zu den Höhepunkten des Spiels. Meist laufen sie griechisch-römisch ab. Da der Unparteiische aber wohl nicht weiß, wer zuerst mit den Armen arbeitete, greift er nicht ein. Deshalb geht es gegen Ende auch ins freie Ringen über, mit Aushebern und allem was dazu gehört. Cumur bekommt keinen einzigen Freistoß zugesprochen. Ostertag auch nicht.

Erdogan Cumur (VfR Neumünster) gegen Christian Ostertag (Lägerdorf) - nach Punkten im Ringen wohl Gleichstand, aber 2-0 bei den Toren für Ostertag. © 2023 Olaf Wegerich
Erdogan Cumur (VfR Neumünster) gegen Christian Ostertag (Lägerdorf) – nach Punkten im Ringen wohl Gleichstand, aber 2:0 bei den Toren für Ostertag. © 2023 Olaf Wegerich

Bilderbuch-Konter

Lägerdorf hat sich jetzt hinten gut auf den Gegner eingestellt, bekommt seine rechte Abwehrseite immer deutlicher in den Griff. Auch wirkt der VfR nicht mehr so zwingend. Und so fällt auch das Lägerdorfer Führungstor. Nasri und Alioua sind im gegnerischen Sechzehner gestoppt worden. Lägerdorf schaltet blitzschnell um: Der schnelle Otte, schon im Hinspiel Torschütze, macht 25 Meter, spielt dann den nach rechts kreuzenden Dennis Staade an, der im weiten von Abwehrspielern völlig verwaisten Raum völlig alleine ist, den herausstürzenden Newe umkurvt und eiskalt einschiebt. Ein schön herausgespieltes Kontertor, allerdings gegen eine erschreckend naiv entblößte Abwehr (35.).

Nach der Pause wirkt der Spitzenreiter immer weniger zwingend. Ein Nasri-Kopfball (52.) in die Arme von Chionidis nach einem der zahlreichen Freistöße, ein Akcicek-Schuss aus zentraler Position (49., knapp vorbei) nach glänzendem Hathat-Anspiel und ein Latifi-Kopfball frei aus fünf Metern vorbei (71.) nach Hathat-Flanke von der Grundlinie sind die einzigen wirklichen VfR-Möglichkeiten in Halbzeit zwei.

VfR Neumünster ohne Ideen

Lägerdorf hält jetzt immer perfekter die Abstände, kommt immer besser zurecht und kann sich jetzt immer wieder befreien. Während der TSV über keine wirklichen personellen Alternativen auf der Bank verfügt, die allerdings auch nicht braucht, wechselt der VfR. Der schnelle Youssef Bouzoumita kommt, dafür rückt Hathat auf die “Zehn”. Bouzoumita, eher ein Mann fürs Konterspiel, bleibt aber gegen die engmaschige Lägerdorfer Abwehr eher wirkungslos. Auch Hathat kommt jetzt in der Mitte nicht mehr so gut zur Geltung wie zuvor. Vor allem fehlt er auch Kahlcke und Latifi als Kurzpass-Anspielstation. Fortan geht über rechts deutlich weniger.

Plan B bei den Veilchen nicht erkennbar

Die Zeit plätschert dahin. VfR braucht einen Plan B, hat den aber nicht wirklich. Alles wirkt immer mehr hilf- und einfallslos. Nach 78 Minuten kommt Issam Khemiri für Alioua. Auf Linksaußen, wohl zum ersten mal in seinem Fußballerleben. Der gelernte Außenbahnspieler Alban Jashari bleibt auf der Bank. Auch der in der Hinserie torgefährliche Jonas Schomaker wird nicht eingewechselt.

Matchwinner Dennis Staade

Und so setzt die Lühmann-Elf noch einen drauf. VfR-Rechtsverteidiger Kahlcke wird, nachdem er sich einen abprallenden Ball nahe der Eckfahne geholt hat, vom gerade eingewechselten Alexander Feist (im Spielbericht als Ersatztorwart gelistet!) und Staade perfekt angelaufen, jeder Passweg verstellt und so zum unkontrollierten Bolzen oder zum Dribbling gezwungen. Kahlcke wählt das Dribbling, den anschließenden Hochrisiko-Pass auf die andere Abwehrseite (“Ich wollte den Ball im Spiel halten, die Zeit lief weg”, so Kahlcke) fängt der spekulierende Dennis Staade ab. Und muss den Ball vom 16er nur ins leere Tor schieben, denn Keeper Christopher Newe war zur Unterstützung Richtung Kahlcke unterwegs. Damit wird Dennis Stade, sonst (meist) im Schatten von Bastian Peters, zum Lägerdorfer Man of the Match.

Gelb-Rot für Latifi

Nach einen gefährlichen Spiel (hohes Bein) holt sich Latifi noch die gelb-rote Karte ab (94.). Vorher hatte er wegen lautstarken Meckerns gelb gesehen (87). Damit fehlt er seiner Mannschaft nächste Woche beim TSV Klausdorf.

Fazit: In dieser Liga bleibt alles offen.

VfR Neumünster: Newe – Kahlcke, Latifi, Yamak – Stölting, Gashi – Hathat, Akcicek (63. Bouzoumita), Nasri – Cumur, Alioua (78. Khemiri).
Trainer: Rocco Leeser.

TSV Lägerdorf: Chionoidis – Engel, Peter, Ostertag, T. Kunter – Otte, Matz, Kuhr, Bischoff – Mälk (87. Feist), Staade (90. Bossauer).
Trainer: Lars Lühmann.

Schiedsrichter: Torge Feldt (Fortuna Glückstadt),
Assistenten: Simon Schmeling, Finn Ebsen.

Zuschauer: 263.

Gelb-Rot: Latifi (94.).

Tore: 0:1 Staade (35.), 0:2 Staade (89.).

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