Beim VfR Neumünster Kracht es doppelt – Hohenwestedt gewinnt 2:1

von Helwig Pfalzgraf

Hannes Kracht (li., MTSV Hohenwestedt) mit voller Energie nach seinem Ausgleichstreffer. © 2023 Olaf Wegerich


Das Spitzenspiel in der Landesliga Mitte lockte 626 erwartungsfrohe Zuschauer bei herrlichem Fußballwetter in die Grümmi-Arena. Ein Landesliga-Rekordwert, zu dem der Gast erheblich beitrug: Den Gast aus Hohenwestedt begleiteten zu diesem Mittelholstein-Derby wohl 250 Anhänger. Beide Seiten der Grümmi-Arena waren gut gefüllt. Amateurfußball-Ambiente at its best!

Normalerweise hätte der MTSV in diesem Match als Underdog gegolten. Doch die Entwicklung bei der Kochanski-Elf geht seit gut einem Jahr steil bergauf. Schon in der Rückrunde der Vorsaison sorgte eine Superserie für den Klassenerhalt. In diesem Jahr macht die Elf einfach so weiter. So lag heute die Bürde des Favoriten keineswegs auf den Schultern des zuletzt schwächelnden VfR.

Taktisches Rasenschach in der ersten Halbzeit

Beide Mannschaften begannen vorsichtig mit deutlichem Respekt voreinander. Der MTSV hatte mit seinem klaren Größenvorteil vor allem durch die Sievers-Brüder, den Ex-Neumünsteraner Hannes Kracht und die Innenverteidiger Michael Behnke und Matthias Landt die Lufthoheit, doch vor allen Burhan Gülbay holte für den VfR viele zweite Bälle. Standards sorgten für die ersten Torannäherungen der Gäste, die zunächst auch leicht dominierten. Die Räume für die sonst gerne aus der Tiefe starteten Thies Kochanski und Falko Möller ergaben sich jedoch nicht.

Thies Kochanski wird neutralisiert

Rocco Leesers Maßnahme, den wieder komplett ohne Foulspiel auskommenden Christoph Kahlcke erneut Innenverteidiger mit besonderem Augenmerk auf MTSV-Torjäger Kochanski spielen zu lassen, erwies sich als richtig. Kochanski konnte in diesem Spiel keine Akzente setzen. Zwar hatte Kahlckes Innenverteidigerkollege Geart Latifi, zuletzt Gelb-Rot gesperrt, für ein erstes Foul an Möller früh gelb gesehen (8.) und jonglierte dann das ganze Spiel wieder mit gelb-rot, aber aus dem Spiel heraus ließen die Veilchen zunächst kaum etwas zu.

Mika Hirsch nutzt Chance nicht

Nach 20 Minuten kam Rasensport dann besser ins Spiel und hatten nach einer halben Stunden eine Riesenmöglichkeit, als Ihab Hathat den schnellen Mika Hirsch mit einem tollen Schnittstellenpass bediente, der zentral völlig frei und relativ unbedrängt vor Torwart Niklas Gohr vorbei schoss. Wenig später musste Gohr Kopf und Kragen riskieren, als er knapp vor Hirsch rettet, und auch den abprallenden Ball vor Agron Gashi im Nachfassen holte.

Aber ansonsten hatte auch die aufmerksame MTSV-Viererkette alles im Griff. Michael Behncke, der offensiv eine gute Kopfballmöglichkeit hatte (32.), und Mathias Landt als Innenverteidiger waren mehr als nur Ersatz für den fehlenden, am Knie schwer verletzten langjährigen MTSV-Abwehrchef Marcel Pinkert.

Intensität nimmt nach der Pause noch zu

Nach der Pause nehmen Foulspiele, Nickligkeiten und Diskussionen deutlich zu. Zwischenzeitlich wird aber auch guter Fußball geboten. Neumünster lässt seine fußballerische Extraklasse aufblitzen, den schönsten Spielzug der Partie nutzt der starke Issam Khemiri, von Leeser erstmals in die Startelf beordert, nach Direktpass von Hirsch zum Führungstor. Der MTSV hatte in dieser Szene dem VfR auch mal etwas zu viel Platz gelassen.

Nach dem 1:0 durch Issam Khemiri ist die Veilchen-Welt himmelhoch jauchzend. Burhan Gülbay und Sabri Nasri sind auch im Fißballhimmel. © 2023 Olaf Wegerich
Nach dem 1:0 durch Issam Khemiri (10) ist die Veilchen-Welt himmelhoch jauchzend. Burhan Gülbay und Sabri Nasri (8) sind auch im Fißballhimmel. © 2023 Olaf Wegerich

Allerdings bleibt auch der Gastgeber nicht konzentriert. Der MTSV setzt sich auf engem Raum im Strafraum über rechts durch, die Flanke passiert an Freund und Feind vorbei den gesamten Fünfmeterraum und am langen Pfosten schaltet Hannes Kracht am schnellsten und schiebt ein.

Veilchen-Nerven liegen blank

Wenig später schwächt sich dann der Tabellendritte selbst. Die Heimelf hatte sämtliche schnell hochfahrende Heißsporne des Kaders in der Startformation. Und das rächte sich. Diesmal kam zur Diskussion noch Handgreiflichkeit dazu. Bei einer Rangelei vor den Trainerbänken leistete sich Agron Gashi einen Griff an den Hals von Tim Sienknecht und flog völlig zurecht vom Platz. Gashi, von Ex-Trainer Abdul Yilmaz in dieser Saison kaum berücksichtigt, stand bei Leeser zuletzt dreimal in der Startelf. Jetzt leistete er seinem Team diesen Bärendienst. Coach Rocco Leeser opferte den agilen Youssef Bouzoumita, dafür kam Leon Gehrke als Rechtsverteidiger. Sabri Nasri ersetzte Gashi im Mittelfeld.

Freistoß von Ihab Hathat landet am Torgebälk

Die Unterzahl sah man de den Platzherren im erstmal kaum an. Doch heute fehlte dem VfR auch etwas Spielglück. Ein Freistoß aus 21 Metern von Hathat (85.) prallte satt an den Pfosten, Gohr hatte gar nicht reagiert.

Khemiri sieht anstatt Gehrke Gelb-Rot

Als dann der eingewechselte Leon Gehrke seinen Gegenspieler im Mittelfeld umriss, verwechselte Schiedsrichter Morten den Übeltäter und zeigte dem bereits verwarnten Khemiri Gelb-Rot. Gehrke nach Spielschluss: „Ich habe dem Schiri gesagt, dass ich das Foul begannen habe. Der hat aber auf seinem Irrtum bestanden und wollte mir nicht glauben.“

Siegtor in doppelter Überzahl

Nun in doppelter Überzahl drängte Hohenwestedt. Ein letzter Freistoß aus dem Halbfeld kommt keineswegs optimal, aber der halbhohe Ball wird leicht von einem VfR-Spieler abgefälscht, prallt dann vom Schienbein des überraschten Latifi direkt vor die Füße von Hannes Kracht, der aus 12 Metern per Innenpfosten unhaltbar trifft. Kurz danach ist Schluss: Partytime für die Mannschaft und die Fans!

Fazit I: Der MTSV ist offensiv nicht nur Kochanski.

Fazit II: Nun muss der MTSV nur noch seine drei ausstehenden machbaren Hausaufgaben erledigen, dann steht der Klub in der Oberliga! Der VfR Neumünster, seit Saisonbeginn bis zur vorigen Woche Tabellenführer, darf nach der dritten Niederlage in Folge erneut für die Landesliga planen.

Stimmen zum Spiel

Trainer Sebastian Barth (MTSV): Das war sicher nicht unser bestes Saisonspiel was wir hier abgeliefert haben. Aber wir haben einen Lauf und glauben an uns. Natürlich war der Sieg auch glücklich für uns. Wenn Hathat bei seinem Freistoß kurz vor Ende ins Tor und nicht den Pfosten trifft, kann das hier ganz anders ausgehen. Da war das Glück auf unserer Seite, aber wir bleiben bodenständig. Die Liga ist so ausgeglichen, da kann fast Jeder Jeden schlagen. Aber das war ein toller Tag für uns. Tolles Wetter, geile Kulisse und die vielen Fans aus Hohenwestedt, die uns unterstützt haben. Unsere Abwehr war heute sehr stark. Unser Anspruch sollten jetzt drei Siege sein.

Falko Möller (MTSV): Das war herausragend wie wir heute den Kampf angenommen haben. Wir waren heute eindeutig die clevere Mannschaft. Der VfR hat sich in manchen Situationen auch etwas blöd angestellt. Wir haben jetzt noch drei Spiele, da muss es unser Ziel sein, neun Punkte zu holen. Ich habe bei meiner Aktion, wo ich den Ausgleich mit vorbereitet habe, bereits ein ziehen im Oberschenkel bemerkt. Danach ging nichts mehr.

Michael Behnke (MTSV): Ich hatte ja auch eine dicke Chance nach dem Freistoß. Den muss ich eigentlich reinmachen, wo der Torwart sich verschätzt hat. Jetzt haben wir alles selbst in der Hand. Wir wollen das so machen wie im letzten Jahr, wo wir uns mit einer Siegesserie vor dem Abstieg gerettet haben.

VfR Neumünster – MTSV Hohenwestedt 1:3 (0:0)

VfR Neumünster: Newe – Nasri, Latifi, Kahlcke, Yamak – Gashi, Gülbay – Hirsch, Khemiri, Hathat (89. Schomaker) – Bouzoumita (71. Gehrke).
Trainer: Rocco Leeser.

MTSV Hohenwestedt: Gohr – Brandt, Landt, Behnke, Sienknecht (75. Kasch) – C. Sievers (92. Lüdke), T. Sievers, Rathje (79. Schnoor), Kracht – Kochanski, Möller (65. Ploog).
Trainer: Udo Kochanski.

Schiedsrichter: Morten Dumstrei (SV Frisia 03 Lindholm).
Assistenten: Jacob Sühl, Lukas Bahnsen.
Setzten sich nicht dem Verdacht aus, Heimschiedsrichter zu sein. Waren aber nicht so schlecht, dass die „Schieber, Schieber“-Rufe des VfR-Anhangs gerechtfertigt gewesen wären. Allerdings mit sehr uneinheitlicher Linie. Grober Fehler bei der Gelb-Roten Karte für Khemiri.

Zuschauer: 626.

Rote Karte: Gashi (68., Tätlichkeit, VfR).

Gelb-Rote Karte: Khemiri (88., VfR).

Tore: 1:0 Khemiri (61.), 1:1 Kracht (65.), 1:2 Kracht (92.).

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