Der muss doch rein zum 1:0 aus 9 Metern. Oder? Justin Petersen (Inter Türkspor Kiel) hat die freie Auswahl und trifft Keeper Niklas Baeskow (Oldenburger SV). © Ismail Yesilyurt
„Habt ihr auch gefastet“, fragte ein Zuschauer schmunzelnd nach dem Spiel Justin Petersen, der sich gerade sein Küsschen von seiner Freundin an der Spielfeldumrandung abholte. Mitten im Ramadan, dem Fastenmonat der Muslime, unterliegt Inter Türkspor Kiel dem Tabellennachbarn Oldenburger SV mit 3:5. Von der Morgendämmerung bis zum Einsetzen des Sonnenuntergangs verzichten die Fastenden beim Ramadan auf Nahrungs- und Genussmittel.
Daniel Junge erhöht mit 4 Toren Saisonbilanz auf 9
Verzichten musste man am späten Samstagnachmittag auch auf das Inter, das in dieser Saison zumeist mit starken und sehenswerten Auftritten viel Leckeres bot. Fast im Alleingang sorgte Daniel Junge, der seit dem 10. Spieltag in Todesfelde nicht mehr in der höchsten Landesklasse getroffen hatte, für drei Punkte. Der Oldenburger Zehner, der in diesem Spiel mit seinem Vierer-Pack am 28. Spieltag fast so viele Tore wie zuvor in 22 zusammen (5) erzielte, überragte.
Elfmeterpfiff für Oldenburg kann auch ausbleiben
Eingebettet in das Vierer-Pack war auch der überraschende Hingucker, den die äußerst frechen Oldenburger in der 65. Minute dem staunenden Publikum servierten. Frederik Kaps kam nach einem Zweikampf mit Tom Schmidtke im Türkspor-Strafraum zu Fall. Zwar nicht der Kölner Keller wie beim VAR in der Bundesliga, aber drei Sportjournalisten an der Torauslinie gaben zweieinhalb Stimmen für ein Nichtfoul. Kaps blieb mit seinem rechten Fuß an Schmidtkes linkem hängen und kam so zum Straucheln ohne Einwirken des Inter-Spielers.
Frecher Strafstoß von Frederik Kaps und Junge
Der folgende Elfmeter erzeugte schließlich große Augen und ein Nachblättern im Regelwerk: Der gefoulte Kaps trat selbst an und spielte den Strafstoß per Pass kurz nach vorne. Von hinten sprintete Junge in die Box und vollendete vor dem heraus laufenden Keeper Nikolas Wulf vorbei zum 4:1. Wie zwischen den beiden OSV-Kickern abgesprochen, klappte dieses auf dem Reißbrett entworfene Szenario auch praktisch. Ähnlich wie in den 80iger-Jahren mit dem legendären Johan Cruyff. Oder auch fast identisch in unserer heutigen Zeit ausgeführt von Messi.
Inter eröffnet stark
Trotz einer ansehnlichen Startphase blieben die Kieler somit etwas hinter den Erwartungen zurück. Auch wenn es bei beiden Seiten zunächst im Passspiel aus dem Mittelfeld ab und zu hakte, gehörten die ersten 45 Minuten der Heimelf zu den besseren in dieser Partie. An einem schönen und herrlichen Tag mit viel Sonne. Die erste Chance gehörte Türkspor (2.). Doch Kastriot Alija traf bei seinem Schuss von der Strafraumgrenze den Ball nicht richtig, sodass das Leder weit am langen Eck vorbei ging. Auf der anderen Seite blieb Junge an Wulf hängen, der per Fußabwehr gegen den frei vor ihm auftauchenden OSVer klärte.
Nach knapp einer Viertelstunde bringt Marvin Freund mit einem Fehlpass im eigenen Strafraum zu Inters Justin Petersen seinen Torwart Niklas Baeskow in ein Eins-gegen-eins-Duell. Petersen kann diesen Hochkaräter nicht zur Führung nutzen und scheitert an Baeskow.
0:1 gleicht Krenar Svirca per Kopf aus
Nach der starken Phase der Platzherren entwickelt sich ein ausgeglichenes Duell, das mit Tempo überzeugt, aber noch viel Ungenauigkeiten im Aufbau vorweist. Wulf kann in der 19. Minute einen Freistoß von Marcel Schröder von der linken Seite über die Latte lenken. Etwas später steht der Kieler Keeper zu weit vor seinem Kasten. Junges Fernschuss über Wulf passt genau. Aber die Mannschaft von Liridon Imeri hat schnell eine Antwort parat. Nach einem Eckball von Jeppe Waschko von der rechten Seite köpfte Innenverteidiger Krenar Svirca zum zu diesem Zeitpunkt verdienten Zwischenstand ein.
Oldenburg kommt besser in Fahrt und hält die Geschwindigkeit bis ins Ziel
Der Oldenburger SV akklimatisierte sich somit schnell an den heißen Start der Gastgeber und beide Seiten lieferten sich ein Duell mit offenem Visier. Wobei aber in der ersten Halbzeit die Anzeichen deutlich wurden, dass Inter Türkspor in der Defensive nicht die Kompaktheit der vorangegangenen Spiele zeigen sollte. Mit einem gerechten 1:1 gehen beide Seite in die Halbzeitpause.
48. Minute entscheidet das Duell der grauen Mäuse
Kaum aus den den Kabinen raus folgt die entscheidende Szene in der Partie zwischen den im Bauch der Tabelle der Flens-Oberliga stationierten Teams. Finn Severin kann bei seinem Dribbling im Mittelfeld-Zentrum von Inter Türkspor nicht entscheidend gestört werden und bedient Junge, der flach an Wulf vorbei zum 2:1 für die Ostholsteiner trifft.
An der Trainerbank der Kieler scheppert es. Liridon Imeri lässt physisch seinen Frust-Druck entweichen. Dieser Gegentreffer bringt Inter durcheinander. Vielleicht schon das Pokal-Halbfinale im Kreis am Montag bei Rot-Schwarz im Kopf, gehen hier und da einige Prozent verloren. Auch bei der Zweikampfquote.
Rezan Acer weiß, wo am Ostersamstag Schuh drückte
„Wenn man nicht in die Zweikämpfe geht, dann verlierst du gegen jede Mannschaft in dieser Liga. Auch die Leidenschaft und das Feuer fehlt“, sagt Rezan Acer nach dem Spiel. Der angeschlagene Spielmacher und zweite Goalgetter (14 Tore) zusammen mit Moshood Adesanya (16) schaute sich das Spiel bei herrlichem Fußballwetter inmitten der Fans an und wusste, wo der Schuh am späten Samstagnachmittag drückte.
Mit dem 2:1 hat der Oldenburger SV Inter Türkspor den Stecker gezogen. Auch wenn nach dem 2:4 Inter noch einmal elektrisierter auftrat. Doch nach einer fünfminütigen starken Zeitspanne der Heimelf drehte Daniel Junge mit dem 5:2 den Interisti endgültig den Strom ab. Inter Türkspor Kiel verliert auch wie im Hinspiel, das 1:2 endete. Damit verpasst Inter Türkspor mit einem Sieg den Sprung vorbei am Oldenburger SV auf Platz 9.
Bester Spieler der Begegnung ist Daniel Junge. Auch die Mannschaftskollegen Robin Schmidt und Finn Severin gefallen bei einem homogenen Teamauftritt. Bei Inter Türkspor Kiel darf man an Kastriot Alija die beste Note geben. Auch wenn es keine eins oder zwei ist. Ganz negativ fällt keiner auf, zu bemüht ist die gesamte Elf, auch wenn nicht alles klappt.
Stimmen zum Spiel
Inter Türkspor Kiel: Wulf – Lahu, Akbaba, Svirca, Haye (83. Imasün) – Zinkondo, Jeppe Waschko – Baasch (77. Stian Waschko), Petersen (63. Schmidtke), Adesanya – Alija (81. Hamze).
Trainer: Liridon Imeri.
Oldenburger SV: Baeskow – Glosch (62. Brunner), Freund, Schröder, Kelting – Papendorf (81. Felix Severin), Schmidt – Kaps, Junge, Kränzke (66, Goertz) – Finn Severin.
Trainer: Kevin Wölk.
Schiedsrichter: Jannek Hansen (TSV Drelsdorf/Ahrenshöft/Bohmstedt).
Assistenten: Morten Dumstrei, Krischan Kropp.
Zuschauer: 150.
Besondere Vorkommnisse: Kaps (65., Oldenburger SV) vergibt Foulelfmeter.
Tore: 0:1 Junge (26.), 1:1 Svirca (29.), 1:2 Junge (48.), 1:3 Finn Severin (62.), 1:4 Junge (65.), 2:4 Zinkondo (80.), 2:5 Junge (86.), 3:5 Zinkondo (90./+2).