Enis Jashari (re., Inter Türkspor), mit guten Szenen im Spiel, wird vom Dornbreiter Sadok-Ämin Amara gestellt. © 2022 Ismail Yesilyurt
Inter Türkspor Kiel – FC Dornbreite Lübeck 3:3 (1:3)
Daniel Marco pustete nach dem Spiel beim seinem Stopp vor dem Gang in den Keller zu den Kabinen noch einmal durch und holte tief Luft. In seinem ersten Spiel für seinen neuen Arbeitgeber (kam von Preußen Reinfeld) war der Schlussmann des FC Dornbreite Lübeck groß beteiligt mit einer exzellenten Leistung am Gewinn eines vor dem Spiel als sehr überraschend eingestuften Punktgewinns mit dem 3:3 bei Inter Türkspor Kiel. 8 Punkte trenn(t)en den Tabellensiebenten aus Kiel und die Marzipanstädter, die nach der Partie in der Landeshauptstadt nun mit 7 Punkten auf Platz 14 den ersten Regelabsteigerplatz belegen
Dabei hatte der FCD-Keeper, der Alexander Ciesler vertrat, noch die zweite Halbzeit frisch vor den Augen. Besonders die 75. Minute. „Wie kann der den reinmachen“, staunte Marco, „der geht so oben rein.“ Da gab es nichts zu halten für den Lübecker Spieler zwischen den Pfosten. Inters vor allem in den zweiten 45 Minuten grandios aufspielender Rezan Acer hatte wieder einmal in seine Freistoß-Trickkiste gegriffen. Aus dem rechten Halbfeld etwas versetzt zum Mittelkreis hin jagte der Kapitän fulminant den Ball auf das Dornbreiter Gehäuse. Nach gut und gerne 35 bis 40 Meter Luftlinie schlug das Leder wie ein Stein im vom Schützen aus gesehen linken Torwinkel zum 3:3 ein.
Trotz aller Bedenken von Dornbreites Co-Trainer Mursel Serin. „Der kann keinen Freistoß schießen. Der trifft nicht“, hallte es über den Kunstrasenplatz. Sekunden später genoss Acer den Jubel von Mitspielern und Fans auf Höhe der Dornbreiter Bank. „Das hätte ich mal nicht sagen sollen“, lachte Serin gut gelaunt zusammen mit Marco nach dem Schlusspfiff über seinen Anreiz, „dann wäre der Freistoß vielleicht nicht reingegangen.“
So kam es doch noch zu einem gerechten Ausgang mit dem 3:3. Auch wenn Inter insgesamt ein Plus an Großchancen aufwies. Der erste Spielabschnitt geht klar an die Gäste, die ordentlich Gas gaben, die zweite Halbzeit gehörte eindeutig den Interisti. Inter Türkspor begann untypisch für ein Heimspiel. Nicht die Kieler, sondern der Gast aus Lübeck zeigte das Pressing mit viel Tempo im Anlaufen und in den Zweikämpfen.
Dornbreite stellte sich als vermeintlicher Underdog nicht hinten rein und defensiv ein, sondern trat sehr mutig auf. „Mit einem Mittelfeldpressing hat uns der Trainer gesagt“, lief FCD-Auswechselspieler Mustafa Salih an der Torauslinie vorbei. Zunächst musste die Elf von Neutrainer Thomas Manthey, der Anfang September den Posten vom entlassenen Sascha Strehlau übernommen hat, eine Schrecksekunde überstehen (4.): Okan Erkocu fährt Weltklasse-Slalom quer im Dornbreiter Strafraum, bleibt aber vor der Ziellinie Daniel Marco mit einem Schuss an einem Abwehrspieler hängen. Später auch Moshood Adesanya (24., 55.) und Ali Kalma (58.) direkt an Daniel Marco.
Vielleicht hätte das schnelle 1:0 für die Heimelf der Mannschaft von Neutrainer Thomas Manthey den Wind aus dem Segel genommen. Fortan stellte sich die Mannschaft vom Steinrader Damm in jeder Aktion schnell, griffig und bissig vor. Allen voran Sadok-Ämin Amara wie ein Terrier wie zu den besten Zeiten von Berti Vogts. Der FCD-Rechtsverteidiger hatte wohl vor dem Anpfiff mindestens eine Dose Energie-Drink ausgetrunken. „Der ist dafür bekannt“, lächelte Keeper Marco. „Er kann aber auch Fußball spielen“, ergänzte Manthey bei seiner Spielanalyse.
Die verdiente Führung für die Gäste deutete sich schon in der ersten Viertelstunde an. Christian Peters im Zentrum aus 8 Metern schrammte, nach einem Freistoß vom Dornbreiter Standardspezialisten David Senghore, im wahrsten Sinne des Wortes um Haaresbreite an einem Kopfball vorbei (9.). Knapp später nach einem gefährlicher Flachschuss, den Inter-Keeper Christoph Zander an die Torraumlinie abwehrt, kann Rinol Lahu den heranlaufenden Lubecco-Gennaio Behrens gerade so noch bedrängen, sodass Dornbreites Nummer 20 den Ball über das leere Tor schießt (17.). Nur wenige Augenblicke danach wehrte Zander die Chance von Lukas Görlitz zur Ecke ab, die das 0:1-Unheil mit sich bringt.
In Koproduktion der beiden Lübecker Innenverteidiger: Eine Senghore-Ecke fällt Steffen Brandt am kurzen Pfosten vor die Füße. Der Defensivspieler trifft im Stile eines Stürmers aus der Drehung mit links ins lange Eck für das Team von Thomas Manthey. Christian Peters erhöht nach einem Blitz-Konter, von Behrens eingesetzt durch die Gasse und mit einem Lupfer über Torwart Zander, sogar zum 2:0.
Den Anschlusstreffer, nach einem Foulspiel von Janek Brandt an Ola Adesanya, beantworteten die Gäste in der Besetzung des 1:0. Eckball Senghore, Brandt köpft unbedrängt im Zentrum ein. Was ist mit Inter los? Die Hansestädter treten in Kiel zwar nicht wie ein aktueller Abstiegskandidat auf, aber Türkspor so ohne Tempo und Kommunikation untereinander? So kennt man die Elf von Liridon Imeri nicht.
Mit einem hochverdienten 3:1 kehren die Lübecker schließlich aus der Kabine zurück auf den Kunstrasenplatz. Und sehen gleich einen Tornado auf sich zukommen. Inter macht Dampf, holt Versäumtes aus der ersten Halbzeit nach und setzt die Dornbreiter gewaltig unter Druck. Chefcoach Imeri bringt mit zwei Wechseln in der Pause frischen Wind mit. Jeppe Waschko rückt auf die Sechs vor, der eingewechselte Tom Schmidtke findet in der Abwehr Platz. Jashari positioniert sich neben Waschko. Die Sturmreihe wird aufgerüstet: rechts Adesanya, im Zentrum Ali Kalma und links Moritz Haye, der in der ersten Halbzeit den verletzten Marin Lorentzen ersetzte. Und dahinter Freigeist Rezan Acer, mit dem die Gastgeber nun mindestens zwei Gänge höher geschaltet haben.
Neben den anfangs erwähnten Großchancen hat unser eingangs erwähnter Held das Glück, dass Moritz Haye einer scharfe Hereingabe von Acer (56.) aus 6 Metern nicht die gewünschte Richtung verleihen kann. Zudem bleibt Adesanya, der sich neben Marco, Amara, Behrens und der Nummer eins Acer in diesem Match in die Top 5 einfügt, ohne Fortune. Nach einer starken Aktion an der Torauslinie im Strafraum trifft der kaum vom Ball zu trennende Stürmer von dort den ersten Pfosten, der Ball rollt dann die Torlinie längs am anderen Pfosten vorbei (74.).
Einzig Enis Jashari (59.) kann in einem Tohuwabohu im Torraum zum 2:3 verkürzen, bevor die Acer-Show zum 3:3 startet. Danach verfällt die Imeri-Truppe seltsamerweise in einen Sättigungsmodus und setzt nicht konsequent genug nach auf den nächsten Treffer. Gegen einen angeschlagenen, aber nie die Ruhe verlierenden Gast. Die haben in der 87. Minute mit einem Pfosten-Treffer von Behrens sogar selbst die Chance auf das 4:3. Mit dem 3:3 trotz 3:1-Führung kann der FC Dornbreite, den Gesichter nach zu urteilen beim Smalltalk nach dem Abpfiff, dennoch besser leben als die andere Seite, die ihr famoses Feuerwerk in Hälfte zwei zu früh beendete.
„Das war aber ein sehr gutes Oberligaspiel“, nickte auch Daniel Marco, bevor er die Treppen runter ging.
Stimmen zum Spiel
Inter Türkspor Kiel: Zander – Erol, Akbaba, Jeppe Waschko, Lahu – Erkocu (46. Kalma), Ibrahimoglu (46. Schmidtke) – Lorentzen (24. Haye), Acer, Jashari – Adesanya.
Trainer: Liridon Imeri.
FC Dornbreite Lübeck: Marco – Amara, Brandt, Senghore, Aynaci (73. Lingstädt) – Akcasu, Mustafa – Behrens, Worreschick, Görlitz (89. Günes) – Peters.
Trainer: Thomas Manthey.
Schiedsrichter: Jannek Hansen (TSV Drelsdorf).
Assistenten: Sönke Paulsen, Jonas Petersen.
Zuschauer: 110.
Tore: 0:1 Brandt (18.), 0:2 Peters (30.), 1:2 Acer (35., FE), 1:3 Brandt (44.), 2:3 Jashari (59.), 3:3 Acer (75.).