VfR Neumünster: Entlassung von Abdul Yilmaz mit Fragezeichen

von Ismail Yesilyurt

Jetzt nicht mehr (vereint) beim VfR Neumünster – Abdul Yilmaz (li.), Co Florian Hamann und Emmanuel Amaoko (re.). © 2021 Ismail Yesilyurt


Die Gerüchteküche ist geschlossen! Die des VfR Neumünster seit dem vergangenen Freitag. Der Spitzenreiter der Landesliga Mitte präsentierte mit Rocco Leeser seinen neuen Coach, der den Traditionsverein in die Oberliga führen soll, und beendete damit alle Spekulationen bei der Trainerfrage.

Höchst überraschender Yilmaz-Rauswurf

Die mehr als überraschende Entbindung vom Ex-Coach Abdul Yilmaz hinterlässt dennoch viele Fragezeichen bei den Beobachtern in ganz Schleswig-Holstein und sorgt(e) für heißen Gesprächsstoff. Der Zeitpunkt, mitten in der Planung für die Vorbereitung auf die äußerst wichtige Restsaison, die Gründe, die sportliche Situation als punktgleicher Spitzenreiter und ein seltsamer Verzögerungseffekt bei der Trainerfindung irritieren etwas. Wenn man alles extrahiert, addiert und subtrahiert, bleibt nur eine logische Folgerung bei der Rechnung. Dazu später mehr. Lassen sie uns zunächst chronologisch die Geschichte um die Yilmaz-Entlassung Revue passieren:

1. Abdul Yilmaz wird am Freitag, dem 13. Januar vom VfR-Vorstand (Klubchef Gerd Grümmer und 2. Vorsitzenden Jan Carstensen) von seinem Amt als Cheftrainer freigestellt.

2. Am Samstagmorgen verbreitet sich die Nachricht dank der engen Vernetzung heutzutage in Lichtgeschwindigkeit in alle Himmelsrichtungen aus Neumünster.

3. Am 14 . Januar zeigen sich Emmanuel Amoako (Sportlicher Leiter) und auch Co-Trainer Florian Hamann solidarisch mit Yilmaz und scheiden freiwillig aus ihren Positionen aus.

4. Zwei Tage später verschickt der VfR Neumünster eine Pressemeldung. Abdul Yilmaz sei freigestellt worden, weil Yilmaz am Anfang der Saison den Vorstand mitgeteilt hat, dass er nach der Spielzeit 2022/23 ein Jahr Pause benötige. Ein neuer Trainer, der das VfR-Team zeitnah übernimmt, soll vorgestellt werden.

5. Am Montag, dem 16. Januar findet ein Gespräch zwischen dem Mannschaftsrat und Vorstand statt. Es soll geklärt werden, wie es weiter geht.

6. Die Mannschaft bekommt nach den Erfahrungen vom Samstag Redeverbot. In Ruhe soll ein neuer Trainer gefunden werden. Marco Stier und Thomas Seeliger sind ernstgemeinte Kandidaten einer Handvoll Kolportierter. Mit Stier kommt man ins Gespräch und zu einer Absage. Der VfR kann seinen offiziellen Start in die Vorbereitung nicht einhalten. Das Testspiel gegen Dänischenhagen (29. Januar) fällt aus.

7. Endlich! Die Verantwortlichen der Rasensportler sind erleichtert, am 3. Februar mit Rocco Leeser einen Nachfolger für Abdul Yilmaz gefunden zu haben. Die Freundschaftsspiele gegen Jevenstedt (05.02.), TSV Bordesholm (07.02.) und Rot-Schwarz Kiel (12.02.) sind oder werden abgesagt. Am 7. Februar findet die erste Trainingseinheit unter dem neuen Trainer statt.

Was bei der vorangegangenen Aufzählung auffällt, ist die Diskrepanz der Ankündigung vom 15. Januar eines neuen Trainers, der sofort übernimmt, und der anschließenden dreiwöchigen Trainersuche. Da stimmte in der Rechnung der VfR-Bosse logisch verfolgt etwas nicht. Wir haben nachgebohrt! Am 16. Januar im Gespräch mit dem Mannschaftsrat sollte der neue Coach installiert werden: Jörg Steinbach! Der sportliche Berater des Vorstandes gehörte Anfang der Saison zu den Co-Trainern in der Liga-Elf. Da es aber zwischen Yilmaz und auch wenigen Spielern zu Reibungspunkten mit dem 63-Jährigen kam, verzichtete der damalige Chefcoach Yilmaz auf eine weitere Zusammenarbeit mit Steinbach.

Veto vom VfR-Team

Nach einem Veto der Mannschaft kamen Grümmer und Carstensen in die Bredouille, die Zukunft des VfR Neumünster nach Yilmaz anstatt mit Steinbach (auf jeden Fall als Interimstrainer bis zum Saisonende) mit einem externen Übungsleiter umzuschreiben. Auch die Gerüchte, dass einige unzufriedene, wenig eingesetzte Spieler beim Vorstand Kritik an der Arbeit von Trainer Yilmaz ausübten, bekam einen festen Boden. Nach unseren Informationen war Steinbach Mentor dieser Akteure. Ob die Spieler oder Steinbach beim VfR-Chef vorstellig wurden, war nicht zu erfahren. So bekommt die Aussage vom ehemaligen 35-Jährigen Ex-Coach, der nach seiner Entlassung in der Presse über einen Putsch sprach, viel Gewicht. Und auch die Tatsache, dass der Sportliche Leiter Emmanuel Amaoko bei der Entscheidungsfindung von der VfR-Chefetage übergangen worden ist.

Abdul Yilmaz (re.) und Jörg Steinbach sitzen im Vorbereitungsspiel gegen den Husumer SV auf der Trainerbank. © 2022 Olaf Wegerich
Abdul Yilmaz (re.) und Jörg Steinbach sitzen im Vorbereitungsspiel gegen den Husumer SV auf der Trainerbank. © 2022 Olaf Wegerich

Abdul Yilmaz mit guter Bilanz

Dabei leistete Yilmaz, der in der Mannschaft sehr beliebt war, gute Arbeit. Auch wenn berechtigt oder nicht, Taktik und zu viel Rotation in der Startformation beanstandet wurden. Der VfR Neumünster steht punktgleich mit dem starken TSV Klausdorf auf Platz eins in der Landesliga Mitte. Die Verantwortlichen sahen den Aufstieg als gefährdet an. Als ein Grund für die Kündigung wurde die Aussage von Yilmaz herangezogen, dass er nach der Saison ein Jahr Pause einlegen möchte. Somit wäre die Entscheidung der VfR-Oberen legitim gewesen. Aber der ehemalige VfR-Spieler sprach von einer Pause bei einem Nichtaufstieg aus der Landesliga in die Oberliga.

Nur Oberliga mit Yilmaz

Wobei das natürlich eine unkluge Aussage war. Wenn z. B. bis zum letzten Spieltag das Kopf-an-Kopf in der Tabelle weitergeht oder es noch einen lachenden Dritten geben kann, gibt es kurz vor dem Saisonende keine Planungssicherheit für die Neumünsteraner. Man weiß bei dieser Konstellation nicht, ob Oberliga mit Yilmaz oder Landesliga ohne Yilmaz. Zu diesem späten Zeitpunkt einen neuen Coach zu verpflichten, ist nicht die korrekte Vorgehensweise.

Amaoko und Yilmaz Glücksgriff für angeschlagene Veilchen

Auf jeden Fall verliert der VfR Neumünster mit Abdul Yilmaz, der außerordentlich viel Zeit investierte, und auch Emmanuel Amoako zwei Mitarbeiter, die den Verein an der Geerdtsstraße in einer seiner schwärzesten Stunde Anfang 2018 übernahmen. Das Duo half den finanziell und sportlich, alle angeheuerten Spieler verließen die Veilchen, am Boden liegenden Verein wieder auf die Beine. Und machte das einstige Neumünsteraner Aushängeschild in den Jahren danach wieder salonfähig. Zwar bot der VfR Neumünster am 13. Januar dem entlassenen Chefcoach eine Tätigkeit im Trainerteam an. Doch der 35-Jährige lehnte die Degradierung vernünftigerweise ab.

Auf Teufel komm raus muss der VfR Neumünster nun wohl aufsteigen! Toi, toi, toi. Ansonsten droht eventuell eine Vielzahl an Abgängen. Das ist nicht so gravierend wie in der Saison 2017/18, wäre aber traurig für den Traditionsverein.

ähnliche Artikel

Consent Management Platform von Real Cookie Banner