Dornbreite schlägt VfR Neumünster mit einfachen Mitteln 4:1

von Helwig Pfalzgraf

Die aktuelle Lage und Performance bereitet dem VfR Neumünster doch schon einige Kopfschmerzen. © 2023 Olaf Wegerich


Auf dem beschaulichen, stimmungsvollen Dornbreiter Platz im Lübecker Ortsteil Schönböcken empfing der einheimische FC den Tabellenletzten VfR Neumünster mit dem allerletzten Aufgebot. FCD-Trainer Thomas Manthey standen gleich 11 Spieler nicht zur Verfügung.

VfR Neumünster mit Neuzugang Sean Vinberg

Sein Gegenüber Rocco Leeser hatte dagegen bis auf den Langzeitverletzten Marcel Stölting alle Spieler an Bord. Neuzugang Sean Vinberg (zuletzt vereinslos, davor Phönix Lübeck) stand gleich in der Startelf. Für ihn rückte Kapitän Kenny Korup aus der Innenverteidigung neben Björn Lambach auf die „6er“-Position.

In der Startphase generiert Rasensport viel Ballbesitz. Das Spiel spielt sich meist zwischen Mittellinie und dem Dornbreiter Strafraum ab. Die Lübecker warten erstmal ab. Bis auf einen Außennetz-Abschluss durch Keenon Erfurth hat der VfR aber keine Chancen zu verzeichnen: netter VfR-Fußball ohne Durchschlagskraft.

Erste Chance, erstes Tor

Nach Ballverlust im Aufbauspiel der Gäste auf deren rechter Seite kommt dann auch mal die Heimelf nach vorne. Eine lange Flanke von links nach rechts ergibt durch energisches Nachsetzen einen Eckball. Den köpft Stand-by-Spieler Marcel Meyer zentral unbedrängt zur Führung ein (18.). Worauf beim Gast die Köpfe runter gehen.

VfR-Slapstick: Pleiten und Pannen

Direkt nach dem Anstoß holt sich Dornbreites Linksverteidiger Harman Said im defensiven Zweikampf gegen seinen Gegenspieler den Ball, wird dann tief in der eigenen Hälfte gefoult. Innenverteidiger Lukas Görlitz schlägt den Ball weit nach vorne links. Da schießen sich zwei Neumünsteraner gegenseitig ab, Said kommt wieder an den Ball, kann unbedrängt flanken: Christian Peters erhöht auf 2:0 (19.). Zweite Flanke, zweites Tor.

Nico Heyden trifft Vincent Janelt am Kopf

Weiter geht es Schlag auf Schlag. Aus dem Anstoß heraus ein langer VfR-Ball in die Spitze, Vincent Janelt legt den Ball per Kopf an Dornbreite-Keeper Nico Heyden vorbei, der beim Abwehrversuch einen Tick zu spät kommt und Janelt am Kopf trifft: gelb für den Keeper, den fälligen Elfmeter verwandelt Volodymyr Pryiomov zum 1:2-Anschluss (21.).

Aller guten Dinge sind für Dornbreite drei

Im Anschluss drängt der Neumünster auf den Ausgleich, aber mehr als Eckenserien kommen dabei nicht heraus. Im Gegenteil! Einer der in dieser Phase wenigen FC-Gegenstöße hat Erfolg. Kurz hinter dem Mittelkreis bekommt der FCD einen Freistoß in zentraler Position zugesprochen. Der Freistoß segelt in den Strafraum, wieder kann der in Eichede ausgebildete Peters den Ball versenken (27.). Unfassbar: Drei Flanken erreichen den Neumünsteraner Strafraum: Alle drei sind drin!

28. Minute: Letzte VfR-Chance

Im Gegenzug dann fast erneut der Anschluss. Nach Erfurth-Flanke von links kommt Pryiomov zum Kopfball, doch Heyden wehrt überragend ab (28.). Danach kam vom VfR Neumünster aber nichts mehr außer Ballbesitzfußball. Für 7:1 Ecken kann man sich nichts kaufen.

Auf Trainer Rocco Leeser und den VfR Neumünster wartet ein steiniger Weg zum Klassenerhalt. © 2023 Olaf Wegerich
Auf Trainer Rocco Leeser und den VfR Neumünster wartet ein steiniger Weg zum Klassenerhalt. © 2023 Olaf Wegerich

Frühe Entscheidung in der 51. Minute

In der Pause wechselt VfR-Trainer Rocco Leeser für die rechte Seite Anderson Magelhaes und den regionalligerfahrenen Murat Rasgele ein. Rasgele hat gleich Pech, kommt gegen Marcel Nagel zu spät: gelb für Rasgele, Elfmeter für Dornbreite. Peters verwandelt souverän (51.) Damit ist die Messe gelesen. Die restliche Spielzeit verläuft so wie die ersten knapp 20 Minuten. Die Leeser-Truppe mit Ballbesitzfußball ohne großen Druck.

Veilchen-Fans gehen vorzeitig

Viele der immer weniger werdenden Allesfahrer unter den VfR-Fans verlassen den Platz lange vor dem Abpfiff. Was selten bis nie vorkommt. Aber heute haben sie genug gesehen. Auch Angehörige und Freunde der aus dem Lübecker und Schweriner Raum kommenden VfR-Spieler, die den VfR Neumünster teils das erste mal sehen, sind entsetzt über die dürftige Team-Vorstellung.

Mit dieser unterm Strich desaströsen und desillusionierenden hohen Auswärtspleite bei einem Abstiegskonkurrenten betoniert Rasensport seinen letzten Platz und taumelt mit einer solchen Leistung sicher dem Abstieg entgegen.

Fazit: Dornbreite reichte die „zweite“ Garnitur, um den VfR Neumünster eindrucksvoll zu schlagen. Man sah überhaupt nicht, dass die Innenverteidigung neu zusammengestellt aus der Not geboren war. Leidenschaft und Bissigkeit ist beim VfR vorhanden. Individuelle Klasse auch. Das war auch heute zu sehen.

Lange Mängelliste

Was fehlt, ist aber ein Plan, ein oder besser mehrere Spielsysteme mit eingespielten Mechanismen. Alles geht deshalb stereotyp und zu langsam. Im Offensivspiel nimmt jeder nochmal den Kopf hoch, um zu sehen, was der andere wohl so macht. Viel zu sehr wird einfallslos hoch durch die Mitte gespielt. Die anschließenden zweiten Bälle werden zu oft nicht geholt, oft schon deshalb nicht, weil die entsprechenden Räume nicht oder zu schwach besetzt sind. Über außen geht kaum was.

Ist man mal an der Seitenauslinie, ist man dort offensiv immer in Unterzahl und man muss wieder hintenrum spielen. Für erfolgreiche Eins-gegen-eins-Aktionen in Gleich-oder Unterzahl scheint hier Qualität zu fehlen. Nur Erfurth kam über links hier mal hin und wieder torgefährlich durch. Hier ist individuelle Klasse nur bei freien Räumen sichtbar, die es aber durch zu wenig Bewegung im Offensivsiel und den durch permanenten eigenen Ballbesitz fehlenden Konterraum viel zu wenig gibt.

Gefälliger One-touch-Fußball: Viel mehr als letztes Jahr, alle können es im Prinzip. Zumindest ohne Gegenerdruck in den ungefährlichen Zonen zwischen den Strafräumen.

Gegenseitige Fehler ausbügeln: heute absolute Fehlanzeige. Eine Stärke der anderen Oberligateams, wo jeder für jeden kämpft und jeder genau weiß, wann und wo welcher Patzer des Nebenmanns gleich kommen kann und nur darauf brennt, diesen dann auszubügeln (in Perfektion: Hohenwestedt, Eckernförde, Satrup…). Beim VfR weiß aber keiner, dass sein Mitspieler gleich pennen könnte und man das dann ausbügeln muss. Heute bei den Gegentoren exemplarisch zu sehen. Da nutzt es dann auch nichts, wenn ansonsten defensiv in der eigenen Hälfte durch individuelle Klasse gefühlt 99% der Zweikämpfe gewonnen wird.

Viele sehr ähnliche Spielertypen

Das aktuelle Schlusslicht der Flens-Oberliga verfügt über zahlreiche starke, ballsichere Defensiv- und Aufbauspieler. Z.B. Lambach, Korup, Janelt, Kahlcke, dazu jetzt noch Vinberg, die alle eine gute bis hervorragende sichere Spieleröffnung haben. Was dagegen fehlt, sind die Anschlussspieler, die danach das Spiel weiter nach vorn forcieren und auch mal den tödlichen Pass spielen können. Keenon Erfurth kann ein solcher Mann sein, ist aber auf seiner Linksaußenposition viel zu wenig ins Spiel eingebunden (im Gegensatz zum letzten Jahr bei VfB Lübeck II). Einziger wirklich torgefährlich Zielspieler vorne ist Pryiomov – viel zu wenig.

FC Dornbreite Lübeck: Heyden – Amara (93. Avetisan), Görlitz, Stöver, Mustafa – Said, Worreschck, Nagel, Meier (88. Hermann) – Peters (77. Schließer), Günes.
Trainer: Thomas Manthey.

VfR Neumünster: Aphrem – Neca (46. Rastele), Latifi, Vinberg, Kahlcke – Korup, Lambach – Güzel (46. Magelhaes), Janelt (75. Gashi), Erfurth – Pryiomov.
Trainer: Rocco Leeser.

Schiedsrichter: Tim Jeschkeit (Gettorfer SC).
Assistenten: Simon Schmeling, Jesper Rieckmann.
Sehr gute Leistung, lagen bei beiden Foulelfmetern trotz jeweiligen Diskussionsbedarfs der betroffenen Teams absolut richtig.

Zuschauer: 165.

Tore: 1:0 (18.) Meier, 2:0 (19.) Peters, 2:1 (21., Foulelfmeter) Pryiomov, 3:1 (27.) Peters, 4:1 (51., Foulelfmeter) Peters.

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