Nach Ausfall von Kevin Schulz ist VfR Neumünster Eidertals Marionette

von Helwig Pfalzgraf

Torhüter Erich Gründemann vom VfR fängt einen Ball ab. Louis Schütt (Eidertal) lauert schon. © 2024 Olaf Wegerich


Bei angenehmen äußeren Bedingungen empfing Rasensport Neumünster in der heimischen Grümmi-Arena den Aufsteiger aus Molfsee. Bei den Hausherren war nach zwei Wochen Verletzungspause Kevin Schulz wieder dabei, der zuletzt in Flensburg in der Zentrale schmerzlich vermisst wurde.

Die Gäste mussten auf den erneut im Training verletzten Mirko Schöning verzichten. Der zuvor schon lange verletzt gewesene Mittelfeldspieler hatte am vorigen Wochenende beim 3:1-Sieg gegen Preußen Peinfeld seine Oberligapremiere gefeiert. Aus der Stammelf fehlte Marco Wiegand, für den auf der „Sechs“ der frühere Todesfelder Meeno Bröker heute sein Startelfdebüt feierte. Nach zwei Wochen Urlaub war auch Rechtsverteidiger Johannes Kristen, der so stark in die Saison gestartet war, noch nicht wieder in der ersten Elf. Auf rechts verteidigte Livius Höckendorff, für ihn rückte Christian Alberts neben Tobias Foelster in die Innenverteidigung.

Die Eidertaler Elf von Trainer Patrick Herrmann begann selbstbewusst. Als Tom Wüllner den schnellen Luca Aouci in den freien Raum schickte, war dieser schneller als Gegenspieler Nicola Prom, nahm aber zu früh das Tempo raus und scheiterte an Eric Gründemann im VfR-Tor, der wieder den Vorzug vor Christopher Newe erhielt (10.). „Da war ich mir zu sicher, dass ich den reinmache, ich habe ja gerade einen Lauf“, so der gut aufgelegte Aouci nach dem Match. Wenig später schoss VfR-Innenverteidiger Kenny Korup im Aufbau Louis Schütt an, der Ball prallte zu Wüllner, der einschoss. Doch Schiri Jan-Christian Meyer sah zum Glück für die Heimelf ein Handspiel Schütts, der Treffer (13.) zählte nicht. Schütt war „not amused“.

Doch auch die Veilchen waren plötzlich im Spiel. Hinten sicher im Aufbau und zweikampfstark, mit viel Tempo in den Aktionen. Die rechte VfR-Seite mit den beiden starken, schnellen Japanern Rin Yoshimatsu und Riku Degushi bereitete das 1:0 vor. Degushis lange Flanke von rechts rutschte durch, halblinks frei schoss Ola Adesanya zum 1:0 ein (21.). Zehn Minuten später wurde ein langer Ball Korups von Christopher Kramer verlängert, Adesanya war halblinks wieder durch und erzielte gegen Mika Mohr im SpVg-Tor das 2:0. Auch danach war Rasensport besser und dem dritten Tor näher als Molfsee dem Anschlusstreffer. So ging es mit einem verdienten 2:0-Pausenstand in die Halbzeit.

Riku Deguschi (VfR) gegen Fynn Mortensen (re., Eidertal). © 2024 Olaf Wegerich
Riku Deguschi (VfR) gegen Fynn Mortensen (re., Eidertal). © 2024 Olaf Wegerich

In der Halbzeit musste Kevin Schulz passen und ausgewechselt werden, was für die Heimelf fatale Folgen hatte. Zwar verpasste Sterling Watring (48.) zunächst knapp das 3:0, doch danach riss der Faden bei den Veilchen komplett. Nach der vielleicht besten Halbzeit der Saison folgte nun das Gegenteil. Bei den Gastgebern war ab sofort, wie schon in Flensburg, das Mittelfeldzentrum gegen den Ball quasi nicht mehr präsent. Wüllner (50.) scheiterte zunächst noch am Innenpfosten.

Nach 52 Minuten fiel dann der Anschlusstreffer für Molfsee. Trainer Imeri forderte lautstark, klar hinten rauszuspielen, doch ein Spieler machte das Gegenteil. Er vertändelte leichtsinnig in Straßenfußball-Manier genau gegen die Anweisung des Trainers an der eigenen Grundlinie den Ball gegen die pressenden Aouci und Wüllner. Aoucis Flanke konnte Christoph Kahlcke für den VfR noch in höchster Not vor Schütt klären, doch der zweite Ball landete postwendend 35 Meter vor dem Tor wieder bei den nun das Zentrum komplett beherrschenden Eidertalern. Meeno Bröker legte rechts raus auf den cleveren Wüllner, der den ungestüm attackierenden Prom mit dessen eigenen Mitteln schlug und fair abprallen ließ. Prom ging durch seine eigene Energie zu Boden und räumte dabei auch gleich den zu Hilfe eilenden Adesanya ab. Zwei VfR-Spieler umgerannt am Boden, Wüllner war durch, spielte abgezockt an Gründemann vorbei, Schütt hielt den Fuß rein: sein 138. Punktspieltreffer für Eidertal. Wie cool, clever und abgezockt von Wüllner!

Eidertals Rekordtorschütze Louis Schütt gegen Murat Rasgele (li., VfR) . © 2024 Olaf Wegerich
Eidertals Rekordtorschütze Louis Schütt gegen Murat Rasgele (li., VfR). © 2024 Olaf Wegerich

Schon bevor nach 62 Minuten der starke Yoshimatsu mit Gelb-Rot nach einem Zweikampf mit – natürlich – Wüllner vom Platz musste, herrschte beim VfR zunehmende Konfusion. Unnötige Ballverluste und Fouls häuften sich. Eines dieser Fouls kurz nach der Gelb-Roten Karte führte zu einem Freistoß, den Wüllner lang auf den zweiten Pfosten brachte. Dort unterlief Deguchi den Ball, Leon Lembke kam zum Schuss, der Ball prallte vom Pfosten auf den schnell einrückenden Wüllner, der ins leere Tor schob – 2:2 (63.). Wenig später scheiterte Livius Höckendorff nach einer Ecke am stark reagierenden Gründemann (67.).

Auch beim 2:3 (72.) leistete der VfR kräftige Mithilfe. Nach einem Eidertaler Einwurf in Höhe der Mittellinie wurde geschlafen, Marcel Wasielewski spazierte durchs Zentrum, wobei sich zwei Rasensportler gegenseitig behinderten. Der Ball kam halblinks zu wem? Natürlich zu Wüllner, der sich gegen drei Eidertaler durchsetzte und den Ball auf den halbrechts freien Aouci spielte, der frei vor Gründemann aus fünf Metern vollendete.

Tom Wüllner (am Ball, Eidertal) gegen Christoph Kahlcke (VfR). © 2024 Olaf Wegerich
Tom Wüllner (am Ball, Eidertal) gegen Christoph Kahlcke (VfR). © 2024 Olaf Wegerich

Der VfR bäumte sich noch einmal auf, doch bis auf eine Flanke von Hendrik Wehde, die an die Latte prallte (76.), kam man zu keinen Chancen. Zwar versuchte Imeri noch einmal alles, stellte auf Dreierkette um und opferte dafür den eingewechselten Wehde zugunsten des offensiven Ilir Serifis, doch das brachte nichts mehr.

Im Gegenteil, beim Gegentor zum 2:4 zeigte sich der VfR in bedenklicher Auflösung. Eidertal steckte rechts auf Schütt durch, dessen Gegenspieler schlichtweg stehen blieb. Schütt ging zur Grundlinie, legte zurück auf den eingewechselten Marvin Blümke, der ganz cool zum 2:4 einschob (85.) – sein 131. Punktspieltreffer seit 2012 für Eidertal. Er wurde gebührend gefeiert. Leider kam die Oberliga gerade für den 35-jährigen Blümke und den 30-jährigen Louis Schütt, die das Angriffsspiel der Molfseer über mehr als ein Jahrzehnt prägten, spät – aber nicht zu spät, um auch hier ihre Tore zu erzielen.

Zwar konnte Rasensport nach einem umstrittenen Foulelfmeter (Leif Celik soll seinem Gegenspieler auf den Fuß getreten sein) durch Kramer nochmals verkürzen, doch letztlich blieb es in einem denkwürdigen Spiel beim Eidertaler Sieg – den ersten Oberligapunkten auf fremdem Geläuf.

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