Christopher Newe (VfR Neumünster) packt sicher zu. © 2024 Olaf Wegerich
Bei herrlichem Herbstwetter trafen auf dem hervorragenden Rasenplatz an der Fockbecker Chaussee in Rendsburg Aufsteiger TuS Rotenhof und der VfR Neumünster zum Oberligaduell aufeinander.
Fußballhochburg Rendsburg: Rotenhof füllt Vakuum
Wie ausgehungert die Rendsburger Region nach hochklassigem Amateurfußball ist, zeigen die hohen Zuschauerzahlen des Neulings. Heute waren es wieder 350 Zuschauer, obwohl die Nachbarn OTSV und Jevenstedt gleichzeitig ebenfalls Heimspiele hatten und der eigene Fanclub (die zweite Mannschaft) selbst spielte. Rendsburg ist traditionell eine Fußballhochburg. In den frühen 1970er-Jahren dominierten der zweimalige Landesmeister RTSV und Ortsrivale BTSV die damalige Schleswig-Holsteinische Landesliga, seinerzeit die dritte Spielklassenebene des DFB. Und in der ersten Dekade des jetzigen Jahrtausends sorgte die FT Eider Büdelsdorf vom Heisterort um Macher Reinhard Kuhr für Furore – bis 2011/12 spielte man in der Schleswig-Holstein-Liga.
Wiedersehen mit dem VfR
Zuletzt und auch zum bisher einzigen Mal standen sich die Teams in der Oberliga-Aufstiegsrunde vor 17 Monaten am 24.5.2023 in der Neumünsteraner Grümmi-Arena gegenüber. Damals siegte der dann bei Tor- und Punktgleichheit mit Rotenhof aufgrund des gewonnenen Elfmeterschießens und des direkten Vergleichs aufgestiegene VfR mit 4:2. Seitdem hat es im Kader der Veilchen bereits zweimal radikale Umbrüche gegeben. Nur Sportdirektor Rocco Leeser, Keeper Christopher Newe, Defensiv-Allrounder Christoph Kahlcke sowie das Betreuungsteam um Manuela Götze sind als Konstanten der Aufstiegsmannschaft übrig geblieben.
Aber auch der ein Jahr später souverän aufgestiegene TuS Rotenhof hat seitdem sein Gesicht verändert. Nicht so spektakulär und heiß diskutiert wie beim VfR, aber doch deutlich. Aus der damaligen Elf standen heute nur Leon Rathmann, Kapitän Felix Knuth, Kenneth Traulsen, Jan Pioch und der seinerzeit verletzte Dennis Bienwald sowie der damals wie heute auf der Bank sitzende Johannes Kaak im aktuellen Kader. Felix Gersteuer fehlte heute verletzt.
Heute war aufgrund des Tabellenstands und der aktuellen starken Form das Team des Gastgebers Favorit, auch wenn die Veilchen am letzten Sonntag das Neumünsteraner Traditionsduell gegen den PSV Neumünster gewonnen hatten. Trainer Liridon Imeri und Interims-Coach Enrico Klüver konnten heute aus dem Vollen schöpfen; Routinier Kevin Schulz, aus einer Verletzung zurückgekehrt, sowie Rückkehrer Kastriot Alija standen heute ebenfalls in der Startelf.
TuS-Trainer Hans-Hermann Lausen vertraute heute auf Tobias Quincke im Tor, der den Vorzug vor dem Ex-Wiker Justin Sörensen erhielt. Neben Sörensen und Gersteuer fehlte aus der Stammelf auch Christian Schrum.
Rasensport dominiert die erste Halbzeit
Zur Verwunderung vieler Zuschauer übernahm der Gast aus Neumünster selbstbewusst und souverän schnell die Spielkontrolle. Nach einem Schuss von Schulz erzielte Ola Adesanya zunächst ein Abseitstor (10.). Danach begann die stärkste Phase der Veilchen.
Kastriot Alija wirbelt
Die offensiv eingestellten Rotenhöfer boten viele Räume, die der ballsichere VfR weidlich nutzte. Der schnelle Alija wurde halblinks in den Raum geschickt, kam aber vor Quincke ins Straucheln und wurde noch abgedrängt (15.).
Nach einem Foul an Christopher Kramer schlug Murat Rasgele einen Freistoß lang auf den zweiten Pfosten. Kramer legte den Ball per Kopf in die Mitte, Schulz behauptete mit aller Routine den Ball und steckte durch auf Rin Yoshimatsu, der aus der Drehung in Gerd-Müller-Manier vollendete – 0:1 (17.).
Nach 24 Minuten ein langer Ball wieder von rechts von Rasgele in die Spitze auf Alija, der sich gegen beide Innenverteidiger durchsetzte und auch noch Quincke umkurvte. Der Winkel war jedoch äußerst spitz geworden; Bienwald konnte den Ball noch von der Linie kratzen. Nur zwei Minuten später startete Rasgele ein Solo, zielte aber aus 16 Metern zu hoch.
Bis dahin hatte Rotenhof noch gar nicht stattgefunden. Nach 30 Minuten allerdings holte Kenneth Traulsen gegen den ungestüm zu Werke gehenden Yoshimatsu hart an der Strafraumgrenze einen Freistoß heraus. Mats Henke brachte den Ball aus spitzem Winkel scharf und flach vors Tor, der Freund und Feind passierte und haarscharf am langen Pfosten vorbei ins Aus ging. Erst jetzt fand die Lausen-Elf besser Zugriff zum Spiel, auch Newe im VfR-Gehäuse wurde jetzt gut beschäftigt.
Rotenhof wird klassisch ausgekontert
Der TuS versucht jetzt viel über die rechte Seite, schiebt hoch. Eine Flanke kommt, Newe pflückt sie souverän herunter und verlagert das Spiel sofort auf die andere Seite, wo Rasgele viel Platz hat. Der schickt Alija in den freien Raum, der wieder alle abhängt und frei vor Quincke noch einmal auf Adesanya ablegt, der trotz spitzem Winkel keine Mühe hat, das leere Tor zu treffen. Traumtor, 0:2 (39.).
In der 45. Minute dann nach einer Henke-Flanke von rechts eine Kopfballchance für Florian Kuklinski, doch der Ball ist etwas zu hoch. Kuklinskis Kopfball geht links am VfR-Tor vorbei. So geht es mit einem für die Veilchen hochverdienten Zwei-Tore-Vorsprung in die Pause.
2. Halbzeit: Mika Flindt kommt, Rotenhof fightet sich zurück
Lausen reagiert zur Halbzeit und bringt Mika Flindt für den früheren Hohenwestedter Felix Ploog, der es auf Linksaußen gegen Kahlcke sehr schwer hatte. Und man merkt der Heimelf sofort an: „Wir wollen!“ Die ersten fünf Minuten der zweiten Hälfte spielen sich in der Neumünsteraner Hälfte ab. Doch der erste Konter der Veilchen ist fast erfolgreich.
Adesanya und Alija scheitern an Quincke…
Über die starke rechte Seite wird der VfR-Konter zunächst unterbunden, doch Kahlckes schneller Einwurf zu Alija leitet der weiter zu Adesanya, dessen 16-Meter-Flachschuss jedoch an Quincke scheitert (51.). Wenig später findet beim nächsten Konter auch Alija in Quincke seinen Meister (55.). Doch damit hat die Imeri-Elf ihr Pulver fürs Erste verschossen.
…aber dann kommt die Lausen-Elf
Nun jedoch übernimmt die Heimmannschaft zunehmend das Kommando. Immer seltener kann sich der VfR befreien; oft bleibt nur noch der schmucklose Befreiungsschlag. Richtige Großchancen springen zunächst für die Heimelf jedoch nicht heraus. Ein Tor scheint nur noch eine Frage der Zeit.
Dem TuS läuft die Zeit davon, Kuklinski an den Pfosten
Doch genau diese Zeit läuft dem Team um den jetzt immer mehr das Mittelfeld beherrschenden Kapitän Felix Knuth davon. Zwar bringt man den Gast oft in arge Verlegenheit, die VfR-Außenverteidiger können längst nicht mehr alle Flanken unterbinden. Zunächst verpasst Kuklinski nach einer Sierks-Flanke von links knapp, und am langen Pfosten grätscht der eingewechselte Justin Engemann den Ball aus Nahdistanz Zentimeter vorbei. Dann klatscht auch der Kuklinski-Schlenzer von der 16-Meter-Linie nur an den Pfosten (81.).
VfR mit breiter Bank – Patrick Amponsah mit dem 100. Oberligaeinsatz für Rasensport
In den letzten Minuten stabilisiert sich Rasensport jedoch wieder. Liridon Imeri und Co-Trainer Enrico Klüver stellen trotz oder gerade durch viele Wechsel eine gewisse Stabilität her. Als der starke Schulz mit Oberschenkelproblemen raus muss, ersetzt ihn der 40-jährige Patrick Amponsah, der vor 14 Tagen nach 13 Jahren Unterbrechung wieder für Rasensport aufgelaufen war. Er kam heute zu seinem 100. Oberligaspiel für den VfR. Und als sich der Gast über links befreit und Nicola Prom im freien Raum den heute sehr starken Alija findet, entscheidet dieser frei vor dem diesmal chancenlosen Quincke das Spiel – 0:3 (87.).
In der Schlussphase ist Rasensport dann dem vierten Tor näher als Rotenhof dem Ehrentreffer. VfR-Kapitän Kenny Korup, heute hinten Fels in der Brandung, zwingt Quincke mit einem 20-Meter-Knaller zu einer Glanzparade. Schließlich hat auch Yasim Diler für den Gast noch eine Riesenchance. Der gerade eingewechselte U19-Akteur läuft frei auf Quincke zu, dessen harter Schuss aus Nahdistanz jedoch pariert wird. Ein 4:0 für den Gast wäre dann allerdings auch deutlich zu hoch gewesen.
Fazit: Die Bäume wachsen beim Aufsteiger nicht in den Himmel. Und die Veilchen zeigen, wozu das Team mit voller Kapelle imstande ist.
Stimmen zum Spiel
TuS Rotenhof: Quincke – L Rathmann, Bienwald, Pioch, Sierks – N.-O. Lehmann – Henke, K. Traulsen (66. Engemann,) Knuth, Ploog (46. Flindt) – Kuklinski (85. Kaak).
Trainer: Hermi Lausen.
VfR Neumünster: Newe – Kahlcke, Korup, Yoshimatsu, Prom – Rasgele, Mehmeti (73. Serifi), Schulz (76. Amponsah), Adesanya (69. Ljulic) – Alija (88. Diler), Kramer (92. Deyhan).
Trainer: Liridon Imeri.
Schiedsrichter: Sven Erik Asmussen (TSV Altenholz).
Assistenten: Jannik Prodzinski, Anton Kausch.
Zuschauer: 350.
Tore: 0:1 (17.) Yoshimatsu, 0:2 (39.) Adesanya, 0:3 (87.) Alija.