VfB gegen Phönix – Eine Zeitreise durch die Derbygeschichte

von Redaktion Youkick

Am Samstag ist Derbytime im Stadion Lohmühle. Der VfB erwartet Phönix im Lübecker Stadtduell. Neben der „normalen“ Brisanz in diesem Derby wird sicherlich die Tatsache viel Feuer erzeugen, dass die Gastgeber als Tabellennachbar mit einem Sieg den Tabellenfünften hinter sich lassen können. Autor Christian Jessen, ehemaliger Pressesprecher des VfB hat einen umfassenden Rückblick auf dieses fesselnde Derby in seinem Buch „VfB Lübeck – Ein Jahrhundert Fußballgeschichte in der Hansestadt“ geworfen:

In den ersten Jahren war es noch keine Rivalität, in den letzten Jahren war es keine mehr. Doch rund 60 Jahre lang elektrisierten die Duelle zwischen Phönix Lübeck und dem VfB bzw. seinem Vorgänger Polizei die gesamte Stadt. Die „Adlerträger“ gegen die „Grünen“ – selbst wenn es in Freundschaftsspielen gegeneinander ging, strömten insbesondere in den 1940er- bis 1960er-Jahren die Massen auf die Lohmühle oder an die Travemünder Allee. „Zu meiner Zeit waren Derbys nicht die Spiele gegen Holstein Kiel. Eine richtige Rivalität gab es eigentlich nur mit Phönix“, erinnert sich Jürgen Brinckmann, der in seinen Liga-Jahren zwischen 1958 und 1975 auch eine Vielzahl an Stadtderbys absolvierte. „Auf dem Platz ging es dabei immer richtig zur Sache. Aber hinterher sind wir immer gut miteinander ausgekommen.“

Regelmäßig folgten auf die Stadtderbys auch gemeinsame Essen. Wer verloren hatte, musste bis zum nächsten Derby mit den Sprüchen und dem Spott der anderen Seite rechnen. Das galt auch für die Anhängerschaften beider Vereine. „Diese Spiele waren auch in der Stadt immer ein großes Gesprächsthema“, sagt Jan-Peter Iden, zur gleichen Zeit wie Brinckmann beim VfB ein Dauerbrenner im Phönix-Trikot. „Die Massen haben wir ansonsten nicht angezogen. Das muss man ehrlich sagen. Da war beim VfB immer mehr los“, bekennt er. „Aber bei den Derbys waren bei uns auch mal 12.000 und an der Lohmühle 15.000 Leute.“

Um die Rolle als Nummer eins in der Stadt ging es seit Ende der 1920er-Jahre. In dieser Zeit war der LBV Phönix die führende Kraft nicht nur in Lübeck, sondern auch im Bezirk, der damals – die Hansestadt war noch eigenständig – auch Mecklenburg mit Rostock und Schwerin umfasste. Der Verein existierte als solches erst seit dem 15. April 1924, als sich der SV Phönix (die ausgegliederte Sport-Abteilung der Lübecker Turnerschaft) und der Lübecker Ballspiel-Verein, 1921 als Nachfolger des im Ersten Weltkrieg aufgelösten Pioniervereins Lübecker Ballspiel-Club, zum LBV Phönix zusammen schlossen. Zwischen 1925 und 1931 konnte den „Vereinigten“, wie sie damals auch genannt wurden, niemand das Wasser reichen. In der Norddeutschen Meisterschaft feierten die „Adlerträger“, die seit 1920 auf dem ehemaligen Flugplatz-Gelände an der Israelsdorfer Allee ihre Heimat hatten, 1927 ihren größten Erfolg, als sie in der Endrunde mit Holstein Kiel, dem Hamburger SV, Kilia Kiel und Hannover 96 nur gegen den HSV ein Spiel verloren und am Ende Platz drei belegten. Namen wie Pentzin, Gareis, Bohnsack, Dörr oder Groth prägten diese Ära.

Dabei hatte der Phönix immer den Ruf, der etwas elitäre Verein zu sein. Seinen Ursprung hatte das in den Gründerjahren, als der Seminar FC (aus dem die LT-Sportabteilung wurde) nur angehende Lehrer als Mitglieder aufnahm – zu Zeiten, als der Weg zum Abitur nur verhältnismäßig wenigen begabten und meist gut situierten Schülern offen stand, war das zweifellos eine elitäre Auswahl. Zwar gab es im LBV Phönix derartige Vorschriften nicht. Doch die Sportler aus der gebildeten Schicht landeten noch Jahrzehnte lang eher beim Phönix, der an den Lübecker Oberschulen mit Lehrern wie Friedrich Burwick, Paul Gareis oder Paul Kruse auch stets Talente anwarb. Im Vergleich zum VfB und dessen Vorgängern, deren Mitglieder sich im eher einfachen Stadtteil St. Lorenz vor allem aus der Arbeiterschaft und der unteren Beamtenschicht rekrutierten, hatte der LBV in seiner Heimat in St. Gertrud auch räumlich eher den Zugang zum Bildungsbürgertum.

Und so hatten die Duelle zwischen beiden Vereinen auch von Beginn an noch ein wenig den Charakter von Klassenkampf: Einfaches Volk gegen gut situiertes Bürgertum.

Das erste Spiel in der Derby-Historie war noch eines ohne besonderen Wert: Am 18. Mai 1924 hatte sich die noch zweitklassige SV Polizei die soeben „Vereinigten“ zum Polizei-Sportfest eingeladen. Der LBV Phönix gewann dieses erste Duell beider Vereine mit 5:2 (3:2). „Der LBV Phönix führte ein ansprechendes Spiel vor, das besonders nach der Halbzeit zu gefallen vermochte. Die Polizei gefiel durch ihren Eifer“, lautete die Einordnung der Lübecker Sportzeitung. Dass sich die Nummer eins der Stadt herausgefordert fühlte, begann mit dem vierten Vergleich beider Vereine am 30. Juni 1928. „Lübeck steht Kopf“, hieß die Schlagzeile der Lübecker Sportzeitung, nachdem die Polizisten den Meister mit 6:1 (2:1) in die Schranken gewiesen hatten. Drei Tore von „Nucke“ Heitmann, zwei von „Natzki“ Steffens und eines von Emil Erikson besiegelten vor 1000 Zuschauern auf dem Kasernenhof die wohl bis heute größte Sensation der Lübecker Stadtderbys. Das sogleich vereinbarte Revanchespiel lieferte am 2. September 1928 das andere Extrem: Nun war die Phönix-Elf in Galaform und fertigte die Polizisten auf dem Flugplatz gleich mit 13:1 (5:0) ab – der bis heute höchste Sieg in einem Duell der beiden Vereine.

Das erste Punktspiel ging im Januar 1929 überraschend an die Polizei – der 3:2-Erfolg war jedoch nichts wert, weil die Meisterschaftsrunde abgebrochen wurde. Bis 1931 behielten die Phönixer ansonsten noch ihre führende Rolle. Die Wachablösung brachte die Saison 1931/32, in der die SV Polizei und der LBV Phönix Kopf an Kopf um die Meisterschaft stritten. „Die Polizei darf das Lob für sich in Anspruch nehmen, gegenwärtig als die beste unserer Vaterstadt zu gelten“, stellte der Lübecker General-Anzeiger fest, nachdem die Polizisten am 25. Oktober 1931 erstmals einen Auswärtssieg gegen den Rivalen errungen hatten. Das Rückspiel (0:0) zog mit 5000 Zuschauern so viele an wie kein anderes Derby vor 1945.

Zwar verpasste der LBV Phönix 1933 die Qualifikation für die neue Gauliga. Doch die Rivalität blieb. Obwohl nun erstmals eine Klasse tiefer, wurde die Polizei-Elf vom LBV 1933 zwei Mal geschlagen (6:5, 8:1). In fast jeder Saison traf man sich auch nach dem Wiederaufstieg der Phönixer zu Freundschaftsspielen, die auf beiden Plätzen für gute Kulissen sorgten. Die Polizisten behaupteten bis in die Kriegsjahre die Rolle als Nummer eins in der Stadt. Von den Punktspielen in der Gauliga gewannen die LBV-Kicker auch keines. Das änderte sich erst wieder in den letzten Kriegstagen, als beide Vereine ihre Stammkräfte kaum einmal zur Verfügung hatten. 1943/44 sahen vier Derbys hintereinander Phönix als Sieger, ehe die SG Ordnungspolizei das letzte Punktspiel mit 5:1 für sich entschied. Am 8. April 1945 trafen beide Vereine sogar noch zu einem Freundschaftsspiel zusammen, das Ergebnis ist nicht überliefert.

6:6 hieß es hingegen nur wenige Monate später im ersten Spiel im besetzten Deutschland. Beide Vereine waren offiziell noch nicht wieder gegründet, als Fußballer beider Seiten in einem Spiel auf dem Burgfeld dokumentierten, dass die sportliche Rivalität auch die veränderten politischen Verhältnisse überdauern würde. In den ersten Nachkriegsjahren trafen sich beide Vereine überwiegend auf der Lohmühle. Hier erhoffte man sich dank der Tribünen den größeren Zuschauerzuspruch – der im Krieg beschädigte Platz an der Travemünder Allee verfügte bis 1957 über keinerlei Ausbau für Besucher. Zwischen 3000 und 8000 Fans kamen zu den Freundschaftsspielen in jenen Jahren, als der VfB die Vorherrschaft als Oberligist behauptete – der LBV Phönix spielte durchweg in der höchsten Klasse Schleswig-Holsteins, wo man nach dem Abstieg des VfB auch gegeneinander spielte. Am 8. April 1951 zog das Punktspiel zwischen beiden Vereinen erstmals eine fünfstellige Zuschauermenge (12.000) an. Während in den Freundschaftsspielen der Sieger auch immer mal wieder Phönix hieß, verlor der VfB mit einer Ausnahme 1951 in den ersten 16 Nachkriegsjahren kein Punktspiel gegen den Rivalen. 1955/56 landete Phönix dank eines Punktabzugs für den VfB erstmals wieder vor der Lohmühlen-Elf.

Die heißesten Duelle gab es dabei, als beide Mannschaften in der Saison 1957/58 erstklassig wurden. Gemeinsam hatte man am 2. Juni 1957 den Oberliga-Aufstieg gefeiert. 17.000 Zuschauer sahen am 8. September 1957 das erste Duell in Norddeutschlands höchster Spielklasse, das der VfB mit 1:0 gewann. Im Rückspiel gab es vor 14.000 Zuschauern an der Travemünder Allee ein 1:1. Doch am Ende der Saison hatte der VfB sportlich den Kürzeren gezogen. Weil der LBV Phönix im letzten Saisonspiel kurz vor Schluss nach einem 0:2 noch ein 2:2 gegen Bremerhaven holte (einige VfBer unterstellen bis heute, dies sei nicht mit rechten Dingen zugegangen) und der VfB in Altona verlor, rangierte der Rivale einen entscheidenden Zähler vor den Grün-Weißen, die erstmals seit 1929/30 wieder eine Klasse tiefer als Phönix antreten mussten. Auch in anderer Beziehung hatte der LBV dem alten Rivalen den Rang abgelaufen: Seit dem 17. Dezember 1957 stand im Stadion an der Travemünder Allee eine der ersten Flutlichtanlagen Norddeutschlands. Mit der Option von Abendspielen tat sich Phönix fortan leichter, attraktive Spitzenteams aus anderen Regionen (Schalke 04, BC Augsburg, Borussia Dortmund, Hamburger SV u.a.) nach Lübeck zu holen. Auch der VfB mietete sich einige Male auf dem Flugplatz ein – unter anderem auch für das Jubiläumsspiel 1969 gegen den VfB Stuttgart, das allerdings wegen Nebels abgebrochen wurde.

Nach dem Wiederaufstieg behaupteten sich die Grün-Weißen wieder für einige Jahre als Nummer eins in der Stadt. 20.000 Zuschauer auf der nun hinter den Toren ausgebauten Lohmühle und 15.000 auf dem Flugplatz bildeten in der Saison 1959/60 – vermutlich für ewige Zeiten – die beiden bestbesuchten Stadtderbys, die beide vom VfB gewonnen wurden. Tagelang kannten die Fußballfreunde in der Hansestadt in jenen Jahren kein anderes Thema, wenn die beiden Aushängeschilder aufeinander trafen. Auch die Prominenz war immer vertreten: Stadtpräsident Werner Kock ließ sich in seiner Amtszeit kein Derby entgehen, Bundestrainer Sepp Herberger schickte meist seinen Norddeutschland-Experten Klaus-Peter Kirchrath, in den 1960er-Jahren gaben sich auch regelmäßig Bundesliga-Trainer (z.B. Schorsch Knöpfle oder Branko Zebec) bei Lübecker Derbys die Ehre. Dass man auch beim NFV die Spiele zu den brisantesten der Saison zählte, belegen die Ansetzungen der Schiedsrichter. 1960 schickte der Verband sogar gleich drei Hamburger DFB-Unparteiische (Basedow, Schulenburg, Spiewak), die das Lübecker Derby im Gespann leiteten. Zu Zeiten, in denen ansonsten die Linienrichter aus der Umgebung des Heimvereins kamen, war das eine kleine Sensation.

Eine solche waren auch Spielerwechsel zwischen den beiden Lübecker Traditionsvereinen. Die rund 4,5 Kilometer zum Rivalen weiterzuziehen, war für in ihren Vereinen groß gewordene Akteure kaum vorstellbar. Aus einem Phönixer einen echten VfBer machen oder umgekehrt – unmöglich. Entsprechend selten waren solche Wechsel lange Zeit. 1938 heuerte Polizei-Torjäger Fritz Buthmann beim Rivalen an, ebenso wie zuvor junge Talente wie Bernhard Winter oder Walter Holm. Namhafte Spieler, die von Phönix zum VfB wechselten, gab es erst in den Nachkriegsjahren mit Jürgen Blöß, Karl-Heinz Barkentien oder Kurt Müller, bei denen meist die sportliche Perspektive den Ausschlag gab. Auf seine alten Tage ging VfB-Sturmlegende Karl Wenzel als 36-Jähriger noch den umgekehrten Weg. Erst in späteren Jahren tauchten auch vermeintliche Phönix-Urgesteine wie Lothar Hinrichs oder Jochen Aido (kurzzeitig) mal beim VfB auf. In den 1970er- und 1980er-Jahren gehörten Spielerwechsel zwischen beiden Vereinen schon eher zur Normalität – auch wenn beide Vereine dann regelmäßig um Ablösesummen feilschten. Dass die langjährigen Phönixer Reinhold Ertel und Peter Nogly oder der langjährige VfBer Manfred Bomke jeweils den Rivalen erfolgreich trainierten, erleichterte den Akteuren diese Wechsel.

Nach einem kurzen Tief der „Adlerträger“ in den frühen 1960er-Jahren lebte die Rivalität mit dem Phönix-Aufstieg 1967 wieder auf. Mit Trainer Ertel, dem fußballverrückten Medizin-Professor Gerhard Ohlenroth und dem umtriebigen Horst Rothschädel an der Spitze der Abteilung sowie zahlreichen jungen Talenten um Hinrichs oder Nogly wuchsen die Phönix-Kicker, die sich nach internen Streitigkeiten 1971 vom LBV lossagten und als 1. FC Phönix Lübeck ein eigenständiger Verein wurden, wieder zu einem Konkurrenten um die Vorherrschaft in der Stadt heran. 13.200 Zuschauer waren neugierig auf das erste Derby auf norddeutscher Ebene seit über sieben Jahren, das zu Beginn der Saison 1967/68 an der Travemünder Allee mit 1:1 endete. Auch das zweite Derby in dieser Saison blieb ohne Sieger, am Ende der Saison hatte der LBV Phönix als Sechster aber nicht nur die Position als Nummer eins in Lübeck, sondern sogar in ganz Schleswig-Holstein inne.

Im Sommer 1968 wurde zum ersten Mal wieder eine inoffizielle Stadtmeisterschaft zwischen beiden Rivalen ausgespielt, um einen vom Sport Megaphon gestifteten Pokal, der später in Konsul-Ehrlich-Pokal umbenannt und zwischen allen Lübecker Vereinen ausgespielt wurde. Am 8. Juni 1968 endete auch der dritte Vergleich remis, diesmal sogar nach 120 Minuten. Der VfB behielt aber im erstmalig ausgetragenen Elfmeterschießen die Oberhand. Von den fünf Endspielen um diesen Sport-Megaphon-Pokal gewann der VfB vier, nur 1972 siegte der 1. FC Phönix.

In den Punktspielen hatte der VfB ansonsten meistens weiter die Nase vorn. Als der 1. FC Phönix 1972 einmal mit 4:2 gewann, war dies erst der dritte Pflichtspiel-Erfolg gegen die Grün-Weißen nach dem Krieg. Nur 1951 und 1961 waren Derbysiege an den Außenseiter gegangen.

Trotz aller Rivalität: In Zeiten, als bei beiden Vereinen das Geld knapp war und die geplante 2. Bundesliga lockte, war 1973 sogar eine Fusion nicht ausgeschlossen. Die Vorstände hatten sich entsprechend bereits angenähert. Die Spielgemeinschaft VfB/Phönix war trotz des Widerstands vieler Fans und auch der alteingesessenen Spieler auf beiden Seiten bereits so gut wie beschlossen, ehe die DFB-Statuten dies unmöglich machten. So verpassten beide Vereine die Zweitklassigkeit; und als das feststand, erlebte der Flugplatz am 5. Mai 1974 mit 861 Besuchern die traurigste Punktspiel-Derbykulisse aller Zeiten.

In der Saison 1974/75 spielte der 1. FC Phönix letztmalig eine Klasse höher als der VfB, stieg aber aus der Oberliga ab. Die Derbys auf viertklassiger Ebene in der Saison 1976/77 waren aber wieder von echter Brisanz. 8091 Zuschauer auf der Lohmühle und 6034 auf dem Flugplatz zahlten Eintritt, als beide Mannschaften um die Oberliga-Aufstiegsrunde kämpften. Die alten Zeiten flackerten letztmalig so richtig auf, als nach dem VfB auch Phönix den Oberliga-Aufstieg geschafft hatte. 7468 zahlende Besucher an einem kalten Dezembertag ließen richtige Derby-Stimmung aufkommen – und ausgerechnet in dieser Saison, als die „Adlerträger“ sang- und klanglos in die Verbandsliga abstiegen, endete die Negativserie in Punktspiel-Derbys. 2:1 auf der Lohmühle und 4:1 im (bereits bedeutungslosen) Rückspiel – alle vier Punkte klauten die Phönixer dem VfB, der mit diesen vier Zählern auf dem Konto die Zweitliga-Aufstiegsspiele gegen den Berliner Meister erreicht hätte.

Fortan begegneten sich beide Vereine nur noch in den Jahren der gemeinsamen Viertklassigkeit. Hier waren die Duelle beider Teams zwar stets auch Saisonhöhepunkte. Doch an den Andrang und die Brisanz früherer Jahre kamen sie nicht mehr heran. Bemerkenswert war noch die Saison 1985/86, als der 1. FC Phönix – jeweils durch ein Tor des späteren VfBers Ingo Meyer – beide Punktspiele mit 1:0 für sich entschied und am Ende auch vor den Grün-Weißen landete. Es war das letzte Mal. Derby-Brisanz gab es letztmalig am 15. Mai 1988, als sich der VfB vor 2600 Zuschauern durch zwei Tore in den letzten beiden Minuten mit einem spektakulären 7:5-Erfolg endgültig die Aufstiegsrunde sicherte. Ein Jahr später – an der Travemünder Allee war ein spürbarer Aderlass und der Abgang von Trainer Bomke verzeichnet worden – bildeten zwei 5:0-Siege des VfB die letzten beiden Punktspiel-Derbys. Der 1. FC Phönix stieg ab und wurde bis auf Bezirksebene durchgereicht.

Ein letztes Mal für lange Zeit flackerte anschließend Derby-Stimmung durch Lübeck, als der in die Oberliga Hamburg/Schleswig-Holstein aufgestiegene 1. FC Phönix im Bezirkspokal-Endspiel 1994 gegen den VfB mit Trainer Michael Lorkowski (übrigens ein Ex-Phönixer) antrat. 3200 Zuschauer – so viele wie seit 1978 nicht mehr – sahen an der Travemünder Allee jedoch einen klaren 5:0-Erfolg des Regionalligisten.

Jahrelang prägende Lohmühlen-Gesänge wie „Alle Adler beißen, nur der Phönix-Adler nicht“ gerieten anschließend mehr und mehr in Vergessenheit. Der VfB musste um die Vorherrschaft in der Stadt nicht mehr kämpfen. Beim 1. FC Phönix war man bereits froh, wenn man Punktspiele gegen die VfB-Zweite bestreiten konnte, in einer Kreisliga-Saison hatte man es sogar mit der Dritten der Grün-Weißen zu tun.

In den letzten Jahren jedoch ist der Adler wie Phönix aus der Asche wieder empor gestiegen. Seit 2020 gehören die Adler wieder der vierthöchsten Spielklasse an und Spiele um Punkte oder ums Weiterkommen im Landespokal gehören fast wieder zum Lübschen Fußballalltag. Acht Pflichtspiele, fünf in der Regionalliga und drei im Landespokal, folgten seitdem. Vier VfB-Siege, drei Unentschieden und ein Erfolg für die Adler im Landespokal der vergangenen Saison komplettieren die Bilanz. Das lange Zeit nicht für möglich gehaltene 150. Stadtderby dürfte in der kommenden Saison somit Realität werden.

Quelle:


ähnliche Artikel

Consent Management Platform von Real Cookie Banner