Hurra-Fußball ohne Defensive: VfR Neumünster 3:5 gegen Nordmark Satrup

von Helwig Pfalzgraf

Gefühlvoll trifft Volodymyr Pryiomov (VfR Neumünster) zum 2:1. © 2023 Olaf Wegerich


Was für ein Fußballspiel! Wieder mal schenkte der VfR Neumünster durch indiskutable Abwehrfehler die Punkte her.

Vincelt Janelt bleibt auf der Bank

Im Vorfeld Verwunderung bei den zahlreichen VfR-Fans darüber, dass der in den beiden letzten Spielen so überzeugende Vincent Janelt nur auf der Bank saß. Für ihn begann der heute gewiss nicht schlechte aber bald gelb-rot gefährdete Zinedine Hukporti neben Björn Lambach auf der Doppel-Sechs. Für den angeschlagenen Geart Latifi rückte Karim Kalota in die rechte Innenverteidigung.

Attraktives, gutes Oberligaspiel mit 50-Meter-Tor von Björn Lass

Satrup beeindruckte von Beginn an mit schnörkellosen, stabilen Männerfußball. Rasensport hielt aber im Duell der Aufsteiger gut dagegen. Ein kapitaler Abspielfehler Kalotas ermöglichte dann Björn Lass einen 50-Meter-Schuss ins leere Tor, da Christopher Newe als zusätzliche Anspielstation für die Aufbauspieler weit vor seinem Tor stand (19.).

Adam Mami bereitet Ausgleich vor

Der VfR zeigt sich davon jedoch wenig beeindruckt. Der “10er” Adam Mami zeigt zweimal seine Stärke. Mami ist mit Platz ein hervorragender Außenstürmer mit viel Tempo. Erst links durch: Pryiomov scheitert nach seiner Flanke noch knapp. Dann rechts durch: Lambach verwertet seine Vorarbeit zum Ausgleich (24.). Danach bestimmt zunehmend Rasensport das Spiel, Satrup bleibt aber mit Lass, dem schnellen Christoph Ottsen und Mats Petersen immer gefährlich. Vor Newe brennt es zweimal noch lichterloh, er muss zwei Glanzparaden hinlegen. Der Gast kommt vor allem über die eigene linke Angriffsseite über Petersen immer wieder bis zur Grundlinie durch, Nick Neca hat alle Füße voll zu tun.

Paul Waterhues macht das Tornetz kaputt

In Führung geht aber doch die Leeser-Elf. Ein 25 Meter-Pass von Lambach auf Sturmtank Volodymyr Pryiomov kommt durch, dessen Heber bringt die Führung (43.). Beim Rettungsversuch von Paul Waterhues geht das Tornetz kaputt. Daraufhin pfeift Schiedsrichter Malte Göttsch ab, die noch fehlenden drei Minuten werden nach der Halbzeit nachgeholt, bevor es dann ohne weitere Pause zum Seitenwechsel kommt.

Denkwürdige zweite Halbzeit: Lass und Ottsen machen alles klar

Nach der Pause geht dem VfR Neumünster die Spielkontrolle zunächst abhanden. Und Nordmark kommt sofort zu guten Chancen, wieder meist über links mit einfachen langen Bällen. Ein Presschlag zwischen dem nun mehr über links kommenden Ottsen und Korup klatscht an den langen Pfosten. Doch als Ottsen auf der linken Seite nur Geleitschutz bekommt und in Ruhe flanken kann, trifft erneut Lass im entschiedenen Nachsetzen zum Ausgleich (58.).

Veilchen schnüren Satrup ein

Doch danach bestimmt wieder zunehmen der VfR das Spielgeschehen. Phasenweise wird Satrup wie im Handball jetzt eingeschnürt. Emirkaan Güzel kommt auf der rechten Außenbahn für Serifi, bringt viele Flanken, die der gute Jan Matthiesen im Nordmark-Tor aber meist gekonnt wegfischt. Richtige VfR-Chancen gibt es nur wenige. Meistens, wenn ruhig und abgeklärt gespielt statt übereifrig und überhastet auf die individuelle Schnelligkeit gesetzt wird. Im Nachsetzen bekommt Christoph Kahlcke einen zweiten Ball, schiebt quer auf den eingewechselten Janelt, der nach Doppelpass mit Pryiomov an der Kante des 16ers gefoult wird. Den Freistoß verwandelt Kenny Korup zum 3:2 (82.). Doch danach, zusätzlich verschärft von Newes kapitalem Bock, der einen eher harmlosen Freistoß des Ex-Husumers Finn Christiansen zum 3:3 durch die Hände flutschen lässt (86.), zeigt sich nun wieder die ganz große Schwäche des VfR Neumünster

Rasensport kann nicht verwalten

Verwalten geht nicht. Wie schon gegen Inter Türkspor schmeißt man noch die Punkte weg. Wie Verwalten geht, ist dem VfR am letzten Wochenende dabei vom Oldenburger SV vorgemacht worden: Zeit von der Uhr nehmen mit allen Mitteln, Ball halten, sich foulen lassen, lange liegen bleiben bis der Arzt kommt, auswechseln.

Mats Petersen (li., Satrup) vs. Björn Lambach (VfR Neumünster). © 2023 Olaf Wegerich
Mats Petersen (li., Satrup) vs. Björn Lambach (VfR Neumünster). © 2023 Olaf Wegerich

Gastgeber zu risikoreich

Stattdessen: risikoreiche, mit Ballverlust endende hektische Aktionen. Der Ball kann nicht vom eigenen Tor weggehalten werden. Man scheint gegen den Ball plötzlich nur noch 8 Mann zu haben: zu wenig! Ein 10er, der jetzt mal den Ball hält und beruhigt, ist nicht vorhanden. Nur die erfahrenen Leute beim VfR wissen, was jetzt zu tun ist – zu wenige. Die langen Bälle auf die Satruper linke Angriffsseite, die der Gast nun verstärkt bevorzugte, werden nicht unterbunden und auch immer weniger gut verteidigt. Es wird nicht entschieden zum Ball gegangen, das gegenseitige defensive Coaching fehlt in weiten Teilen des Teams, die ganz wichtigen defensive Zweikämpfe werden vermehrt verloren. So fällt das 3:4 (89.) In dieser Phase fehlen dem jetzt hinten teilweise total schwimmenden Neumünsteranern abgekochte und erfahrene Kämpen wie z.B. Arian Jashari oder Jonas Schomaker, die man meinte, nicht mehr zu benötigen.

Fazit: Dem TSV Nordmark Satrup genügte eine durchschnittliche Leistung, um fünf Tore zu machen und drei Punkte mitzunehmen. Dabei war VfR-Keeper Newe bis zu seinem Bock zum 3:3 schon vielbeschäftigt und verhinderte noch manchen weiteren Treffer. Der VfR Neumünster wird mit einer punktuell so schwachen Abwehrleistung keine Punkte in der Oberliga machen. Individuelle Fehler bei zusätzlicher mangelnder Grundeignung zur Defensivarbeit zu vieler Akteure sind auch mit zweifellos vorhandener Spielkultur nicht wettzumachen. Das Spiel sieht zwar deutlich besser aus als letztes Jahr, dafür schießt der Gegner aber die Tore. Die fehlende Vorbereitungszeit wirkt sich zur Zeit fatal aus.

VfR Neumünster: Newe – Neca, Kalota, Korup, Kahlcke – Hukporti (49. Janelt), Lambach – Serifi (60. Güzel), Mami, Erfurth – Pryiomov.
Trainer: Rocco Leeser.

TSV Nordmark Satrup: Mathiesen – P. Waterhues, T. Hansen, Brieskorn, Falke – Karlshünimg (63. Goos), Christiansen – C. Nielsen (49. C. Reimer), Laß (93. L. Petersen), M. Petersen (43. Sellmer) – Ottsen (89. B. Reimer).
Trainer: Bernd Hansen.

Schiedsrichter: Malte Göttsch (TuS Hartenholm).
Assistenten: Luca Ruben Paasch, Marc Olaf Delling.

Zuschauer: 453.

Tore: 0:1 Lass (19.), 1:1 Lambach (24.), 2:1 Pryiomov, (43.), 2:2 Lass (58.), 3:2 Korup (82.), 3:3 Christiansen (86.), 3:4 Ottsen ( 89.), 3:5 Hansen (91., Foulelfmeter).

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