Schmerzhafter Zweikampf für Christoph Ohm (TuS Rotenhof) gegen Ikem Ugoh (Holstein Kiel II). © 2025 Ismail Yesilyurt
Kiel. Was für ein Fußballkrimi im Citti-Fußball-Park! Der TuS Rotenhof war am Sonntag drauf und dran, dem großen Favoriten Holstein Kiel II eine bittere Heimpleite zuzufügen. Lange Zeit stutzten die Gäste aus Rendsburg den Störchen die Flügel – doch in der Nachspielzeit drehte der Tabellenzweite mit zwei späten Treffern das fast schon verlorene Spiel und rettete sich noch zu einem 2:2-Unentschieden.
Rotenhof eiskalt – Struck und Kuklinski treffen
Von Beginn an war klar: Der Tabellenzwölfte aus Rotenhof kam nicht nach Kiel, um sich hinten reinzustellen und die Punkte kampflos abzugeben. Auch wenn die Vierer-Kette oft ein Mitglied mehr aufnahm. Stattdessen erwischte das Team von Henning Knuth einen Traumstart. Nach einem schnellen Umschaltmoment über die rechte Seite durch Mats Henke kam der Ball zu Florian Kuklinski, der sich gut durchsetzte und diagonal auf die linke Seite vor dem Strafraums passte. Felix Struck stand frei, zog kurz nach innen und traf mit einem platzierten Flachschuss ins kurze Eck.

Holstein tat sich schwer, Tempo und Struktur in den eigenen Ballbesitz zu bringen. Zwar hatte die Weiße-Elf deutlich mehr Spielanteile, doch echte Torchancen blieben bis auf wenige Ausnahmen Mangelware. Ali Abdulla bekam in der 24. Minute die erste sehr gute Möglichkeit, als Keeper Krause an einen hohen Ball nicht rankam und Jark Decker den Ball an die Strafraumgrenze rausköpfte.
Doch der Abschluss des Kielers ging knapp am rechten Pfosten vorbei. Kurz vor der Pause musste Rotenhof tief durchatmen. Erst wurde eine Direktabnahme von Luca Prasse am Torraum durch Jan Pioch abgeblockt (39.), dann klatschte ein Schuss von Leon Parduzi (45.+1) an den kurzen Außenpfosten. Glück für die Gäste, die nach einer eigenen Chance in der 36. Minute ihre knappe Führung in die Kabine retteten.

Nach dem Seitenwechsel schien Rotenhof sogar die Vorentscheidung zu schaffen: Über rechts zog Mats Henke davon, flankte präzise in die Mitte, wo Florian Kuklinski in Mittelstürmerposition per Kopf das 0:2 erzielte (51.). Es war der Lohn für eine disziplinierte, aggressive und leidenschaftliche Defensivarbeit verbunden mit dem Quäntchen Glück bei den wenigen Spotlights der Störche in der gegnerischen Box.
Knuth: „Da muss man den Hut vor allen Spielern ziehen“
TuS-Coach Henning Knuth war trotz des späten Ausgleichs voll des Lobes für seine Mannschaft „Ja, am Ende ist es ein Punkt, den wir bei Holstein Kiel II holen und der wahrscheinlich am Ende der Abrechnung noch ganz viel wert sein wird oder wert sein kann. Das, was wir heute gespielt haben, da muss man ja wirklich den Hut vor allen Spielern von uns ziehen. Das war ja wirklich toll mit anzusehen, wie leidenschaftlich, diszipliniert und aggressiv wir dort verteidigt haben.“

Und weiter: „Wir konnten Holstein da richtig vor Probleme stellen. Ich glaube, dass Holstein heute auch nicht den allerbesten Tag hatte – aber dann musst du als Mannschaft da sein und das für dich nutzen. Am Ende haben wir einen Punkt geholt und sollten das auch richtig, richtig einordnen wissen.“
Dabei mussten die Rendsburger mit der Hiobsbotschaft umgehen, dass Keeper Tobi Quincke beim Aufwärmen sich das Außenband gerissen hatte. Da auch Stammtorwart Justin Sörensen aufgrund einer Verletzung nicht dabei war, bekam Ennio Krause, der im Kreisliga-Team erst 15 Gegentore eingefangen hat, seine Premiere in der Oberliga. Die man im Nachhinein als sehr gelungen bezeichnen darf.

Weiße verärgert: „Nicht an unsere Leistungsgrenze gekommen“
Holstein-Trainer Willi Weiße sprach nach dem Abpfiff von einem glücklichen Punktgewinn – und einem insgesamt enttäuschenden Auftritt seines Teams: „Ja, am Ende müssen wir froh sein, dass wir noch einen Punkt gewinnen durch die zwei späten Tore, weil wir natürlich davor einen maximal schlechten Spielverlauf für uns haben. Wir sind einfach nicht an unsere Leistungsgrenze gekommen, im Ballbesitz zu langsam gewesen und haben nicht die nötige Intensität im Freilaufverhalten gezeigt – einfach auch den Gegner wirklich ja, nachhaltig wehzutun.“

Eine Flanke nach der anderen segelte in der zweiten Halbzeit in die Rotenhofer Box, gefühlt 100. Doch dort fehlte im Zentrum bis zum Ende der regulären Spielzeit der Schlüssel. Erst als Willi Weiße in der Schlussphase auf eine zentrale Doppelspitze mit dem eingewechselten Laurynas Kulikas und Jorden Winter umstellte, erhöhte sich der Druck merklich. Auch wenn die Jungstörche den Druck erhöhten, lief ihnen die Zeit davon – bis in die Nachspielzeit hinein.
Späte Kieler Erlösung durch Jorden Winter und Luca Prasse
In der 92. Minute gelang Jorden Winter der Anschlusstreffer zum 1:2. Jetzt wackelte Rotenhofs Defensive erstmals an diesem Nachmittag. Und dann kam die 95. Minute: Nach einem Zweikampf im Strafraum ging Lenny Borges zu Boden – Schiedsrichter Jannek Hansen zeigte auf den Punkt. Luca Prasse blieb eiskalt und verwandelte den Elfmeter zum 2:2-Endstand.
Weiße brachte es anschließend auf den Punkt: „Unterm Strich war es dann ja eigentlich gegen den Ball und mit dem Ball nicht das, was wir spielen können. Und deswegen sind wir darüber dann auch maximal unzufrieden.“ Der Kieler Trainer bezeichnete das 2:2 trotz des glücklichen Endspurts als „zwei verlorene Punkte“. Wohl war im Rennen um den sofortigen Wiederaufstieg in die Regionalliga Nord mit Blick auf die Tabelle! Der Rückstand auf Tabellenführer SV Todesfelde, der im Topspiel gegen den SV Eichede zu einem 1:1 kam, beträgt weiterhin vier Punkte.
Fazit
Holstein Kiel II rettet in allerletzter Sekunde einen Punkt, während TuS Rotenhof nach einer überragenden kämpferischen Leistung mit halbleeren Händen dasteht – zumindest gefühlt. Denn was die Gäste auf den Platz brachten, war ein Paradebeispiel für Leidenschaft, Disziplin und Teamgeist. Der Punktgewinn dürfte im Abstiegskampf noch Gold wert sein.
Stimmen zum Spiel
Holstein Kiel II: Rothenhagen – Medlin, Petersen, Lückner (77. Rüzgar) – Ugoh (71. Kulikas), Koc, Abdulla (46. Von Esebeck), Parduzi – Boelter (46. Borges), Prasse – Winter.
Trainer: Willi Weiße.
TuS Rotenhof: Krause – Ohm (57. Braun), Pioch, Decker, Sierks – Rathmann, Knuth – Henke (72. Kenneth Traulsen), Grothkopp (78. Flindt), Struck (90. Schrum) – Kuklinski (80. Gersteuer).
Trainer: Henning Knuth.
SR: Jannek Hansen (TSV Drelsdorf) mit einer sehr guten Spielleitung.
Ass.: Jacob Sühl, Rasmus Kleinert-Clausen.
Z.: 277 – davon ein Drittel Rotenhofer Fans.
Tore: 0:1 Felix Struck (15.), 0:2 Florian Kuklinski (51.), 1:2 Jorden Winter (90.+2), 2:2 Lucas Prasse (90.+5, FE.).
