Sportvorstand Sebastian Harms (li., VfB Lübeck), hier bei der Ehrung für Tommy Gruße (mitte), zieht eine positive Zwischenbilanz. © 2022 Olaf Wegerich
Eine Halbserie ist gespielt, der VfB Lübeck ist Herbstmeister der Regionalliga Nord. Zeit für ein erstes Zwischenfazit. Sportvorstand Sebastian Harms ordnet den bisherigen Saisonverlauf aus VfB-Sicht ein und blickt kurz auf das Spiel gegen seinen früheren Verein Hamburger SV II am Freitag voraus, für das inzwischen rund 5.600 Karten abgesetzt worden sind.
Sebastian Harms, wie fällt ein Zwischenfazit zur Halbzeit der Regionalliga-Saison aus?
Hätte man mir vor der Saison gesagt, dass wir mit drei Punkten Vorsprung Herbstmeister werden und nur zwei Spiele verlieren, hätte ich das damals gerne unterschrieben. Wir haben eine gute Halbserie gespielt, bis vor dem Spiel gegen Havelse war es sogar eine sehr gute. In den letzten drei Spielen haben wir etwas von unserem Vorsprung eingebüßt. Aber ich bin absolut überzeugt, dass sich die Mannschaft da schnell wieder herausarbeiten wird, so wie sie es in den bisherigen schwierigen Situationen sehr gut geschafft hat.
Was waren die Schlüsselmomente dafür, dass die Mannschaft bislang insgesamt die Erwartungen erfüllen konnte?
Es gab verschiedene Phasen, in denen jeweils wichtige Schritte gemacht wurden. Zuerst natürlich die Vorbereitung, in der mit 14 neuen Spielern schnell eine richtig gute Einheit gewachsen ist, in der Kabine und auf dem Platz. Der Sieg gegen Hansa Rostock als Abschluss dieser Phase hat den Glauben und das Selbstvertrauen erheblich gestärkt. Anschließend hatten wir sehr gute Wochen, waren in den Spielen meist sehr effektiv, haben unterschiedliche kleine Rückschläge sehr gut weggesteckt und uns eine gute Mentalität erarbeitet. Nachdem wir erstmals zwei Spiele in Folge nicht gewonnen hatten und das 1:1 gegen St. Pauli II eine erste Enttäuschung war, fiel die Reaktion darauf mit vier gewonnenen und meist guten Spielen sehr stark aus. Auch auf die erste Niederlage in Flensburg hat die Mannschaft hervorragend reagiert mit zwei überzeugenden Siegen. Und ich gehe davon aus, dass es nach der Niederlage in der letzten Woche ähnlich sein wird.
Drei Spiele ohne Sieg werden von außen schon als kleine Krise bezeichnet. Wie ordnest Du diese Spiele ein?
Es ist normal, dass es solche Phasen in einer Saison gibt. Und man muss die Spiele auch für sich betrachten. Gegen Havelse konnten wir mit der Leistung nicht zufrieden sein. Es war das einzige Spiel, in dem man nach dem 1:0 und dem frühen Platzverweis das Gefühl hatte, dass wir uns zu sicher waren, das Spiel zu gewinnen. Das wird in dieser Liga eben bestraft. Diesen Lerneffekt nimmt die Mannschaft mit. In Jeddeloh beim Tabellenzweiten war ein Unentschieden in Ordnung. Wir haben uns das Leben dort anfangs selbst schwergemacht, aber in der zweiten Hälfte eine starke Reaktion gezeigt. Gegen Norderstedt hatten wir einige starke Phasen, in denen es genügend Chancen gab, das Spiel zu gewinnen. Ein ähnliches Spiel haben wir zu Saisonbeginn gegen Hannover klar gewonnen, weil wir in diesem effektiver waren. Insofern muss man die Ergebnisse und Leistungen immer differenziert betrachten.
Das Ende einer Halbserie ist auch ein Moment, wo schon eine Zwischenbilanz bezüglich der Zusammenstellung der Mannschaft angebracht ist. Wie fällt die aus?
Wir sind auch in dieser Beziehung zufrieden. Dass wir gute Fußballer geholt haben, davon waren und sind wir überzeugt. Es hat sich aber auch erwiesen, dass die Charaktere menschlich gut harmonieren. Der eine oder andere hat sicherlich noch Steigerungspotenzial, genau wie es den einen oder anderen gibt, der sich sehr positiv entwickelt hat. Vielleicht ist es auch gut, dass nicht alles von einem Einzelnen abhängt. Wir sind als Mannschaft schwer ausrechenbar. Viele Spieler haben schon Tore erzielt, wir kommen auch auf unterschiedlichen Wegen zu Torerfolgen. Und wenn beispielsweise Jungs wie Mats Facklam oder Kimmo Hovi, die beide schon einige wichtige Momente für unser Team hatten, im Gegensatz zum Sommer noch eine komplette Vorbereitung absolvieren, haben beide das Potenzial, noch einmal einen zusätzlichen Schritt nach vorn zu machen.
Welchen Anteil haben Trainer Lukas Pfeiffer und sein Team an der bisherigen Entwicklung?
Einen großen. Das gesamte Trainer- und Funktionsteam ist dafür verantwortlich, dass die Jungs als Gruppe so gut zusammengewachsen sind. Dazu haben wir uns im Sommer ja auch rund ums Team gezielt verstärkt, im Bereich Athletik- und Torwarttraining ebenso wie durch die Kooperation mit Ole Wulfs Physiotherapie-Praxis. Das zahlt sich aus. Auf dem Platz hat Lukas Pfeiffer viele gute Entscheidungen getroffen. Auch seine Wechsel haben das Spiel oft noch entscheidend beeinflusst. Die fußballerische Qualität, die die einzelnen Spieler mitbringen, ist dabei das eine. Aber die Ansprüche, die jeder einzelne hat, dann auch regelmäßig in positive Energie umzuwandeln, ist nicht selbstverständlich.
Wie beurteilst Du die Tabellensituation in der Liga zur Halbserie?
Wir haben im Verlauf der Saison gesehen, dass nahezu alle Mannschaften in der Liga über die Qualitäten verfügen, es den Spitzenteams wie uns schwer zu machen. Wenn wir nicht unsere optimale Leistung auf den Platz bringen, können wir gegen viele Mannschaften Punkte lassen, aber das geht den anderen Mannschaften genauso. Umgekehrt haben auch die meisten Mannschaften es bisher nicht geschafft, ihre Top-Leistung konstant anzurufen. Insofern haben wir jetzt hinter uns ein Verfolgerfeld von vier, fünf Mannschaften, die man im Blick haben muss. Der Schlüssel wird aber auch weiterhin sein, dass wir konstant punkten und nicht so sehr schauen, was die Konkurrenz macht.
Welche Bedeutung hat das Spiel gegen den HSV II am Freitag?
Es ist ein Spitzenspiel, und es wäre natürlich sehr schön, wenn wir es gewinnen, um einen der größten Konkurrenten weiter zu distanzieren. Der HSV verfügt über große individuelle Qualität, vor allem in der Offensive. Die versucht die Mannschaft einzusetzen und spielt nicht wie eine typische U21 ausbildungs-, sondern eher ergebnisorientiert. Es wird eine interessante Partie. Aber die Saison wird nicht in diesem Spiel entschieden.
Der Zuschauerrekord für die Regionalliga könnte fallen. Auch das wäre ein gutes Signal, oder?
Auf jeden Fall, denn es zeigt, dass der VfB in der Region wieder positiv wahrgenommen wird. Unsere Fans haben uns in der gesamten Saison bislang hervorragend unterstützt, gerade auch in Momenten, in denen es nicht optimal lief. Wir freuen uns sehr, wenn diese Basis weiter wächst und viele Zuschauer, die bislang nicht regelmäßig im Stadion waren, künftig häufiger unsere Gäste sind.
(Quelle: Christian Jessen/ PM VfB Lübeck)