Philip Kunert (Eutin) gegen Jan Lippegaus (VfR Neumünster). © 2025 Olaf Wegerich
Bei besten äußeren Bedingungen trafen am Sonntag in der schick frisch herausgeputzten Grümmi-Arena Rasensport Neumünster und Eutin 08 aufeinander. Beide Teams hatten zuletzt Pleiten einstecken müssen. Während Eutin zuhause am Waldeck der Zweitligareserve von Holstein Kiel chancenlos 0:4 unterlag, kassierte der VfR im Derby eine 1:3-Niederlage beim PSV.
Cornelius-Startelf gesprengt
Bislang hatte VfR-Trainer Danny Cornelius in allen drei bislang absolvierten Oberliga-Partien die gleiche Startelf aufbieten können. Doch heute musste er auf Ilir Serifi verzichten. Für Serifi rückte Jordan Marquardt in die Startelf.

Eutin mit ganz starken 15 Minuten
Wer gedacht hatte, die Veilchen würden als Hausherren ihrer heutigen Favoritenrolle von Beginn an gerecht werden, wurde schwer enttäuscht. 08, von Dennis Jaacks hervorragend auf den Gegner eingestellt, übernahm sofort das Kommando auf dem Platz und agierte drückend überlegen. Folgerichtig ging man nach 14 Minuten in Führung. Wobei der pomadig auftretende VfR kräftig mithalf: Ballverlust im Aufbau, Eutin flankt, innen ist Tim Schüler am kurzen Pfosten vor Nick Neca am Ball – 0:1.
„Wir dachten, wir sind Barcelona oder Bayern …
… und es läuft nach dem von allen gehypten Saisonstart von alleine“, erläuterte VfR-Trainer Danny Cornelius im Nachhinein. „Ganz schlecht, eine absolut schlechte Halbzeit“, so Cornelius im anschließenden Fantalk. Naja, ganz so schlimm war es dann doch nicht. Christoph Kahlcke (17.) schickte Kastriot Alija lang, der war durch, wurde am 16er von Fatlum Zymberi gelegt. Nur Gelb. Innen stand Lukas Schultz bei wohlwollender Interpretation noch halbwegs auf gleicher Höhe, hätte aber die Vmax von Alija nie und nimmer mitgehen können. Glück für Eutin. Den Freistoß donnert Kenny Korup in die Mauer.

Kahlcke verletzt – Übeltäter Golovanski kommt mit Gelb davon
In der 22. Minute wird Eutins Ausnahmemittelstürmer Leon Dippert im Mittelkreis angespielt. Hart bedrängt von Kahlcke verliert er den Ball an den Rasensport-Innenverteidiger. Eutin reklamiert vehement auf Foulspiel. Schiri Ole Andreas Schulz lässt weiterspielen, Kahlcke spielt Adesanya an – und wird von dem bisher völlig unbeteiligten Max Golovanski abgeräumt. Klassisches Revanchefoul. Kahlcke bleibt liegen, muss verletzt raus – warum Golovanski für diese Aktion nur Gelb bekommt, bleibt unklar. Der Ball war schon lange ganz woanders, der Kontrahent muss verletzt runter.
Kahlcke nahm den Übeltäter nach Spielschluss sogar in Schutz: „Er gibt mir halt eine mit, als der Ball schon lange weg ist. Eigentlich nicht schlimm, aber unerwartet. Er kam direkt von hinten, ich habe ihn nicht gesehen, hatte schon lange abgespielt und keine Körperspannung mehr, bin dadurch umgeknickt.“ – Die Diagnose steht noch aus. Kahlcke humpelte mit Gehhilfen aus der Grümmi-Arena.

Riesenchance für Marquardt, Gelb-Rot für Fatlum Zymberi
Cornelius bringt Sturmroutinier Christopher Kramer für Kahlcke (22.), stellt hinten auf Dreierkette um. Rasensport hat durch Marquardt, der frei vor Klassen an diesem scheitert, im Anschluss Ola Adesanya freispielt, der aus fünf Metern den Ball nicht über die Linie bringt (Schultz rettet), zwei Riesenchancen innerhalb von Sekunden (28.). Wenig später kommt Zymberi gegen Marquardt zu spät – Gelb-Rot für Zymberi (32.).
Jaacks opfert Dippert
Eutin ist somit in Unterzahl. Trainer Dennis Jaacks bringt im Anschluss an die Rote Karte Innenverteidiger Louis Drews für Leon Dippert.
Eutin trifft in Unterzahl zum 0:2 …
Nach einem Freistoß für Eutin aus dem Halbfeld gehen Torwart Christopher Newe und Neca zum Ball, Neca ist vor dem rufenden Keeper am Ball, köpft weg, aber nur auf den Kopf von Tjark Lennart Jenssen, dessen Rebound im leeren VfR-Kasten landet (34.).

… und macht um ein Haar das 0:3 – Innenpfosten rettet Rasensport
Doch damit nicht genug. Wieder ist der in Holsteins Jugend ausgebildete Schüler vor Neca am Ball, doch diesmal rettet der Innenpfosten für den VfR. Mit „nur“ 0:2 geht es in die Halbzeit, die für einen bis dahin desolaten VfR zur rechten Zeit kommt.
Zweite Halbzeit: ein anderes Spiel
Nach der Pause bringt der VfR mit Tom Schilling und Jonas Schomaker zwei zu Recht sehr selbstbewusst auftretende Neue. Auch sonst präsentiert sich der VfR resettet. Die Dreierkette hinten lautet im 3-4-3-System nun Schomaker – Korup – Schilling. Und steht sicher und fehlerfrei. Kevin Schultz als Leader bringt auf der Sechs seine ganze Erfahrung ein, gewinnt jeden Zweikampf. Fortan ist es handballgleich ein Spiel auf ein Tor. Eutin steht in Unterzahl nur noch hinten drin.
Tom Schilling – selbsterfüllende Prophezeiung
Im Interview der VfR-Stadionzeitung kündigte Neuzugang Tom Schilling an: „Ich mache das nächste VfR-Tor.“ Eine selbstbewusste Ansage für einen Defensivspieler, der bisher nur von der Bank kam. Aber er behielt recht: Bilderbuch-Dropkick aus 22 Metern zum 1:2 (48.).
Rasensport dreht die Partie
Dennis Klassen im Eutiner Tor steht nun öfter im Mittelpunkt. Aber erst Visar Mehmeti mit einer feinen Einzelleistung trifft zum Ausgleich (69.).
Wenig später landet ein langer Ball von Jan Lippegaus zum 3:2 im Eutiner Netz (73.), wobei Kevin Schultz den in die Sonne blickenden Klassen zusätzlich irritierte. Nach der alten Regelung (Fünfmeterraum = Torwartschutzraum) hätte dieser Treffer wohl nicht gezählt.
Nervenspiel
Danach ist der VfR teils drückend überlegen, macht aber nicht das vierte Tor. Alija per Seitfallzieher schießt sich selber an die Hand, das Tor war frei (78.). Spätestens der eingewechselte Yasin Diler (90.+2) hätte nach Kenny Korups Solo alles klar machen müssen, jagte den Ball aber am Tor vorbei. So blieb es bis zum Schluss spannend. Erst als Newe einen letzten Eutiner Freistoß (90.+5) souverän festhielt, hatte der VfR drei teuer erzielte Punkte im Sack.
Stimme zum Spiel
VfR Neumünster: Newe – Neca (46. Schomaker), Korup, Kahlcke (22. Kramer), Lippegaus – Schulz – Mehmeti, Akcicek, Marquardt (46. Schilling) – Alija (90.+1 Diler), Adesanya (90.+4 Blöcker).
Trainer: Danny Cornelius.
Eutin 08: Klassen – Zymberi, Weist, Schultz (74. Kohlwees), Kunert (81. Felix Bushaj) – Golovanski (85. Emanoel Bushaj) – Petersenn, Jenssen, Schneekloth, Schüler – Dippert (35. Drews).
Trainer: Dennis Jaacks.
Schiedsrichter: Ole Andreas Schulz (VfL Bad Schwartau).
Assistenten: Luca Jan Knaak, Ole Matthias Kniese. Schweres Spiel für das Trio. Lagen zu 96 % richtig. Einige 50/50-Aktionen wurden nach Spielschluss von beiden Parteien als „umstritten“ bewertet. Die Schiris lagen definitiv falsch bei der gelben Karte für Mehmeti (62.), der im Strafraum der Eutiner selbst gefoult wurde, wie SHFV-TV eindeutig zeigt.
Zuschauer: 268.
Gelb-Rot: Fatlum Zymberi (32., Eutin).
Tore: 0:1 (14.) Schüler, 0:2 (34.) Jenssen, 1:2 (48.) Schilling, 2:2 (69.) Mehmeti, 3:2 (73.) Lippegaus.