Ehemaliger Sportplatz Sportplatz des 1. Kieler FV – zugewachsen. © 2025 Helwig Pfalzgraf
Im Jahre 1900 hatte sich – wie bereits mehrfach in dieser Serie erwähnt – aus Turnern des KMTV der erste Fußballverein in Kiel konstituiert: der 1. Kieler FV. In dieser Folge geht es um die wechselvolle und kurze Geschichte (1914–1927) der vom 1. KFV gebauten Platzanlage.

1902 gründeten sich der FC Holstein und der FC Kilia, ab 1903 wurde eine erste Punktrunde in Kiel ausgetragen. Der Ball kam immer stärker ins Rollen, die Zahl der Vereinsgründungen nahm anschließend in der Zeit bis zum 1. Weltkrieg rapide zu.
Große Platznot
Die Zahl der zur Verfügung stehenden Sportplätze reichte von Beginn an kaum aus. Über die damaligen Fußball- bzw. (Not-)Sportplätze (u. a. Kasernenhöfe) wurde im Rahmen dieser Serie bereits berichtet. Auch als 1907 der große städtische Sport- und Spielplatz in Betrieb ging, war damit der Bedarf nicht gedeckt.
Vereine helfen sich und bauen selbst
So war es kein Wunder, dass die Vereine den Bau vereinseigener Sportplätze anstrebten. Der FC Holstein und der FC Kilia machten den Anfang. Der Holsteinplatz ging 1911 in Betrieb, der Kiliaplatz 1913. Diese Plätze sind am gleichen Standort noch in Betrieb und sind deshalb nicht Gegenstand unserer YOUKICK-Serie.
1914 – Die Anlage des 1. Kieler FV
Auch der 1. KFV begann im April 1914 mit dem Bau des eigenen Fußballplatzes. An der Eckernförder Chaussee (heute: Eckernförder Str.) hatte man ein geeignetes Gelände gefunden. Zwar lag das Pachtgelände weit ab jeder dichteren Wohnbebauung fast an der Stadtgrenze, aber das war in der prosperierenden, schnell wachsenden Stadt kaum anders möglich. Auch der Kiliaplatz und der Holsteinplatz lagen am Rande der damaligen Stadt.

Der 1. Weltkrieg verändert alles
Im August sollte die feierliche Eröffnung des damals dritten vereinseigenen Fußballplatzes in Kiel stattfinden. Doch das Attentat von Sarajewo am 28.7.1914 war der Beginn des wahnsinnigen Weltkrieges, der 1914–1918 geschätzt 17 Millionen Menschen umbrachte.
Nur 50 Mitglieder samt Familien zur Eröffnung
Die Eröffnung des Platzes verzögerte sich, da finale Fertigstellungsmaßnahmen aufgrund der Mobilmachung des Deutschen Kaiserreichs nicht möglich waren. Erst am 6.9.1914 wurde der Platz mit einem Spiel der 22 Jüngsten ohne weitere Formalitäten eingeweiht. Am Südende des Platzes am Eingang an der Eckernförder Chaussee gab es auch Hochbauten, ein Gerätehaus und ein Umkleidehaus.
Spielbetrieb stark eingeschränkt
Der Beginn des Krieges war für den Großteil der Kieler Fußballer mit der Einberufung verbunden. Der Spielbetrieb war drastisch eingeschränkt. Nur die vor Ort verbliebenen Fußballer und die in der Kriegsmarinestadt stationierten „blauen Jungs“ konnten u. U. noch am Spielbetrieb teilnehmen, der nur noch auf lokaler Ebene stattfand. Die gerade eingeführte „Norddeutsche Liga“ gab es nicht mehr. Auch der Deutsche Meistertitel wurde nicht mehr ausgespielt. Es kam zu (Not-)Spielgemeinschaften und zu vielen Mannschaftsabmeldungen.
1. Kieler FV und FC Holstein fusionieren 1917
Den Verhältnissen der Zeit ist auch die Fusion zwischen dem 1. Kieler FV und dem FC Holstein geschuldet. Der Platz selbst wird ab 1914 zwar noch benutzt, doch ob der Umstände viel weniger als gedacht. Nach der Fusion braucht die neue „KSV Holstein von 1900“ den alten KFV-Platz nicht mehr. Alle Aktivitäten finden am Holsteinplatz statt.
1919: KMTV übernimmt die Ex-KFV-Anlage
Sportplatzbedarf hatte jedoch der KMTV, der Verein, aus dem heraus sich der KFV ja gegründet hatte. Schon 1919 war der KMTV nach wie vor der größte Sportverein in Kiel mit vielen Sparten. Auch der KMTV hat sich dem Trend der Zeit nicht entziehen können und spielte inzwischen auch Fußball, und auch die turnerischen „Sommerspiele“ (Schlagball, Völkerball …) sowie Leichtathletik finden auf dem Platz statt.
1923: dem KMTV kommen acht Fußballteams abhanden
Die „Deutsche Turnerschaft“, der der KMTV als originärer Turnverein angehört, beschließt 1923, aus dem DFB-System auszusteigen und eine eigene Fußballmeisterschaft durchzuführen. Damit stehen dem KMTV als Spielpartner nur noch die ebenfalls aus dem DFB ausgeschiedenen Turnvereine zur Verfügung. In Kiel sind das der Polizei SV, der TV Holtenau, der TSV Gaarden und der Ellerbeker TV. Nicht attraktiv für die meisten KMTV-Fußballer. Meldete der KMTV 1922/23 elf Mannschaften, können für 1923/24 nur noch drei Teams gemeldet werden.
1925: Deutscher Fußball-Vizemeister im Spielbetrieb der Deutschen Turnerschaft
Trotz des Aderlasses der Fußballabteilung gelingt es 1924/25, bis ins Finale der Deutschen Fußballmeisterschaft der Turner vorzustoßen. Dort allerdings unterlag man in Hamburg den Fußballturnern der MTV Fürth mit 0:5.

Kostendruck besiegelt das Ende
Im Laufe des Krieges war in den Platz kaum etwas investiert worden. Renovierung, Instandhaltung und Pacht stellten die Kosten angesichts der deutlich gesunkenen Benutzung infolge der Abwanderung der Fußballer in Frage. Der KMTV konnte wesentlich günstiger den Kasernenplatz Eichhof (wird später in einer weiteren Folge vorgestellt) provisorisch nutzen. Auch gegenüber den Norder konnte man nutzen. So gab man 1927 den ehemaligen KFV-Platz auf.
1930 siedelte der KMTV dann auf den vereinseigenen, neu gebauten Alsenplatz um. Auch dieser Platz wird später eine Folge dieser Serie werden.
Nach der Saison 1933/34 konnte der KMTV mangels Nachwuchses keine Fußballmannschaft mehr melden. Der Aderlass zehn Jahre zuvor hatte die Basis weggespült. Erst im Jahre 2000 meldete der KMTV erstmals wieder eine F-Jugend. Anschließend entwickelte sich der KMTV in wenigen Jahren zur größten Fußballsparte in Kiel.
Die weitere Entwicklung des Ortes
Nach dem Fußballaus an der Eckernförder Chaussee lag das Gelände erst einmal brach. Auf dem Gelände zwischen Aschauweg und Eichkoppelweg entstand dann in Folge des nächsten wahnsinnigen Krieges entlang der Eckernförder Chaussee eines der vielen Kieler Barackenlager für Zwangsarbeiter. Nach dem 2. Weltkrieg wurden Flüchtlinge einquartiert. 12 Wohnbaracken, 1 Küchenbaracke, 2 Abortbaracken und 2 Waschbaracken standen auf dem Gelände. 1949 stand das Barackenlager leer, war aber im Burkhardt-Stadtplan von 1955 noch eingezeichnet. (Literatur zum Thema: Uwe Carstens: „Flüchtlingslager der Stadt Kiel“, Ewert, 1992.)
Was blieb?

Nichts. Auf dem ehemaligen Fußballplatz befindet sich jetzt ein bewachsener Wall als Lärmschutz sowie ein dahinter liegender Parkplatz für das GHOTEL & Living Kiel.
Weitere Folgen:
- Lost Places 1: Paradeplatz auf dem Großen Exerzierplatz: Hier spielte der FC Holstein zum allerersten Mal!
- Lost Places 2: Die Wiege des Rekordmeisters THW Kiel lag in Gaarden
- Lost Places 3: Holstein Kiels erstes Eintrittsgeld – Platz zerbombt und unter die Räder gekommen
- Lost Places Folge 4: Die Fußball-Pioniere des Kieler MTV
- Lost Places 5: Spielplatz an der Gutenbergstraße
- Lost Places 6 und 7: Fußballhochburg Gaarden Pickertkaserne, Gaußplatz
