In der fünften Folge unserer Serie über untergegangene Fußballplätze in Kiel geht es noch einmal ganz zum Anfang zurück.
Wichtigster Fußballplatz in Kiel 1903–1907: Spielplatz an der Gutenbergstraße

Ab 1903 gab es in Kiel die ersten Punktspiele. Eigene Sportplätze hatten die am Spielbetrieb teilnehmenden Teams noch nicht. So wurde eine Wiese an der Gutenbergstraße zum wichtigsten Spielort. Gegenüber – stadtauswärts auf der rechten Seite der Ausfallstraße – war ab 1900 ein ganzer (Arbeiter-)Stadtteil, das sogenannte „Stinkviertel“, entstanden. Gleichzeitig wurde der „Brunswiker Weg“ in Gutenbergstraße umbenannt. Die linke Seite der damals noch kaum ausgebauten Straße blieb vorerst unbebaut und konnte so als Fußballplatz dienen.
Auf dem Stadtplan von 1910 wird diese Wiese noch als „Jugendspielplatz“ bezeichnet. Doch zu diesem Zeitpunkt hatten die Westufer-Vereine wie Holstein, Kilia, der 1. Kieler FV und die etwas später hinzukommenden Vereine wie z. B. Sport-Klub „Komet“ oder der Marine-Sportclub Concordia 1899 ihre Heimspielstätte auf dem 1907 eröffneten Städtischen Sport- und Spielplatz gefunden. Doch für Jugendspiele und untere Mannschaften dürfte der Gutenbergplatz weiterhin Bedeutung gehabt haben.

Leider gibt es von dieser Anlage bisher keine bekannten Fotos. Daher muss die Postkarte mit dem Schreventeich-Panorama von 1905 genügen. Im Hintergrund links ist das „Stinkviertel“ zu sehen, ganz links das Haus Gutenbergstraße 66 mit der Gaststätte „Zum Storchnest“. Kurz davor, im Gebüsch, ist ein helles Fleckchen zu erahnen – die Nordecke des Gutenbergplatzes.

Vereinslokal „Storchnest“ – Wie alles begann
Die Gaststätte „Storchnest“ war das erste Vereinslokal von Holstein Kiel, hier eine Innenansicht um 1910. Als 1911 der Holstein-Platz fertig war und Holstein auszog, diente das „Storchnest“ dem neu gegründeten FC Hertha 1911 Kiel als Vereinslokal. Während durch die Fertigstellung der ersten Vereinsanlagen (Holstein 1911, Kilia 1913, 1. Kieler FV 1914) und weiterer Spielorte in Kiel (z. B. Moorteichwiese – Spielort von Fußballklub Germania 1907 und dem FV Hohenzollern von 1911) der Gutenbergplatz langsam überflüssig wurde, existierte das „Storchnest“ noch gute weitere 100 Jahre.

Zuletzt hieß das ehemalige Vereinslokal Holsteins „Zum Gutenberger“. Nie geklärt wurde, ob sich die Bezeichnung „Die Störche“ von dem Namen des ehemaligen Vereinslokals ableitete oder doch auf die roten Stutzen von Holstein Kiel zurückzuführen ist, die Holstein allerdings erst einige Jahre nach der Gründung einführte. Nach der Umbenennung von „Storchnest“ zu „Gutenberger“ spielte der Fußball im Lokal wieder eine größere Rolle – hier traf sich die aktive Kieler Fußballszene gerne am Samstag oder Sonntag zum Live-Spiele-Gucken.
Auf dem Gutenbergplatz entsteht die Nord-Ostsee-Halle
Auf dem ehemaligen Gutenbergplatz entstand 1925 die Nord-Ostsee-Halle. Erbaut vom bekannten Architekten Ernst Prinz, erstreckte sich die Vielzweckhalle über 170 Meter Länge parallel zur Gutenbergstraße.

Die Halle wurde für vielerlei Zwecke genutzt – unter anderem auch für Sportveranstaltungen. Hier gab es in Kiel die ersten Hallenhandballspiele. Deshalb gehört auch diese Halle zwingend in die Liste der „Lost-Sport-Places“ in Kiel. Im Zweiten Weltkrieg wurde die Halle zerstört und 1950 die Ruine abgetragen. Weitere schöne Bilder dieser Halle sind im Fotoarchiv des Stadtarchivs Kiel online abrufbar.
Vor Kurzem wurden Trümmerteile der Halle wieder sichtbar:

Bei den Bauarbeiten auf dem Gelände der Berufsfeuerwehr Kiel konnte man im Frühjahr 2025 Fundamentreste und viele gelbe Klinkersteine der Mauerverblendung dieser Halle entdecken.
Was bleibt
Während in der Gutenbergstraße selbst nichts mehr an die sporthistorische Bedeutung der Gegend erinnert, hat in unmittelbarer Nähe der Prof.-Peters-Platz mit den vielen Mannschaften des Kieler MTV und UT Kiel sowie den Rugby-Spielern des FT Adler quasi die Stelle des Gutenbergplatzes eingenommen. Ein Großteil des innerstädtischen Sports spielt sich hier ab – wie vor 120 Jahren in der unmittelbaren Nachbarschaft.
Weitere Folgen:
- Lost Places 1: Paradeplatz auf dem Großen Exerzierplatz: Hier spielte der FC Holstein zum allerersten Mal!
- Lost Places 2: Die Wiege des Rekordmeisters THW Kiel lag in Gaarden
- Lost Places 3: Holstein Kiels erstes Eintrittsgeld – Platz zerbombt und unter die Räder gekommen
- Lost Places Folge 4: Die Fußball-Pioniere des Kieler MTV