Florian Stahl (Trainer Oldenburger SV). © 2025 Ismail Yesilyurt
Eine große Diskussionswelle löste die Partie in der Oberliga Schleswig-Holstein zwischen der U23 von Holstein Kiel und dem Oldenburger SV aus. Der Einsatz vieler Profis bei den Jungstörchen sorgte vielerorts für einen Meinungsaustausch und Streit. Unser Redakteur Olaf Wegerich unterhielt sich einen Tag später mit Oldenburgs Cheftrainer Florian Stahl.
Was hat sich Holstein Kiel nur dabei gedacht? Am Sonntagnachmittag kamen in der fünftklassigen Flens-Oberliga im Heimspiel der Kieler Zweitvertretung gegen den Oldenburger SV mit Marko Ivezić, Lasse Rosenboom, Niklas Niehoff und Frederik Roslyng vier Spieler aus dem Zweitligakader der Kieler zum Einsatz – und das über die gesamte Spielzeit. Rosenboom und Niehoff konnten bereits am Samstag beim Spiel der Profis, das bei der SV Elversberg mit 0:1 verloren ging, Einsatzminuten sammeln. Mit Torhüter Lio Rothenhagen, Leon Parduzi und Luca Prasse standen drei weitere Akteure auf dem Platz, die zwar einen Profivertrag besitzen, aber ausschließlich für die Oberligamannschaft vorgesehen sind. So war es am Ende wenig verwunderlich, dass die Gastgeber deutlich mit 7:0 (4:0) gewinnen konnten.
Florian Stahl extrem sauer
Das brachte Oldenburgs Trainer Florian Stahl (39), selbst für Eutin 08 in der Regionalliga aktiv, so richtig auf die Palme. „Das war eine extreme Frechheit. Da kamen sechs Spieler aus dem Kader der Zweitligamannschaft zum Einsatz. Das ist für mich eine ganz klare Wettbewerbsverzerrung. Ich habe meine Mannschaft gezielt auf eine U23 von Holstein Kiel vorbereitet – und dann treffen wir auf einen Gegner, bei dem Spieler zum Einsatz kommen, die einen Marktwert von fast 5 Millionen Euro haben.“

Viel Zuspruch für Stahl bundesweit
Bereits am Abend nach dem Spiel bekam Stahl, selbst lange für die Bundeswehr-Nationalmannschaft aktiv und bundesweit gut vernetzt, viel Zuspruch und Unterstützung für seine Äußerungen, die er zuerst gegenüber den Kieler Nachrichten getätigt hatte.
„Wir Trainer werden bei offiziellen Veranstaltungen vom Verband immer dazu aufgefordert, junge Spieler zu fördern und zu fordern. Aber das war auf der einen Seite eine maximale Überforderung und auf der anderen Seite eine maximale Unterforderung. Das war fast so, als wenn eine E-Jugendmannschaft gegen eine Herrenmannschaft gespielt hätte“, sagte der 25-fache ehemalige Regionalligaspieler von Eutin 08.
Kein Kontakt zu Rapp
Stahl, als Mann klarer Worte bekannt, war bereits nach der ersten Hälfte restlos bedient. „Ich hatte während des Spiels auch Marcel Rapp unter den Zuschauern gesehen und wollte ihn in der Halbzeit eigentlich darauf ansprechen, wie er sich so fühlt“, sagte der OSV-Coach. Doch dazu kam es nicht.
„Zwei komplett verschiedene Blasen“
Trotz der deutlichen Niederlage konnte Stahl bei seiner Mannschaft ein starkes Aufbäumen erkennen. „Wir waren vorher in Topform und müssen versuchen, das Positive daraus mitzunehmen. Die Jungs sind geerdet. Wäre meine Mannschaft nicht so widerstandsfähig, hätten wir hier vielleicht 13 oder 14 Tore kassiert. Wir haben sogar mit Fünferkette gespielt, aber bei der individuellen Qualität von Holstein kann ich meiner Mannschaft keinerlei Vorwürfe machen.“ Um den Unterschied zwischen den Vereinen noch einmal herauszustellen, ergänzte er: „Das sind zwei komplett verschiedene Blasen, in denen wir uns hier befinden. Hier die Profis aus der 2. Bundesliga und dort die Oberligamannschaft, in der alle einem Beruf nachgehen.“
Stahl fordert Änderungen am Regelwerk
Für den ehrgeizigen Stahl, der mit seiner Mannschaft bis dahin eine gute Saison gespielt hat, ist die Sache damit längst nicht erledigt. „Ich habe bereits eine E-Mail an den DFB gesendet. Da muss dringend etwas am Regelwerk geändert werden. Nur weil es Holstein Kiel ist, werde ich nicht meinen Mund halten.“

Stahl auf Rapp nicht gut zu sprechen
Dennoch schlug Stahl auch versöhnliche Töne an, benannte aber Holsteins Aufstiegs- und Abstiegstrainer Marcel Rapp als Verantwortlichen. „Meinem Kollegen Willi Weiße mache ich ja noch nicht einmal einen Vorwurf. Der kann wahrscheinlich nichts dafür. Der bekommt am Samstag gegen 17.00 Uhr einen Anruf von Marcel Rapp, in dem ihm gesagt wird, wer am Sonntag spielen soll. Die nehmen bei Holstein Kiel viel Geld in die Hand. Da hätte ich mir eher gewünscht, dass Marcel Rapp am Sonntag ein individuelles Training ansetzt.“
Einen weiteren Aspekt brachte Stahl ebenfalls an: „Was wäre denn gewesen, wenn wir eine gewisse Härte an den Tag gelegt hätten und ein Kieler Profispieler sich verletzt hätte? Dann wären wir medial zerrissen worden.“
NLZ-Leiter Peitz mit Kontaktaufnahme
Am Montag folgte dann ein Telefonat mit Dominic Peitz, dem Direktor des Nachwuchsleistungszentrums von Holstein Kiel. „Ich habe meine Meinung aus Sicht des Oldenburger SV dargelegt und er seine aus Sicht von Holstein Kiel. Die kann ich natürlich ein Stück weit verstehen. Trotzdem stehen wir jetzt im Nachhinein als die geprügelte Mannschaft da, haben auf einmal das schlechteste Torverhältnis der Liga und wurden komplett vorgeführt.“