Eutin 4:0 gegen VfR Neumünster: Hussein Sharba und Rot für Christoph Kahlcke entscheiden

von Helwig Pfalzgraf

Für Kevin Schulz (vorne) und den VfR Neumünster lief es in Eutin nicht ganz so gut. © 2024 Olaf Wegerich


Bei schlimmen Witterungsbedingungen, die Straßenverhältnisse waren teils spiegelglatt, empfing am Freitagabend die Mannschaft aus der Rosenstadt Eutin in der Flens-Oberliga das Rasensportteam aus der holsteinischen Mittelpunktstadt Neumünster. Die am frühen Nachmittag noch geschlossene Schneedecke im Land ging bei teils heftigen Schnee- und Regenfällen am Nachmittag in Matsch und Pfützen über und bildete an vielen Stellen gefährliches Glatteis. Der Platz wies noch eine leichte Schneedecke auf und war stellenweise sehr tief. Nicht jeder Schiedsrichter hatte bei den rutschigen, für die Spieler nicht ungefährlichen Bedingungen angepfiffen.

Man fühlte sich angesichts des nicht abgesagten Spiels an alte Zeiten erinnert, als die Torbegrenzung noch viereckig aus Holz war und der Ball noch handgenäht aus echtem Leder bestand. Damals wurde normalerweise immer auf Schnee, aber auch auf hartgefrorenem Schneematsch und manchmal sogar auf blankem Eis gespielt. Winterverhältnisse herrschten in vielen Jahren in vielen Facetten von November bis Ostern. Demzufolge verfügte jeder kleine Dorfverein über einen ab ca. 1968/69 von der Sportindustrie produzierten meist orangen Spielball für Schneeboden. Selbst eine neongelbe oder orange kleine Variante namens „Uwe-Bombe“ für die „Buben“- und „Knaben“-Mannschaften war seinerzeit ein Muss in jedem Verein. Gespielt wurde fast immer. Aus gutem Grund ging man später dazu über, auf derartigen gesundheitsschädlichen Unsinn zu verzichten. Heute aber nicht, obwohl schon die An- und Abreise vieler Beteiligter mit erhöhtem Unfallrisiko verbunden war. Da es keine leuchtenden Schneebälle mehr gibt, wurde heute mit herkömmlichen Spielbällen agiert.

Bei Eutin 08 hatte Trainer Dennis Jaacks im Vergleich zum letzten Wochenende diesmal Konrad Kohlwes und Phil Petersenn den Vorzug vor Tim Zittlau und Hussein Sharba gegeben. Doch diese Änderungen wurden in der Halbzeitpause wieder rückgängig gemacht. Lukas Schultz und Nico Bremser fehlten weiterhin. Bei den Gästen rückte der wieder fitte Murat Rasgele anstelle von Stone Watring ins Team. Ansonsten spielte für den VfR die Elf, die am letzten Sonntag 5:2 gegen den FC Dornbreite gewonnen hatte.

Bemerkenswert: Bei den Gästen absolvierte der zu Saisonbeginn von Inter Türkspor Kiel an die Geerdtstraße gewechselte Adesanya sein 101. Punktspiel in Serie. Seit Saisonbeginn 2021/22 hatte der Torjäger weder bei seinem aktuellen Klub noch bei seinen vorherigen Vereinen TSV Klausdorf bzw. Inter kein einziges Spiel verpasst.

VfR beginnt mit viel Ballbesitz, Eutin setzt auf Umschaltmomente

Zu Beginn generiert die Imeri-Elf viel Ballbesitz, während die Heimelf auf schnelle Umschaltmomente setzt. So ergibt sich auch die erste wirkliche Chance des Spiels, als Fatlum Zymberi den VfR-Keeper Eric Gründemann zu seiner ersten Parade zwingt (10.).

Der zweite Angriff der Jaacks-Elf nach 15 Minuten läuft über Linksaußen Cedric Schrake, der den Ball Richtung des weit im Abseits stehenden Leon Dippert spielt. Dippert geht dem Ball kurz entgegen, unterbricht dann aber schnell die Bewegung. Es ist akzeptabel, das als noch passives statt als aktives Abseits zu werten. Von außen sprinten gedankenschnell der sich mit Petersenn abwechselnde Rechtsaußen Philip Kunert und VfR-Verteidiger Christoph Kahlcke gleichauf, Schulter an Schulter zum Ball, während Gründemann aus dem Tor kommt.

Alle sind fast gleichzeitig am Ball, Gründemann klärt, Kunert geht zu Boden, während Gründemann und der nicht grätschende, durch sprintende Kahlcke auf den Beinen bleiben. Einige Eutiner Zuschauer fordern Rot für den Keeper. Nach einigem Zögern zückt Schiedsrichter Schulz Rot für Kahlcke und wertet die Aktion nicht nur als Foulspiel, sondern sogar als Notbremse. Fassungslosigkeit bei den Neumünsteranern. Pikant: Schulz hatte bereits im Vorjahr Kahlcke in Eckernförde glatt Rot gezeigt. „Damals war Rot vertretbar, heute war gar nichts. Bei der Ballmitnahme hat mein Gegenspieler halb auf den Ball getreten und ist ins Stolpern geraten, ich habe ihn nicht mit dem Fuß berührt“, so Kahlcke in der Halbzeitpause.

Christoph Kahlcke (VfR Neumünster ) bekam frühe die Rote Karte.© 2024 Olaf Wegerich
Christoph Kahlcke (VfR Neumünster ) bekam frühe die Rote Karte.© 2024 Olaf Wegerich

Danach tat sich Eutin 08 bis zur Halbzeit schwer, der VfR war trotz Unterzahl weiterhin gleichwertig. Allerdings vergab Schrake nach ersten Zuordnungsproblemen in der Gästedeckung ganz frei nach einem Querpass von Dippert und scheiterte an Gründemann (31.). Den Nachschuss blockte Rin Yoshimatsu zur Ecke.

Zur Halbzeit bringt Dennis Jaacks dann Hussein Sharba auf Linksaußen, Schrake wechselt nach rechts und ersetzt dort Phil Petersenn. Außerdem kommt Tim Zittlau für Konrad Kohlwes, dessen unabsichtliches, aber deutliches Handspiel an der eigenen 16-Meter-Linie in der 4. Spielminute nicht geahndet wurde.

Die Umstellungen von Jaacks erweisen sich als Volltreffer. Zweimal wird auf der rechten Veilchen-Abwehrseite schlecht verteidigt, geradezu anfängerhafte Fehler werden gemacht, weil ein Spieler nicht mit „durchschiebt“ und Sharba sehr einfach völlig frei zu gut herausgespielten Treffern kommt (48., 53.).

Spätestens als Leon Dippert eine lange Rechtsflanke aus dem Halbfeld, obwohl von Kenny Korup hart bedrängt, per Kopfball-Bogenlampe aus ca. 14 Metern ins lange Eck setzt, ist das Match entschieden.

„Es wirkt, als ob wir drei Mann weniger sind und nicht nur einer“, so ein treffender Spruch aus der VfR-Fanecke. In der Tat bauten einige Spieler individuell deutlich ab, was Lauffreude, Zweikampfstärke und Handlungsschnelligkeit anbetrifft. So hätte nicht nur Dippert (70., Querlatte) das Ergebnis für Eutin ausbauen können.

So trifft nur noch Kuszak mit seiner ersten Ballberührung wenige Sekunden nach seiner Einwechslung zum 4:0-Endstand (77.). Zehn Minuten später hat er sogar noch einen zweiten Treffer auf dem Fuß. Für ihn hatte er Platz gemacht, da Schrake anstelle des ausgewechselten Kunert nun Rechtsverteidiger spielte und damit nach Links- und Rechtsaußen seine dritte Position auf dem Feld einnahm.

Fazit: Eutin präsentierte sich als gewachsene, geschlossene Einheit. Der VfR wird bis zum Saisonende um den Klassenerhalt zittern müssen. Die beste und wichtigste Nachricht war jedoch, dass bei diesem unverständlicherweise nicht abgesagten Spiel alle wieder wohlbehalten zuhause angekommen sind.

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