Mit Murat Rasgele (VfR Neumünster) fehlt im folgenden Stadtderby ein wichtiger Spieler.. © 2024 Olaf Wegerich
Wenn die formstärkste Mannschaft der letzten fünf Begegnungen in der Oberliga am 28. Spieltag gegen den formstärksten Vierten trifft, ist das normalerweise kein Abstiegsendspiel. Doch bis zur Winterpause war die Performance beider Teams deutlich schwächer, und so belegen in der Gesamttabelle die U23 des VfB Lübeck und der heutige Gast VfR Neumünster die Plätze 14 bzw. 12. Für beide Teams zählte dementsprechend nur ein Sieg.
VfR-Trainer Danny Cornelius veränderte seine Startelf im Vergleich zum Pokalspiel beim PSV am Mittwoch auf zwei Positionen. Der wieder fitte Murat Rasgele sowie Nikola Prom rückten anstelle von Kevin Schulz und Christoph Kahlcke in die Startelf.
Die erste halbe Stunde gehört dem VfB
Recht zügig übernimmt die von Oliver Stutzky gut eingestellte Heimelf die Spielkontrolle. Der Gast verliert gegen technisch starke und zweikampfstarke Lübecker Youngster viele Zweikämpfe und versucht es viel mit langen Bällen. Doch Pierre Becken und Kapitän Karim Kalota, im letzten Jahr noch in Diensten des VfR, lassen kaum etwas anbrennen. Auf der anderen Seite ist die Defensive Rasensports stark gefordert.
Verdiente Lübecker Führung
In Führung geht Grün-Weiß nach 19 Minuten. Ein langer Ball von der Mittellinie durch Henry Jeschonek, Zuordnungsprobleme in der Rasensport-Abwehr, die 3 gegen 1 in Überzahl ist. Ramiz Demir hat etwas Platz und lässt Christopher Newe im Veilchen-Tor keine Abwehrchance.

Erst allmählich kommt auch die Cornelius-Elf besser ins Spiel. Murat Rasgele, Visar Mehmeti und Ilir Serifi zeigen jetzt, dass sie sich spielerisch hinter Mika Lehnfeld, Jeschonek, Sven Freitag oder Perry Dodoo nicht verstecken müssen. Nach einem weiten Einwurf von Nick Neca scheitert Tom Becker per Kopfball an seinem ehemaligen Mannschaftskameraden Noah Oberbeck im Tor des VfB.
Ausgleich durch Kastriot Alija – umstritten: Abseits oder nicht?
Nicht mehr völlig überraschend fällt der Ausgleich. Nach einem langen Ball von Kenny Korup trifft Alija frei vor Oberbeck aus abseitsverdächtiger Position (39.). Sekunden vorher hatte Neca den einschussbereiten Dodoo am VfR-Fünfmeterraum gerade noch gestoppt. Statt 2:0 nun also 1:1.
Wenig später wird Rasgele ohne Ball am gegnerischen 16er gefoult. Gut gesehen von Schiedsrichter Frederik Simon. Den Freistoß setzt Serifi in die nur knapp hinter dem Elfmeterpunkt stehende Mauer. Der Nachschuss von Mehmeti springt vom Innenpfosten ins Feld zurück. Der Halbzeitpfiff kommt für den Regionalliga-Nachwuchs nicht ungelegen.
Adesanya verpasst das 1:2
Kurz nach dem Wechsel wieder ein ganz langer Ball der Veilchen auf Ola Adesanya. Der ist halbrechts frei, schießt aber daneben.

Gleichwertig…
…agieren in der Folge beide Teams. Das technische Niveau ist dabei teils beachtlich hoch, das Tempo ebenso. Die nächste Riesengelegenheit hat dann die Heimelf (61.). Oberbeck fängt eine Ecke ab, rechts geht es über Becken und Lehnfeld schnell nach vorne, Flanke, Seitfallzieher von Jaromir Grimm – Zentimeter am Tor vorbei.
Umstrittene Szene, die Zweite
Der nächste Aufreger wenig später: Wieder ein ganz langer Ball von Korup in die Spitze, Alija startet. In dem Moment, als er den Innenverteidiger, der etwas später angetreten ist, in höchstem Tempo überläuft, hebt der Linienrichter die Fahne. Wütende Proteste der Neumünsteraner Fans, die auf Ballhöhe waren. Becken ist’s egal, clever macht er das Spiel schnell, Lehnfeld flankt, Karaman lenkt in der Mitte die Kugel ins eigene Tor (64.).

Cornelius reagiert und bringt seine Routiniers
Unmittelbar nach dem Rückstand wechselt Rasensport-Trainer Danny Cornelius dreimal. Christopher Kramer, Kevin Schulz und Christoph Kahlcke kommen gleichzeitig. Hinten wird auf Dreierkette umgestellt, die nun von Korup – Karaman – Kahlcke gebildet wird.
VfR drückt auf den Ausgleich
Sofort ändert sich die Statik des Spiels, das nun meist in der Lübecker Hälfte stattfindet. Doch Oberbeck, Becken, Kalota & Co. stehen absolut sicher.
Umstrittene Szene, dritter Teil
Als Mehmeti im Aufbau den Ball an Demir verliert und liegenbleibt, lässt der Schiri weiterspielen. Foulspiel oder nicht? Tatsächlich wohl eher nicht. Grimm ist durch, 3:1 (75.). Wütende Proteste der Neumünsteraner Zuschauer und auch der Trainerbank. Tatsächlich hatte der Schiri heute vergleichbare Aktionen auch schon als Foul geahndet, aber eben manchmal auch nicht. Spätestens ab jetzt wird er bei jedem Pfiff oder auch Nichtpfiff von den VfR-Fans lautstark kritisiert.
Umstrittene Szene, vierter Teil
Unbeirrt läuft Rasensport weiter an. Nach einem Lübecker Konter über links wird der eingewechselte Maximilian Aberger halblinks gefoult (80.). Freistoß aus 18 Metern.

Schiri im Mittelpunkt
Der Ball liegt, die Mauer stellt sich. VfB Lübecks Liga-Co-Trainer Pierre Becken kommt, sagt wenige Worte Richtung Schiri und legt den Ball einige Zentimeter günstiger Richtung Tor. Der Schiedsrichter lässt den letztjährigen Drittligaakteur gewähren, beordert die Mauer stattdessen noch weiter nach hinten. Darauf sagt Rasgele, eine Mauerlänge vom beim Schützen stehenden Schiri entfernt: „Nur weil er geredet hat.“ Daraufhin zeigt ihm der Schiri Gelb-Rot. Das sah schon schwer nach Retourkutsche gegen die ihn beschimpfenden Neumünsteraner Fans aus, handelte Simon hier doch mit zweierlei Maß.
Neue Regeln sinnvoll?
Für angemessen hielten diese Karte selbst die Lübecker Spieler nicht. Formal war sie sicher richtig, falls der Schiri sich angesprochen fühlt. Darfst du als Spieler halt nicht! Aber auch der Lübecker Spieler sprach, obwohl kein Kapitän und auch bereits verwarnt, vor dem Freistoß kurz in Richtung Schiri. Richtigerweise ohne Folgen. Die gab es nur für Rasgele – für seine beleidigungsfreie, sogar verständliche verbale Reaktion auf die Aktion von Becken.
Das Spiel ist jetzt mit 11 gegen 10 durch. Als dann der eingewechselte Kramer außen völlig bedeutungslos noch einmal komplett verkehrt abseits gewunken wurde, steigerte das nochmals die Intensität der Neumünsteraner Fankritik am Schirigespann.
Fazit: Die U23 des VfB Lübeck setzt ihren Siegeszug mit dem fünften Sieg in Serie weiter fort. Den VfR hat es nach sieben ungeschlagenen Partien mal wieder erwischt. Schmerzen dürfte die Gelb-Rote Karte für Rasgele, der damit bei der Neuauflage des Neumünsteraner Derbys am nächsten Wochenende fehlt. Beide Teams bleiben akut abstiegsgefährdet.
Stimmen zum Spiel
VfB Lübeck II: Oberbeck – Schmitt, Becken, Kalota, Schwoon – Lehnfeld (72. Ahmad), Jeschonek, Freitag (90.+3 Hopp), Dodoo (62. Aberger) – Grimm, Demir (84. Al-Saadi)
Trainer: Oliver Stutzky.
VfR Neumünster: Newe – Neca (65. Schulz), Korup, Becker (65. Kramer), Prom (65. Kahlcke) – Karaman – Rasgele, Mehmeti (77. F. Bushaj), Serifi – Adesanya, Alija
Trainer: Danny Cornelius.
Schiedsrichter: Frederik Simon (Heikendorfer SV).
Assistenten: Jannik Klindt, Kevin Soll. Keine spielentscheidenden Fehler, lange sehr gut. Aber in der Regelauslegung gegen Ende nicht einheitlich, mit überzogener Ampelkarte. Das Gespann wurde die letzten 15 Minuten von den Neumünsteraner Zuschauern schwer ausgeschimpft.
Zuschauer: 150
Gelb-Rote Karte: Rasgele (81.)
Tore: 1:0 (19.) Demir, 1:1 (39.) Alija, 2:1 (64.) Eigentor Karaman, 3:1 (75.) Grimm.