Lukas Hoop (Inter Türkspor Kiel) bleibt im direkten Duell mit Jonah Gieseler (Heider SV) ruhig und verhindert die 0:3-Vorentscheidung. © 2025 Volker Schlichting
Bei erstaunlich moderaten Bedingungen trafen auf dem Hans-Mohr-Sportplatz in Kiel – Garden die Elf von Inter Türkspor Kiel auf den Gast vom Heider SV.
Beide Teams mit Ausfällen
Bei der Elf von Karim Youssef fehlten die Stammspieler Til Börner und Sercan Yildirimer sowie Sturmalternative Ben Moritz Lipfert. Die Gäste aus Dithmarschen mussten außer auf ihren langzeitverletzten Torjäger Mika Kieselbach auch auf Björn Lambach (gesperrt), Azat Selcuk, Helge Kröger und Ex-Profi Christopher Buchtmann verzichten.
…und überraschenden Comebacks
Bei Heide war nach 13 Monaten Verletzungspause erstmals wieder Trainersohn Luca Wichmann dabei. Als rechter Spieler in der Abwehrkette absolvierte er über eine Stunde lang einen unaufgeregten, gelungenen Wiedereinstieg, bevor er von Manuel Lorenzen abgelöst wurde.
Bei den Hausherren gab es nach 85 Spielminuten ebenfalls ein völlig überraschendes, sehr gelungenes Kurz-Comeback. Dazu unten mehr.
Heide mit früher Führung …
Beide Teams versuchten von Beginn an, mit Flügelspiel zum Erfolg zu kommen. Bereits nach der ersten Ecke traf der handlungsschnellere HSV zur Führung. Die Ecke wurde zunächst abgewehrt, doch der zweite Ball wurde aus dem Halbfeld auf den zweiten Pfosten gespielt, wo Thede Reimers völlig frei vor Lukas Hoop einköpfte (4.).

…und souveränem Auftritt
Zwar zeigte Inter Moral und Einsatz und auch spielerische Klasse – aber Heide war abgezockter, cleverer und hatte dementsprechend die größeren Torchancen. Inter gefiel im Aufbau durchaus, aber im letzten Drittel war Schluss. Dementsprechend mussten Distanzschüsse von Ömer Sönmez (7.) und Eugen Halili (11.) herhalten, um Heides Keeper Christopher Thomsen auch mal zu beschäftigen. Auf der Gegenseite vergab Jonah „Johnny“ Gieseler das 0:2, als er wunderschön freikombiniert den Ball etwas überhastet über das Tor setzte (19.).
Inter spielt mit
Inter kann das Spiel erstaunlich offen halten, scheint immer besser reinzukommen. Bei einem weiteren Distanzknaller trifft Eugen Halili Reimers im Gesicht. Nach Verletzungspause kann Heides Torschütze Reimers zum Glück weitermachen.
Heide – Konter zum 0:2: ganz große Klasse oder zu leicht gemacht?
Nach einem Abstoß kurzes Abspiel von Thomsen zu Storb. Heide baut ungestört auf. Storb trabt halblinks mit über die Mittellinie. Dann geht es schnell. Marvin Wolf ganz links auf Gieseler, der sieht, dass Storb Geschwindigkeit aufgenommen hat und sich wie ein geborener Linksaußen von Gieseler schicken lässt – schon ist er halblinks frei vor Hoop. Querpass auf Hendrik Fleige, der ins leere Tor einschiebt (28.).

Ohne Zugriff
Inters Defensive war in diesem Moment ohne jeden Zugriff. Das gilt auch für das wegen Abseits nicht gegebene Tor von Wolf (34.) oder die Kopfball-Großchance von Fleige (39.). Denzel Imasün, der mit Abstand beste Interisti, verhindert mit starkem Abwehrspiel zwei weitere finale Durchbrüche der Heider. Dem gegenüber steht nur ein weiterer Inter-Distanzschuss von Pascal Polonski, bei dem sich Thomsen mächtig strecken muss. Zur Pause ein hochverdientes 2:0 für die Wichmann-Elf.
Karim Youssef reagiert: Baumgarn + veränderte Taktik
Zur zweiten Halbzeit bringt Karim Youssef mit Phil Baumgarn seinen wuchtigen Mittelstürmer. Außerdem wird jetzt ganz hoch agiert. Die Kurzpasswege bei Heides Torabstößen werden zugestellt. Zwar bietet man Heide dahinter viele Räume an – doch die nutzt Heide merkwürdigerweise kaum.

Schwerer Patzer: nur noch 1:2
Prompt macht der HSV nun bei eigenem Abstoß wirklich den schweren Fehler. Yusef Abdelrahman versucht im eigenen Strafraum ein Dribbling. Gleich drei Inter-Kicker pressen. Einer davon ist der Ex-Eidertaler Justin Petersen, der locker vor HSV-Keeper Christopher Thomsen zum 1:2 einschiebt (54.).
Heides schnelle Antwort zum 1:3 durch Dauerbrenner Marvin Wolf
Doch quasi im Gegenzug nutzt Heide mal den sich bietenden Platz. Lennart Busch flankt von rechts auf Fleige, Haye fälscht per Kopf noch leicht ab, sodass Fleige ins Leere springt. Der Ball fliegt weiter halblinks, wo Marvin Wolf in aller Seelenruhe den Ball annehmen und hoch ins kurze Eck ballern kann. Das 39. Tor im 148. Spiel für Heide (Regionalliga und Oberliga) für Wolf, der zudem seit zweieinhalb Jahren kein Spiel seiner Mannschaft mehr verpasst hat. Das Spiel scheint nun entschieden.

Heide baut immer mehr ab
Das scheint auch Heide zu denken und verfällt in den Verwaltungsmodus. Nach diesem Treffer zum 1:3 verflacht das Spiel der Gäste mehr und mehr. Positionsumstellungen und viele Wechsel bringen nichts – im Gegenteil. Lange Ballbesitzphasen hat die Elf kaum noch. Hinten gibt es nun Lücken. Zunächst umkurvt Petersen Keeper Thomsen, doch der Winkel ist zu spitz geworden (66.). Auch Dribbelkünstler Melih Cerrah agiert nun zusehends gefährlicher. In Hälfte eins oft brotlose Kunst, bringen seine Tempodribblings den HSV zunehmend in Verlegenheit.
Tor zum 2:3: nun Heide ohne Zugriff
Imasün führt als letzter Inter-Feldspieler den Ball. Kurzer Antritt, etwas Raum: 30-Meter-Ball auf Andre Volkers, der verlängert per Kopf auf Petersen, der direkt Baumgarn einsetzt. Frei vor Thomsen netzt Baumgarn ein. Wunderschönes Tor. Diesmal hatte die Heider Abwehr keinen Zugriff (75.). Plötzlich ist wieder Spannung in der Partie.
Heiße Schlussphase
Es ist nun nicht so, dass der Tabellenvorletzte Inter den Tabellendritten Heide total hinten reindrückt. Das Spiel ist nun verteilt, wobei Inter aber die größere Entschlossenheit zeigt und viele Standards erkämpft, die jedoch kaum Chancen ergeben.

Ganz knapp: Gieseler-Treffer aberkannt
Nach einem der ganz wenigen Heider Angriffe in der zweiten Halbzeit erzielt Gieseler (87.) das vermeintliche 2:4. Er soll bei dem Querpass vom spät eingewechselten Fabian Arndt im Abseits gestanden haben.
Lars Horstinger – Comeback mit Happy End
Nach 85 Minuten hatte Karim Youssef bereits seinen Co-Trainer Lars Horstinger in die Sturmmitte beordert. Der hat seine Karriere verletzungsbedingt eigentlich bereits beendet. Seine letzte Amtshandlung als Spieler war es, Inter mit zwei Toren am letzten Spieltag der Vorsaison bei Rot-Schwarz Kiel zurück in die Oberliga zu schießen.
Zwar verzog Horstinger nach Cerrah-Dribbling vom Feinsten mit anschließender Flanke von der Grundlinie zuerst noch mit seiner eigentlich starken linken Klebe (90.), doch es kam, wie es kommen musste. Ein letzter langer Ball von Denzel Imasün, Horstinger verlängert per Kopf zum 3:3 (90+3). Sein 47. Oberligatreffer im nicht mehr erwarteten 114. Oberligaeinsatz. Und heute das zweite Jokertor der Interisti.
„Aufgrund von zwei Absagen heute Morgen habe ich angeboten, ich könnte mich sonst auf die Bank setzen. Kurzes Telefonat mit meiner Frau, sie hat Sachen vorbei gebracht und die Sache war dann schnell erledigt“, erklärte der Protagonist des 3:3.
Zum Spiel sagte Lars Horstinger Folgendes: „Wir hatten leider keinen guten Start. Der Wille war zwar jederzeit da, aber es fehlte uns in der ersten Halbzeit an Qualität und auch an der Umsetzung der Trainervorgaben. In der Pause haben wir nachjustiert, kamen deutlich agiler aus der Kabine und haben am Ende, glaube ich, nicht ganz unverdient einen Punkt geholt.“
Fabian Arndt mit Riesenmöglichkeit zum 3:4
Die zweite Hälfte lief absolut gegen Heide. Auch Pech kam dazu. Nachdem Gieseler sich links durchgesetzt hatte (90.+6) und flankte, grätschte Arndt die Kugel aus fünf Metern über das Tor – die größte Chance der zweiten Hälfte. Danach war Schluss.
Fazit
Das Spiel lässt einen etwas ratlos zurück. Was ist denn hier passiert? Selten, dass einer so überlegenen Mannschaft wie Heide ein Spiel derartig entgleitet. Für Inter ein weiterer gehamsterter Punkt im Kampf um den Klassenerhalt.
Stimmen zum Spiel
Inter Türkspor Kiel: Hoop – Polonski, Wagner, Imasün, Volkers – Haye, Halili (85. Horstinger), Cerrah, Petersen, Sönmez (77. Baki) – Serkan Yildirimer (46. Baumgarn).
Trainer: Karim Youssef.
Heider SV: Thomsen – Wichmann (67. Lorenzen), Busch (77. Schaller), Storb, Hinz – Reimers, Abdelrahman (83. Arndt) – Harms (58. von Böhlen), Gieseler, Wolf – Fleige (77. Neelsen).
Trainer: Markus Wichmann.
SR: Paul Jasper Albrecht (TSV Böklund).
Ass.: Jannes Flaszynski, Sinan Bott.
Z.: 150.
Tore: 0:1 Thede Reimers (4.), 0:2 Hendrik Fleige (29.), 1:2 Justin Petersen (54.), 1:3 Marvin Wolf (55.), 2:3 Phil Baumgarn (76.), 3:3 Lars Horstinger (90.+2).
