2:1 gegen Kaltenkirchen: Eidertal Molfsee macht es noch einmal und ist Oberligist

von Helwig Pfalzgraf

Allroundspieler Tom Wüllner, von Finn Rerop (Kaltenkirchener TS) angelaufen, ist in der Eidertaler SpVg-Offensive ein wichtiger Baustein. © 2024 Olaf Wegerich


Ein bitteres Ende nimmt die Relegation zur Flens-Oberliga für die Kaltenkirchener TS gegen die SpVg Eidertal Molfsee. Auch das Rückspiel geht mit 2:1 an die Randkieler. Und somit in der Addition 4:2 zugunsten der Mannschaft vom scheidenden Trainer Michael Rohwedder, die damit in die höchste Landesklasse aufsteigt.

Trotz einiger Chancen kann das bessere Team von Coach Rene Sixt in der ersten Halbzeit nicht eine ausreichende Führung herstellen. Die Gäste können den 0:1-Rückstand per Foulelfmeter schnell ausgleichen.

Kaltenkirchen mit schnellem Kurzpassspiel und Dominanz

Mit schnellem Kurzpassspiel überbrückte man das Mittelfeld und versuchte dann vor allem über die starke linke Angriffsseite mit Malte Pietsch und Finn Luca Rerop zu überlagern, um Eidertals Rechtsverteidiger Tom Braesch vor Probleme zu stellen. Max Spreitzer über die rechte Angriffsseite wurde weniger eingebunden.

Fynn Mika Mohr bekommt ordentlich zu tun, Ex-Profi Schwenk verletzt raus

Das Spiel ist nun sehr einseitig. Eidertals Keeper Mohr steht jetzt oft im Mittelpunkt. Einen 20-Meter-Knaller von Rerop wehrt er fantastisch zur Ecke ab. Ein Lennart-Pietsch-Geschoss muss er klatschen lassen, Enrik Nrecaj scheint leichtes Spiel aus zwei Metern ins leere Tor zu haben, doch Mohr kann mit einer unglaublichen Reaktion noch abwehren. Wenig später eine ähnliche Situation, wieder wehrt Mohr zur Seite ab, Malte Pietsch trifft im Nachschuss nur den Pfosten. Dann muss Livius Höckendorff in allerhöchster Not einen Schuss von Nrecaj aus Nahdistanz blocken. Zu allem Überfluss geht es auch für Manuel Schwenk nicht weiter (19.), für ihn kommt Tom Bennet Lemke, der selbst nach drei Wochen Verletzungspause erst seit Dienstag wieder im Training ist.

Elfmeter für Kaltenkirchen zum 1:0

Nach einer Linksflanke geht Lemke dann etwas ungestüm in den Luftzweikampf mit Juedi, Schiedsrichter Steffen Brandt zeigt sofort auf den Elfmeterpunkt. Etwas hart, aber absolut vertretbar. Kapitän Malte Pietsch übernimmt die Verantwortung, trifft etwas glücklich, Tausendsassa Mohr hat die Hand noch dran (29.). Riesenjubel.

Eidertal schlägt zurück, Louis Schütt wie Toni Kroos

Die junge Kaltenkirchener Truppe will sofort nachlegen, ist euphorisiert. Doch dann beweist Eidertal mit einem einzigen Angriff seine ganze Klasse. Louis Schütt schlägt unbedrängt aus dem linken Halbfeld einen Diagonalball, den auch ein Toni Kroos nicht besser spielen kann. Rechts ist Björn Kastner sträflich frei. Der Routinier nutzt seinen freien Raum, spielt quer auf den zentral freistehenden, bis dato unauffälligen Tom Wüllner, der sofort abzieht, aber von Janik Peder Jensen gerade noch geblockt wird. Der Ball trudelt im Strafraum nach links, wo der eben noch so unglückliche Lemke hellwach ist, sofort startet und den Ball aus recht spitzem Winkel versenkt (31.). 1:1 – das nennt man Effektivität.

Eidertal selbstbewusster

Das Tor schockt die TS etwas, Eidertal wird gleichwertiger. Das Spiel wird härter. Schiedsrichter Brandt muss jetzt aufpassen. Hartes Einsteigen gegen Schütt (Ball gespielt, aber mit offener Sohle des Verteidigers) lässt er ebenso ungeahndet durchgehen wie den harten Eishockey-Bodycheck von Braesch gegen Rerop. Brandt bemerkt die möglicherweise zunehmende Härte, greift jetzt richtigerweise zu gelben Karten nach Foul am agilen Lemke (35.) und kurz vor der Pause auch für Höckendorff. Bis auf einen Spreitzer-Abschluss ans Außennetz kommt die TS jetzt nicht mehr zu gefährlichen Abschlüssen.

Nach der Pause: Kopie des Hinspiels

Nach der Pause ist wie schon im Hinspiel bei TS ein deutlicher Spannungsabfall zu erkennen. Zwar ist die Elf weiterhin tonangebend und hat auch Chancen, aber Abschlüsse im Strafraum lassen die bärenstarken defensiven Eidertaler Zentrumsspieler, Ex-Profi Nedim Hasanbegovic und Höckendorff, unterstützt von Sechser Sebastian Clausen, nicht zu. Alles wird wegverteidigt. So müssen Distanzschüsse herhalten, mit denen Mohr, der weiter mit beeindruckenden Flugeinlagen aufwartet, nicht beizukommen ist.

Nach 60 Minuten ist bei Eidertal für den starken Kastner Schluss, aber mit Nico Bruns kommt nun einer der Matchwinner des Hinspiels. Bruns zieht sofort das Spiel an sich und wird einer der dominanten Mittelfeldakteure. Das Spiel läuft nun immer mehr für Eidertal. Die Elf hat jetzt ebenfalls lange Ballbesitzphasen und kommt selbst zu Chancen.

Kunstrasen: Vorteil für Eidertal

Die kürzeren Laufwege und die extrem guten technischen Voraussetzungen lassen den Kunstrasenplatz nun für den Gast zum Vorteil werden. Wenn einer Kunstrasen kann, dann die in Molfsee ausgebildeten Spieler. Und das sind im Eidertaler Kader entgegen der landläufigen Meinung fast alle (dazu unten mehr).

Wüllner und Schütt zeigen ihre Extraklasse

Vor allem Wüllner und Schütt kommen immer besser offensiv zur Geltung. Nach einem Bruns-Pass, der der Schütt-Vorlage zum 1:1 kaum nachstand, steht Schütt Millimeter im Abseits. Sein technisch brillanter Heber ins Tor hinterlässt aber Eindruck und sorgt für ein Raunen unter den Zuschauern. Wenig später trifft er nach Wiegand-Vorarbeit nur das Außennetz. “Ist der stark, der Zehner”, so ein Kaltenkirchener Zuschauer direkt neben dem Verfasser dieser Zeilen.

Auch die Wiederauswechselung des erschöpften Lemkes bringt Eidertal nicht aus dem Konzept. Im Gegenteil: Tom Wüllner hat sich an der rechten Außenlinie durchgesetzt, spielt flach scharf in den Sechzehner, Schütt verlängert technisch höchst anspruchsvoll per linkem Außenrist an Rene Heide vorbei ins Netz. Eine Kopie der Tore, die die beiden schon zu Jugendzeiten in Massen produziert haben – bevorzugt auf dem Eidertaler Kunstrasen.

Nedim Hasanbegovic (Eidertal), der Marten Soder (Kaltenkirchener TS) im Hinspiel stellt, ist ein wichtiger Fakor für den Erfolg als Spieler und Co. © 2024 Olaf Wegerich
Nedim Hasanbegovic (Eidertal), der Marten Soder (Kaltenkirchener TS) im Hinspiel stellt, ist ein wichtiger Fakor für den Erfolg als Spieler und Co. © 2024 Olaf Wegerich

Der Rest ist Schaulaufen. Kaltenkirchen ist geschlagen, rennt an, aber die SpVg hat die Chancen. Schütt nochmal per Heber auf die Lattenoberkante, der eben eingewechselte Luis Kronester scheitert ganz frei aus fünf Metern an Heide – Sekunden später ist Schluss und Eidertal ist aufgestiegen.

Gute Jugendarbeit endlich belohnt, falsche Außenwahrnehmung

In der öffentlichen Wahrnehmung besteht Eidertal ja hauptsächlich aus “älteren” Ex-Oberliga-, Regionalliga- und Profispielern. Das war auch in Kaltenkirchen immer wieder zu hören. Das ist aber nur zu einem kleinen Teil richtig. Der Großteil des Kaders besteht aus eigenem Nachwuchs.

In Wirklichkeit stammt nur ein kleiner Bruchteil des Teams aus anderen Vereinen. Lediglich Nedim Hasanbegovic, Björn Kastner, Sebastian Clausen, Timo Bruns, Marco Wiegand und Manuel Schwenk stammen nicht aus der Eidertaler Jugend.

Die Leistungsträger Louis Schütt, Tom Wüllner und Livius Höckendorff sind ehemals verlorene Söhne, die andernorts allesamt Regionalliga gespielt haben, aber zu ihrem Ausbildungsverein zurückgekehrt sind. Schütt war überhaupt nur ein Jahr weg (Regionalliga TSV Schilksee 2014/15).

Alle übrigen Akteure des Kaders stammen aus der eigenen Jugend. Viele, z.B. der am Kreuzband verletzte Mirco Schöning, heute als Betreuer dabei, waren nie in einem anderen Verein. Meist aber kamen sie als ganz junge Talente (Lemke und Braesch stammen z.B. vom VfB Kiel) in der F- oder E-Jugend zu Eidertal und sind seitdem dort.

In den Landes-, Ober- und Regionalligen waren aus den goldenen Jugend-Generationen, die in der Zeit zwischen 2009 und 2015 insgesamt vier Landesmeisterschaften ins Eidertal geholt haben, im letzten Spieljahr noch immer unzählige Akteure aktiv.

Eine kleine Auswahl, ohne Anspruch auf Vollständigkeit: Tom Warnke, Malte Petersen, Niki Wulf, Salih Ramo, Luca Aouci (Kilia), Eugen Halili (Eckernförder SV), Nils Drauschke, Fyn Claasen, Mika Jöhnck, Jesper Tiedemann (PSV Neumünster), Daniel Großmann, Lukas Göttsch (TSV Klausdorf), Christoph Kahlcke (VfR Neumünster), Justin Petersen, Grady Zinkondo (Intertürk), Joe Gabriel, Jonas Schomaker (TSV Bordesholm).

Chris Foley setzt auf Rückkehrer

Mit Luca Aouci kehrt zur neuen Saison ein weiterer verlorener Sohn (nach Tom Wüllner im letzten Winter) nach Molfsee zurück. Ein Großteil der oben aufgeführten Spieler war jetzt auch bei den Spielen gegen Kaltenkirchen ihres Jugendvereins dabei. Man darf gespannt sein, ob Eidertals Manager Chris Foley noch mehr Ex-Eidertaler Jungs zur Rückkehr bewegt. “Wenn der schon nach meiner A-Jugendzeit da gewesen wäre, wäre ich nie aus Molfsee weggegangen”, so einer der Jungs aus dem oben genannten Kreis.

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